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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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sich bemühte, ein halbes Dutzend Dinge auf einmal zu erledigen. Eines Morgens verlegte sie die Schlüssel zum Safe; sie öffnete ihn, um etwas herauszunehmen, und als sie ihn wieder abschließen wollte, waren die Schlüssel weg. Sie holte Carol, um sich von ihr beim Suchen helfen zu lassen, und schließlich entdeckten sie die Schlüssel in einem Blumentopf.
    Endlich bildeten sich Krusten auf den Pusteln, und Danny schlief zum erstenmal seit acht Tagen durch. Romy atmete auf. Als sie am Abend am Fenster ihres Büros stand, zog sie den Vorhang weit auf und schaute hinaus. Es war nach acht, der Hof war dunkel und leer. Sie konnte sich nicht erinnern, was für ein Tag war. Sie sah auf ihren Kalender, Freitag. Sie war enttäuscht. Sie hatte sich darauf gefreut, mit Caleb zu sprechen, ihm nach dieser schrecklichen Woche ihr Herz auszuschütten und ihm zu erzählen, wie groß ihre Sorge um Danny gewesen, wie erschöpft sie war.
    Sie schloß den Vorhang wieder. Hatte er ihre Abwesenheit bemerkt? Oder war er vielleicht froh gewesen, pünktlich nach Hause zu kommen? Sie setzte sich an ihren Schreibtisch. Sie hätte gern gewußt, ob Caleb es auch so machte wie sie, ob auch er sich jedes ihrer Gespräche ins Gedächtnis rief und jeden einzelnen Satz, jede Redewendung, jedes Wort unter die Lupe nahm und zerpflückte.
    Was, fragte sie sich, suchte sie denn in diesen einsamen Momenten, wenn sie sich im Geist alles wiederholte, was sie miteinander gesprochen hatten? Vermutlich wollte sie herausfinden, was er heute von ihr dachte. Ob sie nur Geschäftspartner waren; ob sie ihn, wenn der Garten fertig war, je wiedersehen würde. Oder ob sie trotz allem, was geschehen war, wieder Freunde waren. Ihr war klar, daß sie nie wieder mehr als Freunde sein konnten. Sie hatte das Recht auf Caleb Heskeths Liebe an dem Tag verspielt, als sie im Rosengarten von Swanton Lacy mit Evelyn Daubeny gesprochen hatte. Aber auf Freundschaft zu hoffen war doch gewiß nicht unbillig.
    In ihrem Korrespondenzkorb wartete ein ganzer Stapel Post. Sie nahm das oberste Schreiben zur Hand und begann zu lesen.
    Aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Sie hatte die ganze Woche kaum einen Fuß vor die Tür gesetzt. Ihr Kopf schmerzte, und sie verspürte ein heftiges Bedürfnis nach Bewegung. Plötzlich begann sie hastig im Eingangskorb zu kramen. Als sie nicht gleich fand, was sie suchte, kippte sie den Korb kurzerhand um. Und da war er schon, der kleine Prospekt mit Calebs Adresse.
    Sie lief nach oben, warf einen Blick ins Kinderzimmer und sagte Carol Bescheid. Dann packte sie Regenmantel und Handtasche und verließ das Hotel.
    Romy hatte mit ihrer Bemerkung einen treibenden Keim gelegt. Von den beiden Gärten, an denen er derzeit arbeitete, sagte sich Caleb mit bitterem Spott, konnte man beim besten Willen keinen als »Zaubergarten« bezeichnen – weder den des TrelawneyHotels noch den des Ehepaars Harborne. Beide waren von Häusern umgebene, streng begrenzte kleine städtische Gärten; bei beiden hatte er mit den Problemen der Verschmutzung und des Lichtmangels zu kämpfen. Beide sollten einem bestimmten Zweck dienen: der des Trelawney als Kulisse für die neue Brasserie; der in Belgravia als Rahmen für das elegante Leben der Harbornes. Er hatte sein Bestes getan, aber er konnte wenig Magisches an den beiden Gärten entdecken.
    Ganz ohne die nötigen Voraussetzungen sei eben nichts Magisches zu schaffen, sagte er sich zum Trost. Man müsse sich nach den Gegebenheiten richten und versuchen, das Beste aus dem zu machen, was man hatte. Trotzdem ließ ihm die Sache keine Ruhe, und er war sich, als er am Abend mit Alison von dem geselligen Beisammensein bei ihrer Schulleiterin nach Hause ging, einer bohrenden Unzufriedenheit bewußt.
    Alison, die wegen des Regens mit ihm unter seinem Schirm ging, sagte in entschuldigendem Ton: »Es tut mir wirklich leid, Caleb. Es war ein ziemlich scheußlicher Abend, nicht?«
    »Ach wo. Mir hat’s gefallen«, log Caleb.
    »Du brauchst dir keinen Zwang anzutun. Matschiger Käse und warme Liebfrauenmilch –«
    »Wieso? Das ist doch gar nicht so übel.«
    »Caleb!«
    »Ich merke sowieso meistens gar nicht, was ich esse.«
    »Und wenn ich für dich koche –«
    Er aß etwa einmal die Woche bei Alison. Irgendwie liefen sie einander immer in die Arme, entweder wenn sie ihre Post aus dem Kasten holten oder wenn sie vom Einkaufen zurückkamen.
    »Das ist was ganz anderes«, sagte er. »Du kochst hervorragend.«
    Sie sagte: »Jenny

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