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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Kielwasser sicher einige seltsame Vorfälle bemerkt.
    Man nehme als Beispiel nur den Mann, der die Zuschauer mit drei umgestülpten Tassen zu einem Ausflug in die phantastische Welt von Zufall und Wahrscheinlichkeit einlud (was sich in diesem Fall auf eine vertrocknete kleine Erbse bezog). Nur am Rande nahm er eine kleine Gestalt zur Kenntnis, die ihn eine Zeitlang ernst ansah – und kurz darauf quollen unter jeder Tasse, die er anhob, Hunderte von Erbsen hervor. Schon nach wenigen Sekunden reichten ihm die Hülsenfrüchte bis an die Hüften. Aber er steckte noch viel tiefer in Sorgen: Plötzlich schuldete er einigen Leuten ziemlich viel Geld.
    Etwas später sah Esk einen zerzausten kleinen Affen, der schon seit Jahren an eine Kette gefesselt war, während sein Herrchen auf einer Orgel spielte – so schlecht und mißtönend, daß alle Katzen heulend die Flucht ergriffen. Von einem Augenblick zum anderen kam Bewegung in das Tier. Es drehte sich um, starrte den Mann aus roten Augen an, biß ihn ins Bein, riß sich los und verschwand in der Nacht, zusammen mit einem Becher, der die Abendkasse enthielt. Der Autor verzichtet an dieser Stelle darauf zu erwähnen, wofür die Münzen ausgegeben wurden.
    Einige Marzipan-Enten schwebten aus einem nahen Stand, sausten an dem verdutzten Ladeninhaber vorbei und fielen mit einem glücklichen Quaken in den Fluß (wo sie bis zum Morgengrauen schmolzen; die natürliche Auslese kennt keine Gnade).
    Was die Bude anging: Sie segelte durch eine Seitengasse davon und verschwand auf Nimmerwiedersehen.
    Ungeachtet aller poetischen Vorschriften wanderte Eskarina mit jener Art von Eleganz durch die Menge, mit der Brandstifter durch herrlich trockene Heuschober schleichen oder Neutronen durch einen Reaktor fliegen. Die einzigen Hinweise, die ein aufmerksamer Beobachter auf sie bekommen hätte, bestanden in heilloser Aufregung und plötzlichem Chaos. Aber wie jeder gute Katalysator war das Mädchen nicht direkt an den Vorgängen beteiligt, die es auslöste. Und als die wirklichen Zuschauer es schließlich aufgaben, nach Esk Ausschau zu halten, befand sie sich längst ganz woanders.
    Sie spürte, wie sie allmählich müde wurde. Oma Wetterwachs hatte ganz allgemein nichts gegen die Nacht als solche einzuwenden, aber sie verabscheute lüsternes Kerzenlicht; wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit etwas lesen wollte, bestellte sie die Eule zu sich, wies sie an, auf der Rückenlehne eines Stuhls Platz zu nehmen – und las durch ihre Augen. Mit anderen Worten: Üblicherweise ging Eskarina ins Bett, wenn die Sonne ihre Arbeitskarte stempelte und Feierabend machte, und inzwischen war es schon seit einigen Stunden finster.
    Vor sich sah sie eine freundlich wirkende Tür. Fröhliches Gelächter tropfte durchs gelbe Licht und bildete kleine Pfützen auf dem Kopfsteinpflaster. Formlose magische Energie glitt über den Zauberstab und ließ ihn wie einen dämonischen Leuchtturm glühen, als Eskarina sowohl müde als auch entschlossen auf den Eingang zuhielt.
    Der Wirt von Des Geigers Rätsel hielt sich nicht ganz ohne Grund für einen welterfahrenen Mann: Er war zu dumm, um wirklich grausam zu sein, und eine Barriere aus fauler Trägheit schützte seinen Charakter vor der schweren Last aus Arglist, Heimtücke und Gemeinheit. Sein Körper war zwar weit herumgekommen, doch das Bewußtsein hatte sich nie über die Grenzen des Kopfes hinausgewagt.
    Er hob überrascht die Brauen, als sich ein Stock an ihn wandte. Und sein Erstaunen wuchs, als er eine dünne Stimme vernahm, die um ein Glas Ziegenmilch bat.
     
    Der Wirt namens Skiller musterte ein Mädchen, das irgendwie zu schielen schien.
    »Was?«, fragte er.
    »Milch«, sagte das Kind und starrte noch immer zu ihm empor. »Die Flüssigkeit, die man bekommt, wenn man Ziegen melkt. Weiß und ein wenig bitter.«
    Skiller verkaufte nur Bier, und einige seiner Gäste behaupteten, es stamme von Katzen. Keine Ziege, die etwas auf sich hielt, hätte den Gestank bei Des Geigers Rätsel ertragen.
    »Wir haben keine Milch«, sagte er. Er betrachtete den eigentümlichen Stab. Seine buschigen Brauen trafen sich dicht über der Nasenwurzel und flüsterten verschwörerisch miteinander.
    »Du könntest wenigstens nachsehen«, schlug Esk vor.
    Skiller schob sich wieder hinter den Tresen zurück, zum Teil, um dem seltsamen Blick zu entgehen, der ihn verunsicherte und seine Augen tränen ließ. Außerdem formten sich vor seinen mentalen Pupillen erste düstere

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