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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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mal gemeldet?«
    »Seit er wieder nach Deutschland ist, nicht.«
    »Ich hab gewußt, daß das Militär nichts für ihn ist.« Martha drückte nervös die Zigarettenpackung in ihrer Hand. Ihr Gesicht bekam einen ängstlichen Zug. »Er trinkt zuviel.« Sie starrte auf das Glas in ihrer Hand und lachte rauh. »Von wem er das wohl hat. Aber früher hat er nie getrunken. Er hat ja so ziemlich jede Dummheit gemacht, die man machen kann, aber getrunken hat er nie.« Mit unsicheren Bewegungen füllte Martha ihr Glas auf. Sherry schwappte auf den abgewetzten geblümten Bezug der Couch. Unvermittelt sagte sie: »Er hat sich nie davon erholt, daß wir aus Middlemere wegmußten. Dieser verdammte Kerl …«
    Mit dem Geschirrtuch in der Hand hielt Romy inne. Ihr fiel plötzlich Caleb Hesketh ein, wie er im Foyer des Trelawney-Hotels gestanden hatte. Middlemere gehört Osborne Daubeny , hatte er gesagt. Er ist unser Pachtherr. Er war auch der Pachtherr Ihres Vaters, als Sie noch in Middlemere lebten .
    »Wer?« fragte sie. »Mr. Daubeny?«
    »Ich meinte deinen Vater.« Martha paffte an ihrer Zigarette und zog die Brauen zusammen. »Aber dein Vater hat immer Daubeny die Schuld gegeben. Er hat ihn gehaßt und für alle unsere Probleme verantwortlich gemacht. Wir hatten ständig Ärger mit dem Brunnen in Middlemere – im Sommer kam oft nur fauliges Wasser, weil der Bach ausgetrocknet war. Manche Sommer mußten wir unser Wasser im Dorf holen. Dein Vater hat Daubeny immer wieder gedrängt, etwas zu tun. Er sagte stets, Daubeny ließe sich’s gutgehen mit seinen Luxusautos und seinen Dienstboten, und wir zahlten einen Haufen Pacht und kriegten dafür nicht mal ein Glas sauberes Wasser. Aber er hätte sich die Worte sparen können.« Martha machte ein ärgerliches Gesicht. »Er konnte einfach den Mund nicht halten. Und was hat es mir gebracht? Jahrelang mußte ich mit zwei Kindern durch die Gegend ziehen.« Sie trank von ihrem Sherry.« Jem hat seinen Vater vermißt. Er verstand nicht, warum wir nicht nach Hause konnten. Erinnerst du dich noch?«
    Romy stellte die Gläser in den Schrank. Sie schüttelte den Kopf. »Kaum.« Aus dieser Zeit erinnere sie sich nur an eine Folge von mehr oder weniger häßlichen Unterkünften, an eine Folge von Schulen und daran, daß sie manchmal Hunger gehabt und oft gefroren hatte.
    »Nach dem Tod eures Vaters hat er ein halbes Jahr lang kein Wort gesprochen«, sagte Martha. »Nicht ein einziges Wort. Einmal hat seine Lehrerin ihm was mit dem Stock gegeben. Sie behauptete, er wäre widerspenstig. Aber der hab ich die Meinung gesagt, das kannst du mir glauben. Der arme Kleine, jeder mit einem Funken Verstand konnte sehen, daß es ihm schlechtging.«
    Marthas Augen funkelten zornig. Romy vertrieb das Bild eines stummen kleinen Jem und sagte: »Wie meinst du das – Dad konnte den Mund nicht halten? Meinst du diese Sache mit Mr. Daubeny und Mrs. Hesketh? Wußte er davon?«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Martha mit Verachtung. »Und wenn das ganze verdammte Dorf davon gewußt hat, dein Vater bestimmt nicht. Der hatte den Kopf immer in den Wolken. Und da draußen, wo wir gewohnt haben, waren wir ja auch weit vom Schuß. Ohnehin haben deinen Vater solche Geschichten nicht interessiert. Er hat Klatsch gehaßt. Ja, ja, dein Dad hatte seine Prinzipien. Und was haben sie ihm geholfen, seine verdammten Prinzipien? Gar nichts. Er hat in seiner eigenen Welt gelebt. Er hat sich eingebildet, daß man weiterkommen kann, wenn man Bücher liest und so.« Sie lachte kurz und bitter. »Er hat mir immer gepredigt, alle Menschen sind gleich. Tja, nur sind eben manche gleicher als andere.« Marthas Augen wurden schmal. »Als hätten wir je den Daubenys gleich sein können. Allein das Haus …« Sie schüttelte den Kopf.
    »Daubenys Haus?«
    »Swanton Lacy«, sagte Martha. »So hieß es. Swanton Lacy.
    Mit einem Teich im Park, Romy. Stell dir das mal vor, ein Park mit einem Teich.«
    »Wo ist das Haus? In der Nähe von Middlemere?«
    »Es ist ungefähr drei Kilometer außerhalb von Swanton St. Michael. Ich war nur ein paarmal dort, um die Pacht zu bezahlen. Sam mochte es nicht, wenn ich ging – meistens hat er das selbst erledigt.« Ihre Augen nahmen einen träumerischen Ausdruck an. Sie sagte langsam: »In dem Park gab es einen Rosengarten. Es waren bestimmt Hunderte von Rosen. Ich habe nie in meinem Leben so viele auf einmal gesehen. Lauter verschiedene Farben und die wunderbarsten Düfte. Man konnte sie schon

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