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Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)

Titel: Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert J. Jesse
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Blutgerinnung förderte und dadurch die Blutung stoppe. Immer wieder musste er von dem starken Branntwein auf den Fuß gießen, weil Whenda die Wunde gut desinfiziert sehen wollte. Als sie schließlich alles an faulem Gewebe entfernt hatte, das sie erkennen konnte, begann sie, die Wunde zu vernähen. Nie zuvor hatte Turgos einen solchen Faden gesehen, wie ihn Whenda nun von einer Spule abrollte. Dessen Enden durchstachen die Haut mit einer Leichtigkeit, die ihresgleichen suchte. Doch war er auch so biegsam, dass man meinen konnte, es sei ein einfacher Bindfaden. Turgos hatte jedoch erkannt, dass es sich um einen sehr dünnen Draht handelte. In Schwarzenberg benutzten die Heiler zum Vernähen von Wunden meist Fäden, die aus den Därmen von Schafen hergestellt wurden. Deren Nachteil war, dass sie oft zu schnell rissen. Whendas feiner Draht jedoch war sehr belastbar, wie er sehen konnte. Sie zog die Hautlappen kräftig zusammen und setzte ihn einer hohen Spannung aus. Erst zum Ende hin erkannte er, dass das Entfernen des Gewebes einem Plan unterlag, den Whenda sicher schon von Anfang an im Kopf gehabt hatte. Die Naht lag nur auf der Oberseite des Fußes und ragte nicht in den Bereich hinein, auf dem das Kind später laufen würde, sollte es die Operation überleben.
    Er war sehr erleichtert, als Whenda mit ihrer Arbeit fertig und der Fuß wieder ganz verschlossen war. Nun machte sie aus einem der verbliebenen Tücher noch einen Verband, der den Fuß bis zum Knöchel hin einschloss , und die Arbeit war getan. Es hatte viel länger gedauert, als sie selbst zu Anfang gedacht hatte. Inzwischen war schon die Dunkelheit hereingebrochen und Turgos hatte alle Kerzen, die er gekauft hatte, entzündet. Noch immer schlief das Mädchen seinen unwirklichen Schlaf. Es hatte sich während der ganzen Operation nicht ein einziges Mal bewegt. Nicht nur Turgos hatte manchmal auf ihren Brustkorb geschaut, um sich zu vergewissern, dass er sich noch hob. Auch Whenda hatte manchmal das Gefühl gehabt, als wenn das Kind nicht mehr lebte. So ruhig lag es da und ließ alles über sich ergehen, ohne davon Notiz zu nehmen.
    » Muss der Faden wieder entfernt werden?«, wollte Turgos nach getaner Arbeit wissen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sich das Metall so wie die Schafdärme einfach von selbst zersetzen würde.
    » Ja, aber das wird noch eine Weile dauern, bis ich ihn herausnehmen kann. Zuerst muss die Wunde verheilen und sich nicht wieder entzünden.«
    » Verwächst die Haut nicht mit dem Draht?«
    » Normalerweise nicht«, sagte Whenda nach kurzem Überlegen. »Doch spüren wird sie es schon, wenn ich ihn wieder herausziehe.«
    Turgos sparte sich die Frage nach dem Überleben des Kindes, denn er wusste, dass Whenda ihm auch keine Antwort darauf geben konnte. Die nächsten Tage würden über den Verlauf der Krankheit entscheiden, das war ihm bewusst. Aber da der Entzündungsherd genommen war, konnte sich der Körper des Mädchens vielleicht doch noch einmal erholen.
    Als sie Tomos wieder hereinbaten, war dieser überglücklich. Er hatte schon das Schlimmste befürchtet. Seinen überschwänglichen Dank lehnte Whenda jedoch kategorisch ab und sagte ihm, wenn er dies weiterhin täte, würden sie sein Haus verlassen und nicht noch einige Tage weiter gemeinsam mit ihm auf die Genesung seiner Tochter warten.
    » Wird sie denn genesen?«, fragte er hoffnungsvoll. Whenda zuckte nur mit den Achseln, sie war einfach zu müde und von der Konzentration bei ihrer Arbeit erschöpft, um hierzu noch etwas zu sagen. Tomos sah daraufhin Turgos fragend an.
    » Die nächsten Tage werden es entscheiden.« Turgos wollte einfach, dass dem Mann etwas gesagt wurde, denn er konnte sich gut vorstellen, wie verloren dieser sich draußen im anderen Zimmer gefühlt haben musste, immer in Angst, dass die Einsamkeit, die er zu fürchten schien, bald mit dem Tod seiner Tochter zur grausamen Realität werden würde.
    Whenda und Turgos ließen den Mann alleine mit seiner Tochter im Krankenzimmer zurück, nachdem sie all ihre Utensilien wieder verstaut hatten, und gingen vor die Tür des Hauses in die kleine Gasse. Erst dort bemerkte Whenda, dass sie oben immer noch nur ein Unterhemd trug. Dafür war doch etwas zu kalt. So gingen sie wieder hinein und mussten sich erneut dem fürchterlichen Gestank des Hauses des Fischers aussetzen. Doch man gewöhnt sich an alles, dachte Turgos, als er die Tür schloss und die frische Luft wieder hinter sich lassen musste.
     

Der Bau

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