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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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eine unheilvolle Rauchsäule, die gewiss nicht den Herdfeuern entstammte. Wie ein Dieb huschte Vhara im Geiste zwischen den Hütten der Uzoma hindurch und näherte sich zielstrebig dem Ort, an dem das Feuer loderte. Je weiter sie vordrang, desto mehr wappnete sie sich innerlich gegen das, was sie erblicken würde. Sie glaubte auf alles gefasst zu sein, doch als sie erkannte, was sich in diesem Augenblick in Udnobe zutrug, war es um ihre Beherrschung geschehen.
    Der Tempel des einzigen Gottes – ihr Tempel – lag in Trümmern. Die mannshohen Schutthaufen kündeten davon, dass sich der Zorn und die Verbitterung eines ganzen Volkes an den Mauern aus Lehmziegeln entladen hatten. Obwohl keine einzige Gebäudewand mehr stand, waren Dutzende von Uzoma noch immer damit beschäftigt, die Überreste des einstigen Heiligtums mit Hacken oder bloßen Händen zu zertrümmern.
    Die wertvolle Ausstattung des Tempels und Vharas persönliche Habe waren von den Uzoma auf einem großen Haufen vor dem Tempel zusammengetragen worden und brannten lichterloh. Ihre prächtigen Gewänder hatte man eilig zusammengebundenen Puppen aus Schilfgras übergestreift. Auf langen Stöcken gepfählt, wurden mehr als ein Dutzend dieser grotesken Figuren zum hämmernden Takt einer Trommel um den Scheiterhaufen getragen, gleich einem bizarren Reigen hässlicher Gestalten in kostbaren Gewändern.
    Die Trommel verstummte. Ein Krieger der Tempelgarde näherte sich dem Scheiterhaufen und entzündete eine Fackel. Unter dem begeisterten Johlen der Uzoma, die das Schauspiel gebannt verfolgten, schritt er rasch von einer Schilfpuppe zur nächsten und setzte sie in Brand.
    Jubel brandete auf, als die ersten Flammen an den Gewändern emporzüngelten und das Abbild der verhassten Priesterin mit heißen Zungen verzehrten.
    Die Trommel setzte wieder ein, und die Tänzer bewegten sich aufs Neue zu dem dumpfen Rhythmus. Die brennenden Schilfpuppen vor sich her tragend, tanzten sie eine Weile unter den Rufen der Zuschauer um das Feuer herum. Erst als das Schilf lichterloh brannte und glühende Riedstücke auf die Tänzer hinabfielen, warfen sie die Schilfpuppen in die flammenden Lohen des Scheiterhaufens.
    Vhara konnte nicht glauben, was sie da sah.
    Mit vor Zorn geballten Fäusten beobachtete sie das beispiellose Wirken blinder Zerstörungswut, bis sich die Wirkung des Blutes erschöpfte. Als das Bild immer undeutlicher wurde, schloss sie die Augen, atmete tief durch und wartete darauf, dass sich ihre überreizten Sinne beruhigten.

 
     

     
     
    Inahwen fror.
    Zum Schutz gegen die Kälte hatte sich die Elbin in einen wärmenden Mantel aus Burakifell gehüllt. Die Arme vor der Brust verschränkt, die Hände tief in den Ärmeln verborgen, stand sie auf der Mauer des äußeren Verteidigungswalls und ließ den Blick über die unüberwindlichen Bergwände schweifen, die sich zu beiden Seiten der Festung erhoben. Mit den unzähligen Klippen und Graten mutete das gewaltige Felsmassiv wie ein Stück Ewigkeit an, stark und unzerstörbar. Doch selbst in dem verwitterten Gestein hatte die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Die Felsvorsprünge waren vom Wind kahl gefegt, und tiefe Narben in den steilen, frostzerfressen Wänden kündeten davon, dass nichts ewig währte.
    Gedankenverloren ließ Inahwen den Blick zu der Stelle schweifen, wo sich die Felsmassen teilten und sich das Grinlortal, in tiefe Schatten gehüllt, vor ihr auftat. Die Feuer des Uzomaheeres brannten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Nach vielen hundert Wintern der Verbannung an den Rand der Wüste machte die Kälte den dunklen Kriegern offensichtlich schwer zu schaffen. Doch diesmal würden sie nicht abziehen, um die schneereiche Zeit wie gewohnt in der Heimat zu verbringen. Diesmal gab es keinen Ort, an den sie zurückkehren konnten.
    »Die Arbeiten an der Außenmauer schreiten rasch voran.« Gathorion war leise neben seine Schwester getreten, legte die Hände auf die steinerne Brüstung und deutete zum Fuß der Festungsmauer, wo mehr als ein halbes Hundert Krieger der Vereinigten Stämme von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang daran arbeiteten, das klaffende Loch in der Mauer zu schließen. »Schon heute Nacht werden wir wieder ruhiger schlafen können«, sagte er zuversichtlich.
    »Du fürchtest, sie greifen wieder an?« Zweifel schwangen in Inahwens Frage mit. Sie wusste, dass die Heermeister über das weitere Vorgehen der Uzoma uneins waren. Vor den Bewohnern in Sanforan hatte man den Rückzug des Heeres

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