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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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herrliche Feiertagsfühl einstellte.
    An einem regnerischen Freitag fragte sie Caleb nach seinen gärtnerischen Projekten.
    »Ach, ich mache hauptsächlich Rosengärten und Patios«, sagte er wegwerfend. »Damit verdiene ich das Geld fürs tägliche Leben.« Als er ihre Verwunderung bemerkte, fügte er hinzu: »Jeder, der mal im Urlaub in Spanien war, möchte einen Patio. Du weißt schon – eine kleine Terrasse mit Pelargonien in Töpfen. Und knalligen Floribunda-Rosen. Mit diesen Geschichten habe ich mich über Wasser gehalten. Ohne sie wäre meine Firma eingegangen.«
    Sie standen an der offenen Tür eines der zur Hälfte umgebauten Räume. Draußen strömte der Regen von den Dächern. Sie sagte: »Das klingt ziemlich – ziemlich nach Routine.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ach, es ist ganz in Ordnung.«
    »Ich weiß noch, wie du zu mir gesagt hast –« Sie brach ab. Beinahe hätte sie eine stillschweigende Vereinbarung verletzt, an der sie beide bisher strikt festgehalten hatten: niemals von der gemeinsamen Vergangenheit zu sprechen.
    Aber er sagte: »Ja? Was wolltest du sagen?«
    Der Regen wurde stärker, trommelte hart gegen die Scheiben. Sie holte tief Atem. »Ich weiß noch, wie du mir von dem Garten erzählt hast, den du eines Tages schaffen wolltest. Es sollte ein Zaubergarten werden, der jeden in eine andere Welt versetzt.«
    Er kippte den Rest seines Biers in den Schlamm und sagte niedergeschlagen: »Du weißt doch, damals hatte ich nichts als Flausen im Kopf. Immer wollte ich, was ich nicht haben konnte.« Er nahm die Autoschlüssel aus seiner Hosentasche. »Ich muß los. Danke für das Bier, Romy.«
    Als sie weg waren, sammelte sie die Gläser und die leeren Flaschen ein und ging ins Hotel hinüber. Du konntest ja noch nie deinen Mund halten, was, Romy Cole? dachte sie wütend. Nein, du konntest noch nie deinen Mund halten.

16
    E INES M ORGENS, ALS R OMY IN DER K ÜCHE mit Anton den Speiseplan durchging, kam Carol zu ihr, die zu dieser Zeit Danny betreute, weil Sarah, das Kindermädchen, Urlaub genommen hatte. Sie trug den weinenden Jungen auf dem Arm. »Ich weiß nicht, was mit ihm los ist«, sagte sie beunruhigt. »Er ist überhaupt nicht wie sonst.«
    Romy nahm ihr den Kleinen ab und wippte ihn auf ihrer Hüfte, während sie das Gespräch mit Anton zu Ende führte. Danny schien sich zu beruhigen. Er schob den Daumen in den Mund und drückte den Kopf an ihre Schulter. Sie fühlte ihm die Stirn; sie war ziemlich heiß.
    An diesem Abend brachte sie ihn früh zu Bett, aber um Mitternacht wachte er auf und schlief nicht wieder ein. Sie nahm ihn mit zu sich ins Bett und hielt ihn im Arm, bis er in einen unruhigen Schlummer fiel. Im Lauf der Nacht wurde er immer wieder wach, fieberheiß und jammernd. Um vier maß sie seine Temperatur und sah, daß er fast neununddreißig Fieber hatte. Als sie ihn kühl abwusch, entdeckte sie kleine rote Flecken auf seinem runden Bäuchlein.
    Am Morgen ging sie mit ihm zum Arzt. »Windpocken«, sagte der und empfahl Zinksalbe und viel Flüssigkeit.
    Bald war Dannys ganzer kleiner Körper von den roten Pusteln übersät. Er hatte sie in den Ohren, auf den Augenlidern, sogar im Inneren des Mundes. Er konnte nicht essen und nicht schlafen. Romy rieb ihn mit Zinksalbe ein und flößte ihm unter viel gutem Zureden kalten Hagebuttentee ein. Sein jämmerliches Weinen war im ganzen Hotel zu hören. Am folgenden Tag stieg seine Temperatur auf beinahe vierzig Grad. Sie überlegte, ob sie Jem benachrichtigen und ihn bitten sollte, mit dem nächsten Zug nach London zu kommen.
    Verzweifelt blätterte sie in ihrem Buch über Kinderkrankheiten und erschreckte sich halb zu Tode, als sie las, welche Komplikationen auf die Windpocken folgen konnten. Sie badete Danny in lauwarmem Wasser, gab ihm Kinderaspirin und schaute immer wieder zum Telefon, unschlüssig, ob sie Jem anrufen und vielleicht unnötig ängstigen oder ob sie besser abwarten sollte. Sie trug Danny herum, während sie dringende Telefonate erledigte oder Briefe diktierte, die keinen Aufschub duldeten. Sie besprach mit einer Brautmutter die Vorbereitungen für einen Hochzeitsempfang, während Danny in Decken gehüllt auf einem Sessel in ihrem Büro schlief.
    Nachts wurde er beinahe jede Stunde wach. Wenn sie sich am Morgen fertigmachte, versuchte sie die dunklen Schatten um die Augen und die Blässe ihres Gesichts mit einem getönten Make-up zu verbergen. Sie war benommen vor Müdigkeit, nervös und gereizt, während sie

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