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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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Tarlon sein Pferd neben das seiner Schwester zurückfallen. Mittlerweile führte der Pfad steiler bergan, und sie ritten langsamer, um die Pferde zu schonen. Garret hatte für den Moment die Führung übernommen und war ihnen ein paar Schritte vorausgaloppiert.
    »Sag mal«, wandte sich Tarlon an Vanessa. »Kannst du dich daran erinnern, dass die Bardin in Lytara jemals ein Gespräch mit einem der Erwachsenen gesucht hat?«
    Vanessa überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. »Nein. Sie konnte ganze Ewigkeiten bei uns Kindern sitzen und erzählen, hatte immer die Geduld, auch jede noch so unwichtige Frage zu beantworten, aber dass sie sich jemals länger mit einem der Erwachsenen unterhalten hätte … Nein, jedenfalls nicht, bevor Ariel auftauchte … mit ihm unterhielt sie sich mehrere Kerzen lang … aber auch das abseits der anderen.«
    »Sie liebt die Kinder, nicht wahr?«, fragte Tarlon.
    Sie sah ihn überrascht an.
    »Natürlich. Erinnerst du dich denn nicht mehr daran, wie sehr sie weinte, als die Kinder beim Brand des Gasthofs starben? Sie liebt Kinder über alles, ein Blick in ihre Augen, wenn sie in ihrer Mitte sitzt und ihnen ihre Geschichten erzählt, und du weißt einfach, dass es daran keinen Zweifel gibt. Warum?«
    »Es war nur ein Gedanke. Nicht weiter wichtig. Allerdings meine ich mich erinnern zu können, dass sie sich auch das eine oder andere Mal mit der Sera Tylane unterhielt. Und einmal war sie sogar bei uns zu Besuch und unterhielt sich länger mit Mutter.«
    »Richtig«, bestätigte Vanessa. »Ich kam damals gerade mit Vater vom Markt zurück, als sie schon wieder dabei war, zu gehen, nicht wahr?«
    »Das sagte sie zumindest«, meinte Tarlon nachdenklich. »Bevor ihr zurückkamt, sah es allerdings nicht so aus, als ob sie gehen wollte.«
    Vanessa sah ihn prüfend an. »Ich kenne dich, Tarlon. Du hast diesen Gesichtsausdruck, den du immer hast, wenn du über etwas Wichtiges nachdenkst. Was ist es diesmal?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nichts Wichtiges. Auf jeden Fall scheint die Bardin etwas zu beschäftigen, das uns nichts angeht.«
    Sie musterte ihn nachdenklich.
    »Weißt du, Tarlon«, sagte sie dann. »Ich habe mich darauf gefreut, mit der Sera Bardin zu reisen. Ich hoffte, dass sie uns am Abend bei der Rast vielleicht ein paar Geschichten erzählen oder uns auf ihrer Laute vorspielen würde, doch sie sitzt jedes Mal nur da und starrt ins Feuer. Manchmal bekomme ich sogar Angst vor ihr. Sie wirkt dann so unnahbar, und obwohl ich sie mein ganzes Leben lang kenne, musste ich doch feststellen, dass sie uns fremd geblieben ist und wir in Wahrheit gar nichts von ihr wissen. Ich weiß nicht einmal ihren Namen, sie war immer nur die Sera Bardin für uns. Wenn du also etwas von ihr weißt, das wichtig ist …?«
    Tarlon schüttelte erneut den Kopf.
    »Nein«, wiederholte er, »es ist nicht wichtig, zumindest nicht für uns. Es ist nur so, dass sie, vielleicht sogar noch mehr als Ariel, eine Maske trägt, wenn sie mit uns zusammen ist. Doch ich bin davon überzeugt, dass sie unsere Freundin ist, und ich denke mir, dass manches für sie einfach schmerzhafter ist, als wir ahnen.« Er warf Vanessa einen kurzen Blick zu und begann zu lachen. »Aber ich werde sie bei Gelegenheit nach ihrem Namen fragen.«
    »Falls sie wieder zu uns zurückkommt. Vielleicht hat sie aber auch beschlossen, alleine weiterzureisen, so wie sie es sonst auch immer getan hat.«
    Garret, der sich ihnen wieder angeschlossen und Vanessas letzte Worte dadurch mitbekommen hatte, sagte: »Das wird sie nicht tun. Sie ist jemand, die sich an das hält, was sie verspricht, selbst wenn es sie umbringen würde.«
    Tarlon musterte Garret nachdenklich.
    »Manchmal überraschst du mich mit deinen Einsichten.«
    Garret lachte.
    »Was für Einsichten? Das weiß doch jeder, der die Bardin auch nur ein wenig kennt.« Er grinste breit. »Außerdem ist mir eingefallen, dass wir heute Nacht vielleicht doch nicht im Freien schlafen müssen. Kurz hinter dem Pass war doch ein Gasthof auf der Karte eingezeichnet, nicht wahr?«
    »Richtig«, stimmte Tarlon ihm zu. »Aber Vater meinte, dass er verlassen wäre.«
    »Ich denke, sie wird dort auf uns warten. Und vielleicht besitzt der Gasthof sogar noch ein Dach«, fuhr Garret fort und blickte forschend zum Himmel hoch, an dem sich einige Wolken zusammenzogen. »Ich hörte, dass es im Gebirge oft nass und klamm ist, weil die Wolken an den Felsen hängen bleiben und sich dort abregnen, ein Dach wäre

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