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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Mr. Daubeny.«
    »Wollen Sie studieren?«
    Caleb schüttelte den Kopf. »Ich muß meiner Mutter unter die Arme greifen. Außerdem säße ich dann wieder irgendwo fest – wie beim Militär – das wäre nichts Richtiges.«
    »Sie finden, das Militär ist ›nichts Richtiges‹?«
    »Ich hab nur Papiere rumgeschoben«, erklärte er. »Es war überhaupt nicht so wie bei meinem Vater.«
    »Ja, natürlich. Als Soldat fühlt man sich in Friedenszeiten wahrscheinlich etwas betrogen. Aber Büroerfahrung ist immer nützlich.« Mr. Daubeny runzelte die Stirn. »Wenn Sie vorhaben, sich eine Arbeit zu suchen, kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein.«
    Überrascht sagte Caleb: »Danke.«
    »Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn ich von etwas Passendem höre. Inzwischen könnte Fryer ein bißchen Hilfe im Garten gebrauchen. Sprechen Sie doch mal mit ihm, er hat sicher Arbeit für Sie, um die Zeit zu überbrücken.«
    Mr. Fryer war Mr. Daubenys Gärtner. Caleb hatte häufig in den Sommerferien bei ihm gearbeitet.
    Noch einmal sagte er: »Vielen Dank, Mr. Daubeny.«
    Mr. Daubeny beugte sich mit dem Füller in der Hand über seinen Schreibtisch. Entlassen, dachte Caleb und hielt einen Moment inne, dann öffnete er wieder den Mund.
    Später überlegte er sich, daß er die verspätete Frage wahrscheinlich gestellt hatte, um in diesem Gespräch einen gewissen Ausgleich herzustellen, um das Gefühl widerwilliger Unterwürfigkeit abzuschütteln, das Begegnungen mit Mr. Daubeny bei ihm so leicht hervorzurufen pflegten. Viel später dachte er, wie anders sein Leben vielleicht verlaufen wäre, wenn er den Mund gehalten und die Sache auf sich beruhen lassen hätte.
    »Kannten Sie eigentlich die Leute, denen Middlemere vor uns gehört hat, Mr. Daubeny?«
    Daubneys Stift verharrte nur einen kurzen Augenblick. »Die Coles? Natürlich. Cole war mein Pächter.«
    »Wie waren sie?«
    »Cole war ein schwieriger Mensch.«
    Mr.  Cole war nicht ganz richtig im Kopf , hatte seine Mutter am Abend zuvor gesagt. Ein unbequemer Zeitgenosse offensichtlich, Romy Coles Vater.
    »Mir hat jemand erzählt«, sagte Caleb, »daß sie das Haus zwangsweise räumen mußten. Und daß Mr. Cole sich deswegen umgebracht hat.«
    Mr. Daubeny war mit seiner Schreiberei am Ende des Blatts angekommen. Er drückte sorgfältig das Löschblatt auf das Geschriebene, ehe er den Kopf hob. »Warum interessieren Sie sich für die Coles, Caleb?«
    Sie haben mir mein Haus gestohlen und meinen Vater umgebracht . »Wegen dieser Sache mit dem Haus«, antwortete er. »Das muß doch – unheimlich hart gewesen sein für die Familie. Auf diese Weise ihr Heim zu verlieren.«
    »Es war Krieg«, sagte Daubeny genau wie Calebs Mutter.
    »Ja, aber –«
    »In den ersten Kriegsjahren war die Ernährungslage äußerst kritisch. Hitler hätte uns aushungern können. Für Sentimentalität ist kein Platz, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht. Middlemere produzierte nicht. Und, wie ich schon sagte, Samuel Cole war ein schwieriger Mensch.« Daubenys glatte gewölbte Stirn krauste sich. »Er war stur – eigensinnig – respektlos …«
    Respektlos. Caleb mußte seinen Widerwillen verbergen.
    »Cole ließ sich nichts sagen«, fuhr Daubeny fort. »Er wußte immer alles besser. Er lehnte es ab, sich an die allgemeinen Regeln zu halten. Er baute nur an, was er anbauen wollte. Er hielt sich wohl für etwas Besseres. Tja, das alles ist in Friedenszeiten erträglich, aber in einem Krieg geht so was einfach nicht.«
    »Und da haben Sie ihn rausgeschmissen.«
    Daubeny kniff die Augen zusammen. Gleich wird er mich auch rausschmeißen, dachte Caleb. Wegen Respektlosigkeit .
    Aber Mr. Daubeny sagte nur: »Es ist nichts Ungesetzliches geschehen.« Dann schwieg er, und Caleb hatte den Eindruck, daß ein kaum wahrnehmbarer Schatten des Zweifels, der Frage, über die selbstzufriedene Fassade flog.
    »Anfang der vierziger Jahre«, erläuterte Daubeny, »mußten wir – der Kreiskriegsausschuß für Land- und Forstwirtschaft – sämtliche Höfe im Landkreis überprüfen, um festzustellen, wie jeder Bauer es mit der Schädlingsbekämpfung hielt, ob er die Anbauanordnungen befolgte und dergleichen. Mark Paynter war unser Kreisbeauftragter, wenn ich mich recht erinnere. Er führte die Prüfung durch.« Daubeny machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die Prüfungsergebnisse bei Cole waren vernichtend. Danach war mir die ganze Sache praktisch aus der Hand genommen. Paynter war für die Durchführung der

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