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Das Erbe des Bösen

Das Erbe des Bösen

Titel: Das Erbe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Uranpulver befestigt worden.
    »Zwei Stunden? Bleibt es dabei? Reicht das?«
    Fragend sah er Rashid und Saiid an.
    »Das reicht«, sagte Rashid.
    Parviz tippte etwas in die digitale Schaltuhr ein. Die Fernauslösung per Mobiltelefon war kein verlässliches Verfahren, im schlimmsten Fall konnten die Behörden mit Hilfe der Telefonanbieter sogar das gesamte GS M-Netz in einem bestimmten Gebiet lahmlegen.
    Alle Männer holten auf ihren Armbanduhren nun die Zeitnahmefunktion aufs Display und legten den Finger auf den Startknopf. Sie schauten auf Parviz und die Schaltuhr, auf deren Flüssigkristallanzeige die Ziffernfolge 02:00:00 zu erkennen war.
    »Fertig«, sagte Parviz. »Die Zeit läuft . . .
jetzt

    Alle setzten per Knopfdruck die Zeitnahmefunktion ihrer Armbanduhren in Gang.
    Die Ziffernfolge der Schaltuhr veränderte sich von Sekunde zu Sekunde. 01:59:59 . . .
    Ohne ein weiteres Wort zu wechseln legten Rashid und Saiid die graue Schutzabdeckung auf den Antrieb des Rollstuhls und schraubten sie fest.
    Anschließend ging die Gruppe in die Garage, wo ein dunkelgrüner Vauxhall Combo-Kleinlieferwagen stand. Die Farbe und die sparsame Beschriftung ließen ihn eher nach dem Dienstfahrzeug |410| eines öffentlichen Amtes als nach einem Privatwagen aussehen.
    Auf der Seite des Laderaums sowie auf einer der beiden Hecktüren stand die bogenförmige Aufschrift: ENVIRONMENTAL MAINTENANCE SERVICES.   Darunter war zu lesen: ROYAL PARKS CONTRACTOR, MECHANICAL & ELECTRICAL.   Zu den größten Kunden des Unternehmens, das hier genannt war, gehörten die Königlichen Parks. Dort war die Firma für die Wartung der Elektrik und anderer technischer Anlagen zuständig.
    Jetzt befand sich im Laderaum des Vauxhall eine großvolumige Autobombe, die außer Sprengstoff, Beuteln mit Nägeln und Butangasflaschen auch die Hälfte des Uranpulvers beinhaltete. Als Sprengstoff diente Hexogen. Der eingestellte Zeitpunkt der Explosion lag hinter dem der Bombe im elektrischen Rollstuhl.
     
    Erik konnte die restliche Strecke zum Haus von Parviz Jafra nicht weiterfahren, obwohl sie nur noch knapp einen Kilometer betrug. Er war vollkommen paralysiert. Er war in dem Moment sogar davon überzeugt, sich nie wieder bewegen zu können. Nie wieder würde es auf der Welt etwas anderes geben als dieses Auto, in dem er saß, und diese Kassette, die er da hörte.
     
    »Nachdem ich Katharina die erste Partie Unterlagen übergeben hatte, schlief ich zum ersten Mal seit langer Zeit die ganze Nacht durch. Ohne Alpträume aus der unterirdischen Hölle der Mittelwerke, ohne grobkörnige Bilder von Planierraupen, die knochige Leichen in Massengräber schoben. Ingrid wusste nichts von meiner Spionagetätigkeit und nichts von dem Verhältnis mit Katharina. Aber Chruschtschow war dann doch nicht so, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Ich begann meine Entscheidung zu bereuen. Und dann, 1956, ging Katharina überraschend nach Deutschland zurück. In die DDR.   Oder doch eher nach Moskau, glaube ich. Und als sie weg war, hörte ich auf, Informationen
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weiterzugeben. Ich hatte fast Todesangst, die Russen könnten mir ernsthafte Schwierigkeiten machen. Ich wollte die ganze Episode vergessen, wollte mit Ingrid noch einmal von vorn anfangen. – Zwei Jahre später kamst du auf die Welt, als lange und sehnlichst erhofftes Kind . . .«
     
    Die Stimme des Vaters wurde wieder schwächer. Die Gedanken, die Erik kreuz und quer durch den Kopf schossen, weigerten sich, eine vernünftige Ordnung anzunehmen.
     
    »Ich brach die Verbindung zu den Russen ab. Zum Glück wurde das Zentrum für ballistische Flugkörper der Armee zu jener Zeit in die Zivilorganisation NASA überführt, und meine Aufgaben änderten sich. Endlich kam ich von den Waffen los. Von meiner Spionagetätigkeit für die Russen habe ich niemandem erzählt. Wenige Jahre später zogen wir nach Florida, und ich arbeitete intensiv in Cape Kennedy am Apollo-Programm mit. Aber Geheimnisse belasten den Menschen. Man muss sie mit jemandem teilen. Insgesamt zehn Jahre lang zögerte ich, bis ich es an einem Herbstabend wagte, Ingrid von Katharina und der Spionage zu erzählen . . .«
     
    Der Vater seufzte schwer.
     
    »Ingrid hatte nicht das geringste Verständnis für mich. Natürlich nicht. Letztlich weiß ich nicht, was der größere Schock für sie war, das Verhältnis mit Katharina oder die Spionage für die Russen. Wir hatten einen fürchterlichen Streit, in den ich sämtliche Scheußlichkeiten,

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