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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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mit Sicherheit tot«, stellte Garret erleichtert fest.
    »Das will ich meinen«, erwiderte Tarlon und zog seine Axt aus dem Waldboden heraus, in den sie sich tief eingegraben hatte. Während Garret vom Baum herunterkam, trat er zurück und beobachtete, wie das Blut des Kronoks im Waldboden versickerte. Schweigend standen sie vor der toten Echse und ihrem unheimlichen Reiter.
    »Das war ein unglaublicher Schuss«, brach Tarlon dann das Schweigen. »Wie hast du das nur gemacht?«
    Garret musterte den abgeschlagenen Kopf des Kronoks und den abgebrochenen Pfeil, der noch immer aus dem Auge herausragte. »Ich weiß es nicht, und es interessiert mich, ehrlich gesagt, auch nicht. Ich bin einfach nur froh, dass ich noch lebe.«
     
    »Ein meisterhafter Schuss«, bemerkte Lamar. »Hat es sich wirklich so abgespielt? Völlig im Dunkeln?«
    »Ja«, meinte der alte Mann und zog an seiner Pfeife. »Übt man lange genug, entwickelt man ein Gefühl für den Bogen und die Pfeile«, fügt er dann gleichmütig hinzu. »Es gibt hier im Dorf etliche, die Euch Ähnliches zeigen können. Was damals aber noch keiner von uns wusste, war, dass ein jeder Kronok genau dasselbe fühlen und sehen kann, was auch ein anderer Bruder seines Geleges gerade sieht und fühlt. Ein Umstand, der uns lange Zeit Rätsel aufgab, bis wir ihn schließlich aufdeckten und verstanden. In diesem Falle jedoch gereichte er den Kronoks nicht zum Vorteil …«
    Nur mühsam erholte sich der Kriegsmeister von dem Schock, den er durch den plötzlichen Tod seines Bruders erlitten hatte. Nur wie aus weiter Ferne nahm er die Stimme des Menschlings Belior wahr.
    »Was ist geschehen?«, wollte der Kanzler ungeduldig wissen. »Ihr spracht soeben davon, dass euer Mann Licht im Gasthof sah … was geschah danach?«
    Der Kriegsmeister blinzelte und schaute sich im Raum um, als wolle er sich vergewissern, dass er sich auch wirklich hier in der Kronburg des Kanzler befand und nicht auf einem weit entfernten Weg, der zu einem fernen Pass führte.
    »Mein Eibruder sstarb«, teilte der Kriegsmeister dem Kanzler mit und erhob sich. »Wenn Ihr gestattet, ziehe ich mich jetzt zurück.«
    »Wie ist er gestorben? Wurde er angegriffen?«
    Der Kriegsmeister richtete sich zu voller Grosse auf.
    »Das weisss ich nicht. Er ssstarb.«
    Ihm war sehr wohl bewusst, dass es dem Menschling nicht zusagen würde, wenn er einfach gehen würde, aber er sah keinen Grund, darauf Rücksicht zu nehmen. Er ging zur Tür und zu seinem Nestraum. Und selbst dieser Menschling wusste, dass es besser war, ihm nicht dorthin zu folgen.
    »Er starb einfach so?«, fragte Belior ungläubig.
    Der Kriegsmeister hielt inne und blickte noch einmal zum Kanzler zurück.
    »Ja«, gab er zur Antwort und zog die Tür hinter sich zu.
    Er riss sich die menschlichen Gewänder vom Leib und rollte sich in seinem Nest zusammen, wo er die Stimmen der anderen suchte und ihr Willkommen, den geteilten Schmerz, die Erinnerung an den Tod des Eibruders in ihren Stimmen fühlte.
     
    Wir rochen das Menschling Weibchen am Pass.
    Wir starben.
    Wir wissen nicht wie.
    Wir kämpften zuvor gegen ein Weibchen.
    Sie war verletzt.
    Wir starben.
    Wir wissen nicht wie.
    Neununddreißig Eibrüder, vier Wächter.
    Acht Eibrüder und ein Wächter starben in der Flut.
    Ein Eibruder starb gegen das unsterbliche Ungeheuer.
    Hier wissen wir, wie wir starben.
    Wir starben zweimal gegen ein Weibchen.
    Wir wissen nicht wie.
    Wir müssen wissen wie.
    Gibt es vielleicht auch Brutmütter bei den Menschlingen?
     
    Der Kriegsmeister rollte sich noch enger zusammen. Schon lange hatte ein Gelege nicht mehr so viele Verluste hinnehmen müssen. Er nahm sich vor, dem Menschling Belior schon morgen mitzuteilen, dass sie Menschlings-Weibchen brauchten. Sie mussten wissen, wie deren Weibchen töten konnten, ohne dass das Nest erfuhr, wie sie das machten.
    Er konzentrierte sich nochmals mehr als zuvor und suchte nach einer Bezeichnung für das seltsame Gefühl, das er verspürte.
    Er besaß das gesamte Wissen seines Volkes und deren Nester. Niemand kannte den Krieg besser als ein Wächter. Die Eibrüder waren schneller, stärker und besser gerüstet als die Menschlinge. Die Wächter führten sie, gaben ihnen die Weisheit aller Nester.
    Wie konnte ein Eibruder also sterben, ohne dass das Nest wusste, wie?
    Der Kriegsmeister war beunruhigt.
    Ein seltsames Wort, dachte er. Beunruhigt.
     
    »Was bei allen Göttern ist eine Bratmutter?«, fragte Lamar, während der Wirt neuen

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