Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
das große Steintor, welches die nordwestlichste Bastion Maladans darstellte, im Rücken angreifen könnten und es gleichzeitig von vorne attackiert würde, dann könnten sie vielleicht einen Sieg erringen. Das Resultat wäre, dass sie durch das Schwemmland, vielleicht gar in die Schlucht von Ruthor vorrücken könnten. Dann stünden sie in Maladan und könnten die Stadt am Odenberg bedrohen. Alles, was an Truppen dort stand, verteidigte das Atarfor. Man vertraute darauf, dass die Elinbari die Lande westlich des Unir gut kontrollierten. Nicht einmal im Traum hätte jemand an diesem Tisch zu denken gewagt, dass dies einmal nicht der Fall sein könnte. Nachdem der König mit dem letzten stehenden Heer Maladans, welches nicht zur Sicherung der Grenzen eingeteilt war, vernichtend geschlagen worden war, hätten sie den Nird in einer solchen Situation nichts entgegenzusetzen. Erst jetzt wurden ihnen die Nachwirkungen dieser Katastrophe richtig bewusst. Bis heute war kein neues Heer aufgestellt worden, das als Entsatztruppe ausgesandt werden konnte, wenn die Feinde irgendwo durchbrechen sollten.
Elardor, der sah, dass seinen Worten die gewünschte Aufmerksamkeit geschenkt wurde, fuhr fort: »Wir mussten alles, was wir irgendwo an Kriegern entbehren konnten, gegen die Nird ins Feld werfen. Und glaubt mir, nie zuvor griffen sie derart hart und selbstmörderisch das gesamte westliche Ufer des Unir gleichzeitig an. Selbst meine Leibwachen aus Valelin musste ich in die Schlacht schicken. Wenn wir die Feinde nicht in Ellamad hätten aufhalten und ihnen den Zugang in die Wälder verwehren können, säße ich heute nicht mit euch hier an diesem Tisch. Wir wussten damals nicht, ob deren Streitmacht gegen das Atarfor gerichtet war oder ob sie planten, in den weiten Wäldern zwischen dem Fallarion und dem Gelarion auf unsere Hauptstadt zu marschieren. Nach langen Wochen des Kampfes besiegten wir sie schließlich in Ellamad, dort, wo die Wiesen zu den Hügeln führen. Doch ihre Stoßrichtung und den Hauptzweck ihres Handelns haben wir nicht herausfinden können.
Der Blutzoll, den diese Kämpfe von meinem Volk forderten, war so hoch, dass wir keine Soldaten mehr zum Schutz von Maladan abstellen können. Tun wir dies, so werden unsere Grenzen durchlässig. Damit ist Maladan auch nicht geholfen. Die Nird sind schon wieder zahlreich, wie meine Späher mir melden .« Elardor sah nun zu Valralka, die mit steinerner Miene seinen Ausführungen gefolgt war. »Wenn du jedoch darauf bestehst, meine Königin, dann werden wir dir Truppen senden. Denn wir haben nicht vergessen, wem wir unsere Treue schulden.«
Diese Worte waren kein Trost für Valralka. Es war nicht hinnehmbar, dass der Haman-Elin fiel, um Maladan zu schützen. Vielmehr mussten alle Lande gehalten werden, keines durfte um den Preis eines anderen geopfert werden. Valralka, die oft den Gesprächen ihrer Eltern gelauscht hatte, sah sich nun mit denselben Problemen konfrontiert wie einst ihr Vater. Er wollte einst einen Befreiungsschlag wagen. Doch dieses Unternehmen war fehlgeschlagen und hatte die Probleme weit mehr verschärft als gelindert.
Am Tisch sprach nun keiner ein Wort, denn alle warteten, dass die Königin es ergriff. »Also ist der Norden unsicherer als zu meines Vaters Zeit?«, wollte Valralka an Elardor und Tervaldor gewandt wissen. Beide Männer nickten stumm. Keiner sagte noch einmal, dass es gar schlimmer stand, die Königin schien dies begriffen zu haben. An die ganze Runde gewandt stellte sie fest, dass dringend ein neues Entsatzheer aufgestellt werden musste. Alle nickten stumm.
» Othmar, du gehst zu den Heermeistern und leitest alles hierzu in die Wege«, ordnete sie an. Jeder wusste, dass der Zwerg in militärischen Dingen nicht sehr bewandert war. Die Entscheidung der Königin fanden sie dennoch gut, da Othmar niemand war, der Widerspruch duldete, wenn er eine Aufgabe zu erfüllen hatte. Seine Beharrlichkeit und sein Durchsetzungsvermögen waren legendär. Nerija dachte, dass nun die armen Heermeister den Zorn des Zwerges spüren würden, sollte diesem alles zu langsam vonstattengehen. Nur in der obersten Führung Maladans konnten die Mitglieder des Rates auf die Milde des Zwerges hoffen. Doch jene, die weit unter ihm in der Hierarchie standen, trieb er zu großen Leistungen an. Jedes Dokument, das die Unterschrift Othmars trug, war allein durch diese von einer so hohen Dringlichkeit, dass immer schnell gehandelt wurde, wenn er etwas forderte. Niemand
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