Das Erbstueck
Konfirmandenunterricht, du gottlose kleine Köderdeern .«
Sie ließ sich rückwärts ins Gras sinken und musterte ihn aus dieser Perspektive. Er war trotz allem besser als die Mutter. Er war trotz allem nicht der Schlimmste. Er stand trotz allem auf ihrer Seite. Wenn es ernst wurde. Sollte die Mutter doch mit ihren Hängetitten in der Kneipe herumlungern. Malie selber war erwachsen und frei. Sie machte, was sie wollte. Es war sogar möglich, dass sie ihn nachts vermisste. Seine Aufmerksamkeit und eine seltene Erschütterung.
D u darfst die Ladung einfahren, aber vergiss nicht, sie ausleeren darfst du nicht«, flüsterte sie erfahren dem Jungen über ihr zu. Es war nicht mehr der Postgehilfe Lars. Der war schon vor fast zwei Jahren aus dem Reigen ausgeschieden, nachdem Malie festgestellt hatte, dass er durchaus nicht anstrebte, eines Tages selber Postkutscher zu werden und den feuerroten königlichen Mantel mit dem Kaninchenkragen zu tragen. Nein, Lars wollte die Schmiede seines Vaters übernehmen, und auch wenn eine eigene Schmiede vielleicht gutes Geld abwarf, so wäre Malie doch nie im Leben Schmiedsfrau geworden. So dachte sie. Alles musste etwas werden, es durfte nicht einfach nur sein.
Lars ging jetzt mit Sidsel. Sie wollten zu Weihnachten heiraten, wenn Lars achtzehn wurde. Sidsel war sechzehn. Malie sah sie schon als Herrn und Frau Bertilsen, mit elf schreienden Gören und einer schimmeligen Matratze. Sidsel mit den zusammengewachsenen Augenbrauen, Sidsel, die außer Lars deshalb keiner wollte. Sie hatte versucht, die zusammengewachsene Stelle wegzusengen, und das hatte zu einer hässlichen Narbe geführt. Die Narbe leuchtete kreideweiß hinter Sidsels Augenbrauen, wenn sie im Sommer braun wurde.
Amalie Jebsen dagegen ging mit allen. Mit allen, die sie ohne Hemd sehen wollte, um sich danach an den Jungenkörper zu pressen und zu spüren, wie der Himmel einstürzte und der Boden
sich in Schaum verwandelte und die Oberschenkel bebten, bis die Wellen sie von allem forttrugen. Das war besser als heiße Milch mit Cognac, besser als der klare Schnaps, dessen Reste sie trank, wenn Madame Jebsen ihr den Rücken kehrte. In ihrem eigenen Körper zu versinken, während sie unter dem Körper eines anderen lag, und zu spüren, wie die Feuchtigkeit auf ihren brennenden Lippen trocknete – das war das Allerallerbeste.
Sie war fünfzehn, und Sonne und Mond drehten sich um sie.
Ihr Zopf hing ihr lose über den Rücken. Er reichte bis an ihr Kreuz, und sie umwand ihn mit einem schmalen blauen Band, das Lars ihr geschenkt hatte. Sie wurde immer schöner und kräftiger, doch sie behielt dieses Verfeinerte, das dafür sorgte, dass sie nicht ins Gerede kam. Wenn die alten Frauenzimmer hörten, dass Alfred Jebsens Tochter sich hinter den erstbesten Torfhaufen legte, wenn Junge, Stimmung und Wetter das gestatteten, dann schüttelten sie nur den Kopf und wollten es nicht glauben, wenn sie ihnen dann über den Weg lief - wenn sie einen reizenden Knicks machte und sich besorgt nach ihrer Gicht erkundigte. So ein entzückendes junges Mädchen. Nein, es war sicher nur der gemeine Neid auf ihre Schönheit, der eine unschuldige Feder in eine ganze Hühnerschar verwandelte.
Außerdem legte sie sich durchaus nicht nur hinter Torfhaufen, wo die Torfstücke mannshoch zu Vierecken aufgetürmt waren und einen praktischen und tiefen Schatten warfen. Es gab schließlich Ställe und Scheunen, es gab den Wald. Malie liebte den Wald. Das graugrüne Licht. Die schlanken Stämme, die unbeweglich und arrogant dastanden und sich nicht darum scherten, was sie hier trieb. Auf dem Rücken zwischen den hohen Buchen zu liegen und die Vögel singen zu lassen, während ihr eigenes Blut mitsang, eine Ameise ihr Bein hochkriechen sehen und diese Berührung zu einem Teil aller anderen Empfindungen werden zu lassen, die in ihr wogten, die Augen haarfein zu schließen, vor der Sonne, die durch die flordünnen Baumkronen hoch
oben drängte, mit brennenden Handflächen einen muskelharten Rücken zu umklammern, um danach sein Hemd weiter hochzuschieben, das brachte ihr einen Rausch, der stärker war als der von Cognacpunsch und Schnaps.
Und gerade jetzt lag sie zwischen den hohen Buchenstämmen und hatte die Oberschenkel von Osten nach Westen gespreizt. Die Lerchen sangen, und in der Luft summten Insekten um die beiden, die durch ihren Schweiß aneinander klebten. Der Auserwählte war der Stallbursche Morten, der große Pläne für einen eigenen Stall
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