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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Hufe im Sand, die knappen Worte, die sich die beiden Männer zuwarfen, das Knistern der Flammen und dahinter ganz leise das scharrende Kratzen von Horn auf hartem Gestein …
    … von Horn auf hartem Gestein! Ajana überlief es eiskalt. Plötzlich hatte sie das Gefühl, eine eiserne Hand umklammere ihr Herz. Der Boden unter ihren Füßen schien seine Festigkeit verloren zu haben, und statt der nächtlichen Geräusche hörte sie nur das hämmernde Rauschen des Blutes in ihren Ohren. Noch während die Bedeutung des Gehörten in ihr Bewusstsein sickerte, riss sie den Kopf herum und starrte mit schreckgeweiteten Augen auf eine dunkle Gestalt, die einen knappen Meter über ihr sprungbereit auf einem der Felsen kauerte.
    Blankes Entsetzen schnürte Ajana die Kehle zu. Niemals zuvor hatte sie ein Raubtier von solch entsetzlichen Ausmaßen gesehen. Fleisch gewordenes Grauen mit blitzenden, gebogenen Reißzähnen und purer Mordgier in den Augen. Sie wollte schreien und um Hilfe rufen, brachte jedoch nur ein heiseres Krächzen zustande, als der Dunkelschleicher sich fauchend abstieß und sprang.
     

     
    Die Nacht hüllte das Grinlortal in samtene Schatten, die selbst die vielen hundert Feuer des Heerlagers nicht zu erhellen vermochten. Das orangefarbene Licht der Flammen kündete von Wärme und Behaglichkeit, doch die Uzomakrieger, die, in Decken gehüllt, gefährlich nahe an den Feuerstellen beieinander saßen, froren erbärmlich. Unter dem Dach aus funkelnden Sternen waren sie dem beißenden Frost, der im Gefolge der Dunkelheit in das Tal gekrochen war, schutzlos ausgeliefert, denn nur den Verwundeten wurde es gewährt, die Nacht unter einer schützenden Zeltplane zu verbringen.
    Die Hinrichtung Othons, des fremden, in Ungnade gefallenen Anführers, dem die Stammesfürsten geschickt die alleinige Schuld an dem Verhängnis angelastet hatten, hatte den Zorn der aufgebrachten Gemüter ein wenig beruhigt. Doch erst Kruins Ankündigung, bei Sonnenaufgang die Entscheidung über das weitere Vorgehen bekannt zu machen, ließ zum ersten Mal seit der Niederlage wieder Ruhe im Lager einkehren.
    Die Krieger, hungrig und erschöpft, harrten ungeduldig des Morgens, um die Befehle der Stammesfürsten entgegenzunehmen. Doch Kruin, Jumah, Cahr und ein halbes Dutzend anderer saßen noch immer im Versammlungszelt und berieten darüber, was zu tun sei. Und obwohl die Nacht bereits weit vorangeschritten war, wurde man sich nicht einig.
    »Es reicht nicht aus, den Kriegern einen Schuldigen vorzuführen. Wir müssen ihnen ein Ziel und neue Hoffnung geben.« Kruin, der den Ausführungen der anderen schon eine geraume Zeit lauschte, wollte sich gerade erheben, als Jumah ihm beschwichtigend die Hand auf den von unzähligen Bändern geschmückten Arm legte und sagte: »Das alles ist uns wohl bekannt. Doch was sonst haben wir ihnen zu bieten? Es gibt kein Zurück. Schlimmer noch, wir können ihnen nicht einmal Nahrung und Brennholz zusichern. Wie sollen wir ihnen da neuen Mut geben?«
    »Die Dunkelheit sei uns gnädig.« Kruin streifte die Hand ab, blieb jedoch sitzen und fragte gereizt in die Runde: »Was soll dieses erbärmliche Gerede von der Hoffnungslosigkeit? Möchte sich vielleicht noch jemand der Ansicht anschließen, dass es keinen Ausweg gibt?«
    Niemand sprach ein Wort. Selbst Cahr, der sich sonst immer kriegerisch und wortgewaltig gab, schwieg betreten.
    »Also, was ist?« Die dunklen Augen zu schmalen Schlitzen verengt, blickte Kruin die anderen der Reihe nach an.
    Für endlose Augenblicke blieben die leisen Atemgeräusche die einzigen Laute im Raum. Schließlich erhob sich ein junger Stammesführer, der sich bisher zurückgehalten hatte. Zögernd, als sei er es nicht gewohnt, vor der Versammlung zu sprechen, sah er sich um. Die wenigen Bänder an seinem Arm zeugten von seiner Unerfahrenheit, dennoch hielt er dem Blick der Älteren stand.
    »Ich vermag nicht zu sagen, wie mein Vater entschieden hätte, säße er heute noch hier. Ich kann nur für mich sprechen«, warf er mit überraschend fester Stimme ein und zog sich das kostbare Burakifell enger um die Schultern. »Doch ich kenne die Legenden und weiß, dass das Land jenseits der Berge reich ist an Nahrung und reich an Holz für wärmende Feuer. Dort müssten wir keine Not leiden, denn hier« – er deutete in Richtung der Festung –, »liegt das Land – unser Land –, für das mein Vater und Hunderte Krieger unseres Volkes ihr Leben gegeben haben. Ich sage: Lasst uns ihrem Tod

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