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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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kaum etwas von ihm übrig. Doch nachdem der Gott selbst durch den Mund seines Dieners sprach, nehme ich an, dass er nun verärgert und auch nachtragend sein wird. Schließlich ist er es nicht gewohnt, dass man ihm den Mund verbietet.«
    »Du hast einen seiner Priester umgebracht?«, fragte Sina entgeistert.
    Knorre blickte verlegen zu Boden.
    »Es ist etwas komplizierter, aber ja, so in etwa.«
    Leonora beugte sich vor und gab Knorre einen harten Kuss auf den Mund.
    »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«, rief sie und umarmte ihn. »Wir … Knorre?«
    Doch Knorre antwortete nicht, er war in sich zusammengesunken und wäre wohl vom Stuhl gerutscht, hätten die beiden Frauen ihn nicht rechtzeitig aufgefangen. Sein weißer Stab glitt ihm aus den kraftlosen Händen und fiel auf den polierten Marmorboden. Kleine blaue Funken stieben von ihm auf und liefen über seinen verzierten Schaft.
    »Du«, befahl Leonora mit einem Blick auf Argor, als sie Knorre unter den Armen packte. »Heb den Stab auf und folge mir.«
    »Der Stab ist magisch«, protestierte Argor, »den fass ich nicht an, lieber sterbe ich!«
    »Das lässt sich einrichten«, gab Leonora zurück. »Jeden Moment können Kunden kommen, und was meinst du, was wohl geschehen wird, wenn sein Stab dann noch weiter hier herumliegt und kleine Blitze aussendet?«
    »Aber …«
    »Nimm den Stab!«
    Bevor er sich versah, hatte Argor schon den Stab in der Hand. Er fühlte sich kühl und glatt an und war um ein Vielfaches schwerer, als er es bei seiner Grosse hätte sein dürfen, doch wenigstens verschwanden die Funken, und auch sonst geschah nichts Schlimmes. Er eilte den Frauen nach, die Knorre ins erste Stockwerk hinauf- und in ein reich ausgestattetes Zimmer mit einem riesigen Bett trugen. Erleichtert legte er den Stab neben den Türrahmen und sah zu, wie die beiden Frauen Knorre ins Bett legten. Dann erst bemerkte er die Gemälde an der Wand und verschluckte sich fast.
    »Was ist?«, fragte Leonora etwas unwirsch.
    »Die Gemälde …«, stammelte Argor. »Geht das denn überhaupt?«
    Beide Frauen fingen an zu lachen, doch es war ein freundliches Gelächter.
    »Sagt, Freund Argor, seid Ihr das erste Mal in einem Haus der Freude?«, wollte Sina mit einem koketten Lächeln wissen.
    »Ja«, brachte Argor mühsam heraus und blickte verzweifelt auf seine Stiefelspitzen, die die einzige Stelle im Raum waren, auf die er seine Augen richten konnte, ohne dass es ihm die Schamesröte ins Gesicht trieb.
    Sina schmunzelte. »Dann dürfte sich Euer Aufenthalt bei uns mehr als interessant gestalten!«
    »Das hätte ich nur zu gern gesehen«, lachte Lamar, und auch der Geschichtenerzähler schmunzelte.
     
    »Das Haus steht noch, wenn Ihr also in Berendall Rast einlegt … ich hörte, die Gemälde wären von einer erstaunlichen Kunstfertigkeit und Detailgenauigkeit!«
    »Das will ich gerne glauben«, nickte Lamar erheitert. »Wenigstens hatte Argor also das Glück, die Nacht in einem richtigen Bett zu verbringen.«
    »Das ist richtig«, grinste der alte Mann. »Garret und den anderen erging es dagegen nicht ganz so gut, sie hatten nur ein mit Leinen bespanntes Feldbett zur Verfügung, während es viele andere aus dem Dorf sogar noch schlechter trafen. Doch wenn es überhaupt etwas gab, das Garret noch wichtiger war als das Fischen, dann war das ein gesunder Schlaf …«

 
Das Ungeheuer
     
    Am nächsten Morgen wurde Garret von lauten Rufen geweckt. Verschlafen kroch er aus dem Zelt, das er sich zusammen mit seinem Vater teilte, der ebenfalls erst vor Kurzem aufgestanden sein musste, denn er zog sich etwas weiter entfernt gerade sein Hemd an, während einer der Söldner wild gestikulierend und völlig verängstigt auf ihn einredete. Es versprach erneut ein schöner Tag zu werden, doch sein Vater schien darüber nicht besonders erfreut, war er doch seit gestern besorgt, dass ihnen die Hitze schon bald Probleme verursachen würde, sollten sie nicht in der Lage sein, die gefallenen Soldaten Beliors möglichst schnell zu bestatten. Eine Feuerbestattung erschien den Ältesten am Besten, doch dafür mangelte es ihnen an Holz.
    Die Seeluft ließ Garret frösteln, also schlüpfte er rasch in seine Hose und sein Hemd, ergriff seine Stiefel und eilte auf einem Bein hüpfend nach draußen, während er sich hastig einen Stiefel überzog.
    »Diese Stadt ist wahrlich verflucht«, verkündete der Söldner gerade, als Garret nahe genug herangekommen war, um ihn zu verstehen. »Wir sollten nicht

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