Das Erbe der Uraniden
für die Besatzung die Möglichkeit, ihre Hoheitsrechte erforderlichenfalls überall ausüben zu können, wobei es ohne Bedeutung sei, daß bei der Landung auf der Venus andere Menschen nicht vorhanden waren. Wie sich die Verhältnisse weiter gestalten werden, wird viel davon abhängen, ob und von wem die Hinterlassenschaft der Uraniden gefunden wird.«
Van der Meulen nickte.
»Ja, ja! Und da lese ich aus Lees Telegrammen eine auffällige Resignation heraus. Er hat doch in seinen Meldungen an Worten nicht gespart. Aber nichts zeigt an, daß er über das bisherige Nichtfinden des Schatzes besonders deprimiert wäre. Ich muß fast annehmen, anders kann ich das nicht verstehen, daß er wenig Hoffnung hat, ihn je zu finden.«
»Dann müßte er ja wohlbegründeten Anlaß zu der Vermutung haben, daß jene Hinterlassenschaft der Uraniden in der Schlucht verborgen war und durch das Erdbeben mit verschüttet wurde.«
»Gewiß, Herr General, Ihre Annahme ist durchaus berechtigt. Und doch besteht eine kleine Lücke. Es steht keineswegs fest, daß sämtliche Uraniden tot sind. Allerdings spricht Lees Bericht von dem Grabe des zwölften, letzten Uraniden. Doch das ist mir unbegreiflich. Der den letzten, will sagen: den zwölften, begraben hat, der muß jedenfalls noch da sein. Allerdings, er kann inzwischen auch gestorben sein. Aber solange man seine Leiche nicht hat, besteht doch immer noch die Hoffnung, ihn zu finden… und mit ihm den Schatz.«
»Vergeblich ist das Grübeln und Raten, Señor van der Meulen. In anderthalb Erdentagen werden wir bei ihnen sein und werden selbst an Ort und Stelle des Rätsels Lösung zu ergründen suchen.«
»Ich verlasse mich auf Sie, Señor Fontana.« Van der Meulen drückte dem Chefingenieur, der seit Lees Abwesenheit die Werft leitete, die Hand. »Der Bau des Bolivar muß in derselben Zeit beendet sein wie der der Buena Vista. Wir müssen den glücklich wiedergewonnenen Vorsprung ausnutzen. Die Regierung steht mit allen ihren Kräften hinter uns. Wenden Sie sich getrost nach Buenos Aires, wenn irgendwelche Schwierigkeiten entstehen sollten. Die Bauleute, Handwerker, die von der Werft mitfliegen, müssen Sie möglichst bald ersetzen. Doch Vorsicht bei ihrer Auswahl!«
Ein letzter Händedruck. Die Türen der Buena Vista schlossen sich. Der Kapitän Urdaneda rückte den Fahrhebel an. Sekunden, dann folgte die Buena Vista ihrem Schwesterschiff Jonas Lee. –
General Serrato beobachtete durch das eingebaute Fernrohr den näherkommenden Mond.
»Mr. van der Meulen, bitte, kommen Sie schnell hierher. Die günstige Konstellation des Mondes mit unserer Fahrtrichtung gibt uns Gelegenheit, jene Stelle, an der die Rakete aus Coiba landete, aus günstiger Nähe genau zu betrachten.«
In der Tat schoß die Buena Vista in diesem Augenblick in kaum 10.000 Kilometer Entfernung an dem Trabanten der Erde vorbei.
Es war erst zwei Tage nach Neumond. Nur eine schmale Sichel der in dieser Nähe gewaltig großen Scheibe strahlte in hellem Sonnenlicht. Der übrige Teil lag in der sehr viel schwächeren, ungewissen Beleuchtung des von der Erde reflektierten Lichtes.
»Dort drüben das Mare serenum!« rief van der Meulen. Serrato nickte über das Glas hinweg und trat dann plötzlich vom Okular zurück. Seine Mienen verrieten Überraschung, Erschrecken.
»Jene helle Stelle am nördlichen Rand des Mare serenum. Sehen Sie die auch?«
Van der Meulen verneinte, ging selbst an das Okular und sprach nach kurzer Weile, die Augen immer noch am Okular:
»Ja, ja. Sie haben recht. Eine helle Stelle… zwar winzig klein, aber doch… der rötlich glühende Schein… Vermuten Sie etwa…?«
»Es kann nicht anders sein«, erwiderte der General. »Es ist die Stelle, an der die Rakete aufschlug. Ihre Fracht, der Pestbrocken, ist in voller Glut.«
»Er allein… das wäre nicht das Schlimmste«, murmelte van der Meulen vor sich hin. »Doch die Sache ist so wichtig, wir dürfen einen kleinen Umweg nicht scheuen.«
Er eilte ans Sprachrohr, gab in die Zentrale den Befehl: »Beschleunigung abstellen! Ruder hart Backbord!«
Mit einer Eigengeschwindigkeit von etwa vier Kilometern in der Sekunde trieb die Buena Vista näher an die Mondscheibe heran. Van der Meulen stand wieder neben Serrato, der durch das Fernrohr beobachtete. Ungeduldig erwartete er das Ergebnis. Da, endlich! Der General trat zurück. Sein Gesicht war tiefernst.
»Der Brand hat um sich gefressen. Das Mondmassiv ist angegriffen und brennt mit.«
»Kein
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