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Das Erbe der Vryhh

Das Erbe der Vryhh

Titel: Das Erbe der Vryhh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Art von zärtlicher Hingabe, die an Bodri erinnerte. Sie kauerte sich neben dem zitternden Geschöpf zu Boden, runzelte die Stirn, summte einige kurze Melodien und versuchte eine Möglichkeit zu finden, den Schmerz zu verstehen und zu lindern. Schließlich stimmte sie eins der Fort-mit-der-Pein-Lieder an, das sie vor langer Zeit ihren Kindern vorgesungen hatte, damals, bevor sie vom Alten Steinernen Vryhh verschleppt worden war. Doch irgendein Aspekt der Qual dieses Wesens berührte Willow tief in ihrem Innern, rief Reaktionen hervor, die sie bisher abgeschirmt hatte, um sich selbst zu schützen. Sie sang jene Laute, die eigentlich keinen Sinn zu ergeben schienen und sich doch zu einer magischen Kette des Trostes aneinanderreihten, und sie ignorierte die schwachen Abwehrbewegungen des Geschöpfes; sie umarmte es, drückte es an sich, wiegte es so, wie sie eins ihrer Kinder gewiegt hätte. Nach einem anfänglichen Widerstand schmiegte es sich an sie und begann zu schluchzen - was Willow ein wenig überraschte, denn sie hatte gar nicht gewußt, daß Eidechsenwesen weinen konnten. Sie sang auch weiterhin das Lied, das den Schmerz vertreiben sollte, tröstete das fremde Geschöpf, das sie nun als wirkliche Person sah. Das Sonnenlicht ließ die großen und spitz zulaufenden Ohren des Geschöpfes in einem hellgrünen Ton erschimmern, und die Haut fühlte sich so zart und weich an wie die Außenhülle einer Frühlingsknospe.
    Mann oder Frau? überlegte Willow. Welches Geschlecht? Weint so wie ich, wenn ich verletze mich. Kenne nicht diese Art. Muß fragen, ja fragen. Sie ließ das Lied verklingen und winkelte die Arme an, als sich das Wesen beruhigte und dann ganz still wurde. Der Mann - die Frau? - wich zurück und schien verlegen zu sein.
    Zumindest gewann Willow diesen Eindruck. Das Gesicht glänzte in einem hellen Olivgrün, und auf der Haut zeigte sich ein leichtes Fleckenmuster. Augen, die ganz gewöhnlich wirkten, abgesehen davon, daß sie wie flüssiges Gold gleißten. Eine Nase, die aussah wie eine Messerklinge, mit breiten Nüstern. Ein langer Mund mit dünnen, sanft gewölbten und flexiblen Lippen. Hohe Jochbeine, die Wangen eher hohl. Fast gar kein Kinn, was den Zügen allerdings keine weiche und schwache Qualität verlieh. Bewegliche und spitze Ohren, weitaus größer als die Willows. Sie beobachtete, wie der Sonnenschein hindurchfilterte, und erinnerte sich daran, an welchem Ort sie sich aufhielt, dachte daran, daß dies eine echte und wahrhaftige Person war, kein Phantom, das sich in einem Tierkörper manifestierte. Sie bewegte die Beine, überkreuzte sie und stützte die Hände auf die Oberschenkel - die bei ihrem Volk gebräuchliche Gesprächshaltung. »Du bist Mann oder Frau?«
    Das Wesen sah sie verwundert an, erweckte erst den Anschein, als sei es beleidigt, reagierte dann mit einem Hauch von Belustigung. »Ich bin weiblichen Geschlechts«, erwiderte es. Die Stimme der fremden Frau war sehr deutlich, hatte einen hellen Klang.
    Willow seufzte zufrieden, als sie sie vernahm. »Ich heiße Amaiki«, fügte die Reptiloidin hinzu. »Ich bin eine Conc der Conoch’hi.«
    Willow neigte den Kopf, beschrieb mit den Fingern das Symbol für ihren eigenen Namen und formulierte ihn anschließend in der Sprache, die die automatischen Unterweiser Hyarolls sie gelehrt hatten. »Willow«, sagte sie. »Der Alte Steinerne Vryhh - was er gemacht hat mit dir?«
    Eine Membran schob sich über die goldgelben Augen Amaikis, und ihre erstaunlich langen und schmalen Hände ballten sich zu Fäusten. Sie ließ den Kopf hängen und begann erneut zu zittern, diesmal jedoch nur für einige Sekunden. Sie glättete den Überrock, in den ihr schlanker Leib gehüllt war, strich die Falten fort, zog die Beine an, legte die wieder geöffneten Hände auf die Oberschenkel.
    Sie schwieg noch eine Weile und blickte an Willow vorbei, über das am Hang wachsende Gras hinweg, dessen Halme sich sanft im lauen Wind bewegten. Als kurz darauf ihre Stimme erklang, wirkte Amaiki äußerlich ruhig und beherrscht, doch in ihrem Innern spürte Willow eine stark ausgeprägte zornige Hilflosigkeit, die ihr Mitleid erweckte. »Seit vielen, vielen Generationen haben wir Conoch’hi Hyaroll gedient. Seit vielen, vielen Generationen sind wir von ihm abhängig, bestimmt er unser Leben, nimmt er unsere Kinder und verändert sie oder schickt sie fort. Er gab uns Frieden; er gab uns Regen. Und er nahm unsere Naidisa. Sieh dich um, Willow aus der fernen Ferne. Wie

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