Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)
herausfordernd.
Cari fuhr zusammen. Auf diesen Gedanken war sie noch gar nicht gekommen.
»Aber nein.« Mit einer gereizten Geste entledigte sich Marco seiner Krawatte. »Cari hat schließlich bis gestern nichts von der Bedeutung dieses Schmuckstücks gewusst.« Sein Blick richtete sich fest auf Stefano. »Aber jemand anders.«
Einen Augenblick musterten sich die beiden Männer schweigend. Die Anspannung wuchs.
Die Sonne blendete Cari. Sie setzte die Sonnenbrille auf. »Woher weißt du das?«, hakte sie nach, um die Situation zu entschärfen. »Woher willst du wissen, dass es nicht das echte Stück ist?«
Marco zog sein Jackett aus und hängte es sich lässig über die Schulter. »Ich habe den Anhänger zu dem alten Juwelier im Dorf gebracht. Er hat sich bereits zur Ruhe gesetzt, doch seine Augen sind immer noch ausgezeichnet.«
»Und? Ist der Bernstein echt?« Cari ließ nicht locker. Sie konnten selbst hier den Rhythmus der Musik spüren, der Boden vibrierte vom Klang der Gitarre und des Keyboards, vom Gesang und den stampfenden Schritten der Tanzenden. Es erschien ihr unwirklich, diese Unterhaltung während einer Hochzeitsfeier zu führen.
Marco hielt den Blick auf Stefano geheftet. »Natürlicher Bernstein bildet die Basis, doch es handelt sich hier nicht um alten baltischen Bernstein, denn dazu ist er nicht rötlich genug. Die Silberfassung ist relativ neu, und die Libelle im Bernstein ist künstlich. Aber gut gemacht. Überzeugend genug, um die meisten von uns zu täuschen.«
Cari dachte an Sara, die so lange darauf gewartet hatte, ihren kostbaren Talisman zurückzubekommen. »Weiß es deine Großmutter schon?« Sie nahm den Hut ab und löste ihr Haar. Jetzt war es nicht mehr so wichtig, elegant auszusehen. Alles um sie herum wurde lockerer, nicht nur die Kleidung.
» Sì, sì , sie weiß es.« Marco warf ihr einen anerkennenden Blick zu. »Sie selbst hat es zwar nicht gemerkt, weil sie schlecht sieht, aber ich hatte so meine Zweifel. Und ich kann sie nicht belügen.«
»Was willst du jetzt tun?« Cari fühlte sich fast ein wenig verantwortlich. Die ganze Zeit hatte sie angenommen, einfach nur ein hübsches Schmuckstück zu tragen. Und am Ende stellte sich heraus, dass es genau das gewesen war.
Er wandte ihr seine volle Aufmerksamkeit zu, ließ sein Jackett einfach fallen und legte die Hände um ihr Gesicht. »Das hängt von dir ab, Cari.«
»Aber der Anhänger …«
»Ach!« Mit einer weit ausholenden Bewegung fegte er alle Einwände fort. »Ich habe wirklich genug von diesem Anhänger. Soll ich mich für den Rest meines Lebens von ihm diktieren lassen?« Er beantwortete die Frage selbst. »Nein, das werde ich nicht. Mir reicht’s. Und das habe ich meiner Großmutter auch gesagt.«
»Was?« Caris Stimme klang dünn. »Was hast du zu ihr gesagt?«
»Dass ich sowohl damit als auch mit dem Streit fertig bin. Und mit der Suche. Es wird Zeit, dass ich mein Restaurant baue. Und es wird Zeit …«
»Das ist ja alles gut und schön«, schaltete sich Stefano ein. Er pflückte ein Blatt von dem Jasminstrauch neben ihm und rieb es zwischen den Fingern. »Aber …«
Zeit wofür? Was hätte Marco gesagt, wenn Stefano ihn nicht unterbrochen hätte? Es wird Zeit … wofür?
»Aber wo ist das Original? Wie können wir es finden?« Stefano ließ die Arme sinken.
»Darf ich?«
Als Cari nickte, genehmigte sich Marco einen Schluck Prosecco aus ihrem Glas und drückte es ihr wieder in die Hand.
»Ich habe mich bei der Suche nach der Bernsteintriskele zu einem ganz passablen Detektiv entwickelt«, sagte er im Plauderton.
Worauf will Marco Misterioso denn jetzt wieder hinaus?, fragte sich Cari. Allmählich erinnerte er sie an eine Figur aus einem Agatha-Christie-Roman, nur dass er zugegebenermaßen nicht die geringste Ähnlichkeit mit Miss Marple hatte.
»Wir wissen, dass Antonio Hester einen Anhänger gegeben hat«, fuhr er fort. »Und vorausgesetzt, dass Hester nicht selbst eine Kopie hat anfertigen lassen …«
»Was ziemlich unwahrscheinlich ist«, warf Cari ein.
»Was ziemlich unwahrscheinlich ist«, pflichtete Marco ihr bei. »Dann bleiben zwei Möglichkeiten.« Er hielt inne, aber die beiden schwiegen.
»Sprich weiter!« Der Duft des Jasmins war überwältigend. Cari hätte sich gern hingesetzt. Aber nicht auf den Boden, nicht in diesem Kleid.
»Entweder war die Triskele, die Antonio gestohlen hat, bereits eine Kopie …«
»Aber warum in diesem Fall so ein Aufheben um den Diebstahl machen?«, gab
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