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Das Erbe in den Highlands

Titel: Das Erbe in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Kurland
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Richard und Matildas Kind. Nazir zuzusehen, wie er das Paar so lange verfolgte und erschreckte, bis sie sich sogar davor fürchteten, ihr Schlafgemach zu verlassen. Seine Mutter, die zu ihm auf den Wehrgang kam, um sich von ihm zu verabschieden. Wie bald darauf auch sein Vater. Zu wissen, dass seine Eltern tot waren, und den Schmerz zu empfinden, ihnen nicht folgen zu können.
    Die Nebelschwaden in seinem Kopf waberten weiter. Jonathan Buchanan, der Mann, der sich mit ihm angefreundet hatte. Zu sehen, wie Jonathan in ein gleißendes Licht verschwand, und dumpfe Resignation zu empfinden, weil es ihm nicht gestattet war, ihm zu folgen. Jahre der Dunkelheit, der Bitterkeit und des Hasses. Generation um Generation von Buchanans zogen vor seinem geistigen Auge vorbei. Lady Alices Versessenheit darauf, Harfe spielen zu lernen, um sich selbst begleiten zu können, obwohl sie überhaupt nicht singen konnte. Lady Helen, die ständig von ihrem Ehemann geschlagen wurde, und deren Genugtuung darüber, ihren Mann in den Wahnsinn zu treiben und dann zuzusehen, wie er sich erhängte.
    Lady Agathas Flucht aus dem oberen Fenster, nach einer besonders schreckenerregenden Nacht. Kendrick zuckte zusammen. War er ihr tatsächlich mit dem Kopf unter dem Arm erschienen und hatte Blut aus dem durchtrennten Hals sprudeln lassen? Was focht es ihn an? Und wieder stieg dieser alles zerstörende Hass in ihm auf, gegen eine Familie, die ihn verflucht hatte.
    Er lehnte sich an die Wand und drückte sein Gesicht gegen den kühlen Stein. Kühler Stein. Er spürte die kühle Feuchte an seiner Wange. Wie lange war es her, seit er etwas gefühlt hatte? Eingeschlossen in ein Vakuum, war er des Duftes der Blüten im Frühling beraubt, des Geschmacks von kaltem Wein an einem heißen Tag, des Gefühls von warmem Stahl in seiner Hand und des Gewichts des Kettenpanzers auf seinem Rücken. Jahr um Jahr war ihm dies versagt gewesen, Jahrhundert um Jahrhundert. Bis wann?
    Bis Genevieve.
    Als eine weitere Flut der Erinnerungen über ihn hereinbrach, rang er erneut nach Luft. Wie er blutüberströmt oben in ihrem Schlafgemach erschienen war mit der Absicht, sie in den Wahnsinn zu treiben. Und wie er gegen seine aufkeimende Bewunderung angekämpft hatte, als sie es wagte, ihn zu missachten. Und dann, als er ihr unter Aufbietung all seiner Kräfte den Verlobungsring über den Finger gestreift hatte. Süße, geliebte Genevieve. Mit einem Ruck drehte er sich um und sah sie an.
    »Mein Gott«, flüsterte er.
    Genevieve. Die Frau, die ihm Freude beschert hatte. Die ihn geliebt und ihm die rücksichtslose Zerstörung ihrer Träume verziehen hatte. Die Frau, die ihr Herz in Hände gelegt hatte, die es niemals wirklich halten konnten. Die ihn die Tränen eines Gespenstes hatte vergießen lassen über das, was er nie mit ihr zusammen haben würde.
    Die ihn so sehr geliebt hatte, dass sie ihn befreite.
    »Genevieve«, sagte er heiser.
    Beim Klang ihres Namens öffnete Genevieve die Augen. Sie erstarrte und sah Kendrick an, als glaubte sie, nicht richtig gehört zu haben.
    »Genevieve«, hauchte er.
    Sie schloss die Augen und atmete bebend aus.
    »Meine Liebste, was habe ich dir angetan?«, rief Kendrick aus und eilte zu ihr, so schnell ihn seine zitternden Beine trugen. Er durchschnitt den Strick, der ihre Hände zusammenhielt, und fing Genevieve auf, als sie gegen ihn sank. Er drückte sie an sich und wiegte sie mit einer Inbrunst, die sich in ihrer Umarmung widerspiegelte.
    »Oh, Kendrick«, hauchte sie und begann zu weinen. »Ich dachte schon, du würdest dich nie mehr an mich erinnern.«
    »Süße, süße Genevieve«, flüsterte er und legte die Arme fester um sie. Barmherziger Gott, er war so nahe daran gewesen, eben jenes Wesen zu töten, das er mehr liebte als sein Leben! Er spürte seine brennend heißen Tränen und war überglücklich, zu spüren, wie sie seine Wangen hinabrannen.
    Und dann weinte er noch aus einem ganz anderen Grund. Er lebte. Ein Wunder, ein völlig unmögliches, aller Vernunft zuwiderlaufendes Wunder. Der Fluch war gebrochen, und er hatte eine zweite Chance zu leben bekommen. Wie lange würde es dauern? Der Gedanke ließ ihn erstarren. Würde er sterben? Wie lange war ihm vergönnt?
    Bitte, betete er lautlos, lass es erst geschehen, wenn wir alt und grau sind. Bitte, nimm mir das nicht so schnell wieder weg.
    Auf einmal legte sich Ruhe wie ein sanfter Schleier über ihn. Sie reichte bis in die tiefsten Tiefen seines Herzens und nahm ihm die

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