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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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mich nicht zu spät gekommen sein«, betete sie leise, während sie auf die Gestalt zueilte. Als sie die weiße Hülle vorsichtig mit der Hand berührte, hörte sie die Körperlosen so wütend aufkreischen, als wären sie Kinder, denen man ein geliebtes Spielzeug fortnehmen wollte.
    Aber die Magun ließ sie unbeachtet.
    Wärme!
    Leben!
    Die Magun atmete auf. Ihre Sorgen waren unbegründet. Sie kam nicht zu spät!
    Ungeachtet des Kreischens der Körperlosen, das jäh in ein verzweifeltes Heulen und Klagen überging, machte sie sich daran, den Kokon mit bloßen Händen zu zerreißen. Die Fäden waren zäh, klebrig und sehr dehnbar. Doch nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es ihr schließlich, die ersten zu durchtrennen. Getrieben von einem Gefühl großer Eile, zerrte und zog sie so lange an den Fäden, bis sie schließlich das Gesicht des Wanderers freigelegt hatte. Er schien besinnungslos zu sein, schlug jedoch die Augen auf, als sie endlich den letzten Faden entfernte.
    Für den Bruchteil eines Herzschlags glaubte sie, Verwirrung in seinem Blick zu sehen, doch diese wich schnell einem freudigen Wiedererkennen, als er mit brüchiger Stimme sagte: »Ich hätte nicht zu hoffen gewagt, dass die Zeit der Sühne bereits verstrichen ist. Willkommen daheim, Asza.«
     

     
    Die Stille in der kleinen Höhle war fast greifbar.
    Ein jeder hielt den Atem an. Niemand rührte sich.
    Noch zwei Schritte trennten Ghan und Bayard von den unheimlichen Schattenwesen, die ihnen den Weg versperrten – zwei Schritte, die den rotbärtigen Katauren-Heermeister in den Tod führten.
    Ajanas Herz hämmerte wie wild.
    Sie musste etwas für Bayard tun, irgendetwas … Doch obwohl sie wusste, dass ihr zum Handeln nicht mehr viel Zeit blieb, fühlte sie sich wie gelähmt. Noch einmal hörte sie in Gedanken Bayards Worte: Was auch geschieht, das Kleinod bleibt bei Euch , hatte er zu ihr gesagt, und sie hatte genickt. Sie hatte es ihm versprochen. Für Nymath! Tränen der Verzweiflung rannen Ajana über die Wangen und verschleierten ihren Blick.
    So habt ihr euch also für den Tribut entschieden! Die dumpfe, geisterhafte Stimme schwebte durch ihre Gedanken.
    Nein!, schrie die Stimme der Verzweiflung in ihr. Nein! Aber sie rührte sich nicht vom Fleck.
    So komm!
    »Wartet!« Die fremde Stimme drang durch den Aufruhr in Ajanas Gedanken und ließ sie verwirrt innehalten. Mit dem Handrücken wischte sie die Tränen fort und blinzelte, um zu erkennen, wer gesprochen hatte. Einen Augenblick lang sah sie nur verschwommene Schemen, dann erkannte sie die drei Uzoma-Stammesfürsten, die Seite an Seite vorgetreten waren.
    »Ich gehe an seiner statt.« Der jüngste der Stammesfürsten trat vor. Seine Bewegungen wirkten zögerlich, doch seine Stimme war gefasst. »Ich stehe in seiner Schuld.«
    »Beim Barte des Asnar, jetzt ist nicht die Zeit für Scherze«, hörte Ajana Bayard verärgert ausrufen.
    »Ntunu muss gehen«, gab einer der beiden anderen Stammesfürsten kühl und knapp Auskunft. »So will es der Brauch.«
    »Der Brauch?« Unter der ungeheuren Anspannung hatte Bayards Stimme einen unnatürlich schrillen Klang angenommen. »Was für ein Brauch?«
    »Das Gesetz des Lebens«, erwiderte der Uzoma. »Sein Leben war verwirkt. Doch Ihr schenktet ihm ein neues, indem Ihr die Meuchlerin davon abhieltet, ihn zu töten. Damit ist er Zeit seines Lebens verpflichtet, dasselbe auch für Euch zu tun, solltet Ihr einmal in Bedrängnis geraten. Täte er es nicht, müsste er in Schande seinem Leben selbst ein Ende bereiten. Die ewigen Wälder des Ostens, in denen seine Ahnen ihn erwarten, wären ihm dann für immer verschlossen.«
    »Aber er wird sterben!«, rief Bayard aus.
    »Das ist nicht von Belang.«
    »Nicht von Belang? Aber …«
    »Ntunu muss dem Gesetz Folge leisten«, beharrte der Uzoma und sagte befehlsgewohnt: »Gebt den Weg frei.«
    »Aber …«
    »Gebt den Weg frei!« Wie auf ein geheimes Zeichen hin traten die beiden Stammesfürsten vor, packten Bayard an den Armen und zerrten den fluchenden Katauren von Ghan fort, während Ntunu ohne zu zögern seinen Platz einnahm. Für den Bruchteil eines Herzschlags verharrte er wie in tiefer Trance, dann machte er einen Schritt nach vorn und trat in die Schatten.
    Es gab keine Schreie und keinen Todeskampf Ntunus Gestalt verschmolz lautlos mit der Schwärze, als hätte sie ihn aufgesogen. Dann war er fort.
    Geht! Der Weg ist frei!
    »Nein!« Bayards Stimme gellte durch die Höhle. Mit einer gewaltigen

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