Das Erbe
würde sich keiner der Sicherheitsleute hier unten aufhalten.
»Stopp, David«, hörte ich Robert hinter mir.
Ich blieb stehen.
»Was ist dein Plan? Was willst du tun, wenn du dort oben bist? Ihm einfach in die Arme laufen?«
Wenn es sein musste, ja. Mir ging es nur um eines. Denselben Fehler nicht zweimal zu machen.
»Ich will Leben retten«, erwiderte ich.
Robert sah mich wieder an mit diesem Blick, als wüsste er alles. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, wir brauchen eine Strategie. Wir haben keine Ahnung, was sich dort oben abspielt.«
Eine Strategie? Wie soll man jemandem, der durchgeknallt ist, mit einer Strategie gegenübertreten?
»Ich muss zurück«, hörte ich mich.
»Das ist keine Strategie«, erklärte Robert.
Er verstand nicht, wovon er sprach. Für so etwas gab es keinen Plan. Es gab nur jemanden, der völlig unkontrolliert agierte. Ich hatte nur einen Wunsch: mich ihm entgegenzustellen und zu verhindern, dass Menschen getötet wurden.
»Wir müssen uns erst einen Überblick verschaffen«, riss Robert mich aus meinen Gedanken.
»Was?«
»Wir brauchen einen Zugang zum Internet und …«, er machte eine kurze Pause, »damit zum Interface der Security.«
»Hier?«, fragte ich.
»Gerade hier«, sagte Robert selbstverständlich.
Erst einen Moment später verstand ich, was er meinte. Hier unten befanden sich der Zentralrechner, die Server. Ich zögerte. Was, wenn ich dadurch kostbare Zeit verlor? Andererseits hatte Robert so gut wie immer recht. Die Entscheidungen, die er traf, hatten eine Trefferquote, um die ich ihn beneidete. Als ob er keine Zweifel kannte.
Und es stimmte. Robert würde sich blitzschnell in den Rechner gehackt haben und dann hatten sie den Zugang nach außen, Zugang zu dem Server der Security, einfach zu allem. Sie hätten einen Überblick, was passierte, so etwas wie Kontrolle.
Robert wartete gar nicht darauf, wie ich zu der Sache stand. Er lief bereits zum Serverraum vor. Ich folgte ihm.
»Wer kann hier rein?«, fragte Robert.
Um Zutritt zu erlangen, brauchte man eine Sicherheitskarte. »Ich jedenfalls nicht«, erwiderte ich ungeduldig.
»Aber wir müssen da rein. Wir müssen den Amokläufer verstehen, bevor wir handeln. Das ist jetzt das Wichtigste.«
»Warum sollte ich versuchen, ihn zu verstehen?« Ich war dabei, die Beherrschung zu verlieren. Spürte, wie die Angst abgelöst wurde von der Wut, die tief in mir saß über Monate, Jahre. Irgendein wildes Tier, das ich mühsam unter Kontrolle hielt. Niemand sah es mir an. Niemand spürte es. Niemand hatte es erlebt. Aber ich selbst, ich wusste es genau. Ich hatte die dunkle Seite, von der jeder sprach. Manchmal kam sie zum Vorschein. Nachts. In meinen Träumen. Wenn ich es war, der Amok lief.
Meine Hände zitterten. Ich merkte es erst, als Robert mich weiterzog. Er erklärte mir nicht, was er vorhatte, aber als er sich in Richtung der Aufenthaltsräume der Security wandte, begriff ich.
Die weit geöffnete Tür ließ schon von Weitem das Chaos erkennen. Die Sicherheitsleute waren überstürzt aufgebrochen. Sie hatten alles stehen lassen. Überall lag Kleidung herum. Schuhe waren quer über den Raum verteilt. Zahlreiche Spindschränke standen offen, in denen Uniformen hingen.
»Uniformen«, murmelte Robert. »Sie hatten keine Zeit, sich umzuziehen.« Er machte sich dran, die Spinde zu durchsuchen. »Hilf mir, David«, rief er mir zu.
Wir hatten plötzlich die Rollen vertauscht. Ich tat, was er verlangte. Und versuchte, alle Gedanken in meinem Kopf beiseitezudrängen.
Der Alarm ging los, als Robert rief: »Ich glaube, die könnte uns weiterhelfen.« Er hielt eine Karte in die Luft, die mit einer Kette am Hosenbund befestigt war. Dann glitt sein Blick nach oben, blieb irgendwo an der Wand hinter mir hängen.
»Die Videoüberwachung«, sagte er. »Sie können uns sehen. Wie konnte ich das nur vergessen? Wir müssen hier weg.«
Ich spürte, wie mein Herz gegen meine Brust hämmerte. Wie lange würde es dauern, bis sie uns aufspürten? Wie würden sie reagieren? Alles war möglich. Im besten Fall würden sie dafür sorgen, dass wir das Gebäude verließen. Im schlimmsten Fall würden sie uns verdächtigen, annehmen, wir hätten etwas mit diesem Ausnahmezustand zu tun. Das alles wurde mir bewusst, als ich Robert folgte. Er eilte den Gang entlang und hielt sich dicht an der Wand, vermutlich in der Hoffnung, den Kameras zu entgehen. Ich folgte ihm bis zu der Tür, die das Schild Netzwerk trug.
Ich sah zu, wie
Weitere Kostenlose Bücher