Das Erbe des Loewen
seinen Clan wenden.“
„Deine eigene, unselige Entfremdung von deiner Familie hat dein Denken beeinflusst“, sagte Duncan.
Kieran zog eine Augenbraue hoch. „Unselig? Was weißt du von ...“
„Nichts“, sagte Duncan so rasch, dass Kierans Verdacht sich noch verstärkte. Doch ehe er diesen aussprechen konnte, hob Ellis die Stimme.
„Vielleicht waren sie hinter Eurem Pferd und Eurer Rüstung her“, mutmaßte der Hauptmann. „Oder sie dachten, wenn Ihr aus dem Weg geräumt seid, wären wir eine leichtere Beute. Seltsam, dass es nur sechs Mann waren. Zusammen mit dem Sturm hätten sie uns großen Schaden zugefügt, wenn sie mit ihrer ganzen Truppe angegriffen hätten.“
Kieran nickte. „Wenn sich der Großteil der Wegelagerer weiter in die Hügel zurückgezogen hatte, um auf Verstärkung zu warten, könnte es sein, dass uns ein Spähtrupp überfiel.“ Kieran schritt erregt im Gemach auf und ab. „Wir müssen ihr Lager ausfindig machen, und zwar rasch.“
Duncan nickte und schloss die Augen. Er wirkte erschöpft. „Ich danke dir, für alles was du tust, um meinen Clan zu retten ... vor allem, da ich meinen Teil der Abmachung nicht halten konnte.“
Kierans Gewissen regte sich. Was sollte der alte Mann von ihm denken, wenn die Räuber überwältigt waren und er seinen Plan verkünden würde, sie in einen anderen Kampf zu schicken? Was würde Laurel denken? Ach, es würde ihnen besser gehen als jetzt, wenn er Carmichael Castle erst eingenommen hatte. Sie wären dann durch den Ehebund mit einem Clan verwandt, der so mächtig war, jeden zu entmutigen, der an einen Angriff auf Edin Valley auch nur dachte.
„Was sind Eure Befehle, Sir Kieran?“ fragte Ellis.
Kieran wandte sich den beiden Männern zu und sah, dass sie ihn gespannt betrachteten. Er las in ihren Gesichtem Hoffnung und Bewunderung, und erneut durchzuckte ihn ein Schmerz. So hatten auch die Männer des Carmichael Clans auf Ross geblickt, als ein junger, von Idealen begeisterter Kieran geschworen hatte, in die Fußstapfen des Mannes zu treten, den er Vater nannte. Die Erkenntnis von Ross’ Verrat hatte Kieran auf einen Pfad gelenkt, von dem er wusste, dass sein friedliebender Onkel ihn verabscheute. Es tat weh, Achtung in den Augen der MacLellans zu sehen und zu wissen, dass er dessen nicht wert war.
„Wir müssen die Kampfausbildung der Männer beschleunigen“, sagte er. Und zählte auf, was gemacht werden musste. „Und ich brauche sechs Mann, die die Vorhügel genau kennen, um uns als Fährtenleser zu dienen, wenn wir nach dem Lager der Plünderer Ausschau halten.“
„Wie sollen wir die Ebene überqueren, ohne gesehen zu werden?“
„Wir reiten des Nachts, das Tal entlang. Wenn wir außer Sichtweite sind, werden wir übersetzen und die andere Seite entlangschleichen. Ich werde weiter im Süden Wachen postieren, um jedes Herannahen von Verstärkung sofort zu melden.“
Duncan nickte. „Ein guter Plan. Ich wusste, du bist der Mann, der uns helfen kann. Ich bin froh, dass du zugestimmt hast, Laurel zu ehelichen. Ich werde viel leichter in meinem Grab Ruhe finden, da ich sie und Malcolm in guten Händen weiß.“
Kieran wandte sich ab, um seine Gewissensbisse zu verbergen.
„Bist du mit der Vermählung zufrieden?“ wollte Duncan wissen.
Zufrieden war weit entfernt von dem, was Kieran fühlte, wenn er an Laurel dachte. „Ja“, gelang es ihm zu sagen, und er trat ans Fenster, unruhig wie ein Tier im Käfig. Er hatte nur zugestimmt, um Zugang zu Stratheas zu erlangen. Nun jedoch verfiel er Laurels Bann stärker und immer stärker. Das erschreckte ihn. Er konnte es sich nicht erlauben, sich mit ihr einzulassen.
Sein beunruhigter Blick schweifte über den Obstgarten. Alles war ruhig und friedlich. Etwas Buntes unter einer Baumkrone erregte seine Aufmerksamkeit. Zwei Frauen saßen mit gebeugten Köpfen auf einer Bank.
Laurel. Sein Blick richtete sich auf sie. In hoffnungsloser Verzweiflung suchte er nach einem Makel an ihr, indes, er fand keinen. Sie saß da, den Rücken gerade, die Körperhaltung stolz. Ihr Gesicht war umrahmt von der wilden roten Lockenpracht. Ihre Hände bewegten sich flink, während sie ihrer Tante etwas erzählte. Zweifellos war es die Erzählung von seiner Rettung und ihrer gemeinsamen Nacht in der Höhle. Würde sie alles offenbaren, was sich zugetragen hatte?
Kierans Blut begann zu wallen, als er sich daran erinnerte. Ihr zarter Körper, der sich an den seinen presste. Die Üppigkeit ihrer Lippen, als
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