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Das Erlkönig-Manöver

Das Erlkönig-Manöver

Titel: Das Erlkönig-Manöver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Löhr
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vollkommen ohne Schutz! Clemens wird mich –«
    »Zum Henker mit deinem Clemens, Bettine weiß auf sich selbst aufzupassen!«
    Schillers Worten ungeachtet, warf sich Arnim den Riemen einer Muskete um, nahm die andere in die Hand und stand auf. »Ich muss sie finden. Tod, komm her, ich fürchte dich nicht!«
    »Dass dich der Schwefelregen von Sodom –! Runter!«
    Nicht Schillers Befehl, sondern ein weiterer Schuss des Feindes zwang Arnim wieder hinter die Deckung. Darauf brach ein wahres Gewitter an Schüssen los, und ein mörderischer Eisenregen prasselte auf sie hernieder. Die meisten Kugeln trafen die Decke ihres Unterschlupfs, und der weiße Sandstein zerplatzte unter den Treffern und rieselte auf die Gefährten herab wie Schnee. Bald waren die Kleider aller von einer dünnen weißen Staubschicht überzogen. Aber nun erkannten sie die Mündungsfeuer ihrer Gegner und wussten, wo ihre Ziele hinter dem Laubwerk verborgen waren.
    »Sein Geweih verrät den Hirsch«, sagte Kleist, nachdem er die unterschiedlichen Schüsse gezählt hatte: »Acht oder neun Mann.« In seinem Mundwinkel klebten vom Aufreißen der Patronen noch Papier und Schießpulver.
    Schiller setzte seine Armbrust an. »Mars regiert die Stunde!«, rief er seinen Kameraden zu. »Wenn noch ein Tropfen deutschen Heldenbluts in euren Adern rinnt – feuert!«
    Schiller sprang auf, löste seinen Bolzen, und die anderen folgten seinem Beispiel. Nun wurde das Feuergefecht zum tödlichen Zwiegespräch, und kreuz und quer über die Senke schwirrten die Kugeln, trafen hier den Stein, dort das Gehölz, aber selten ihr Ziel. Ohne Unterlass wurde abwechselnd geschossen und nachchargiert; Schwarzpulver, Bleikugeln und Ladestöcke waren wild über den Boden des Tempels verteilt, und unter der Felsendecke hing der Pulverdampf. Die Luft stank so nach Schwefel, als hätte man die ganze Garderobe des Molochs unter dem Firmament ausgelüftet.
    Schiller hatte die gegnerischen Feuer beobachtet und kam zu dem Schluss, dass der Gegner in einem weiten Kordon um die Höhle aufgestellt war, von der Felswand auf der einen bis zum Rand der Senke auf der anderen Seite. »Mord und Tod! Wir sind gefangen«, tat er den anderen kund. »Ganze Haufen schwadronieren da im Holz herum.«
    »Wir müssen von hier fort!«, rief Karl, dessen fahrigen Händen es kaum gelang, den Ladestock ins Rohr der Flinte zu führen.
    »Allein, wir liegen tüchtig im Salz. Sie halten die Luftlöcher besetzt.«
    »Wir sind umzingelt«, stimmte Kleist mit ein.
    »Und wenn die Hölle uns neunfach umzingelte! Sto ßen wir diese Teufel dorthin zurück, woher sie kamen!«
    Pflichteifrig folgte Kleist diesem Aufruf, und mit ei nem Doppelschuss blies er einem weiteren ihrer Feinde das Lebenslicht aus.
    Nach und nach ebbten die Schüsse ihrer Gegner aber ab, und schließlich schwiegen deren Waffen ganz. Auch die Gefährten stellten ihr Feuer ein, dankbar für die Pau se, in der das überhitzte Eisen ihrer Rohre wieder abkühlen konnte. Karl reichte eine Flasche Wasser herum, aus der mit gierigen Schlucken getrunken wurde.
    Mit einem Mal ertönte ein Ruf aus dem Gehölz. »He da! Wir wünschen eine Ruhe der Waffen und die Verhandlung!«
    »Lass dich in eine Pastete backen, du Afterbräuti gam!«, entgegnete Kleist. »Kämpf oder verschwinde, doch suchst du Konversation, geh heim zu deinem Weibe!«
    »Große Worte für einen, der in der Falle sitzt wie der Wolf im Brunnen. Aber keine Furcht; wir werden euch ohne Schaden ziehen lassen. Es ist allein der Sohn von Capet, den wir wollen.«
    Karl zuckte zusammen. Er klammerte sich etwas fester an seine Muskete und sah hilfesuchend zu Schiller. Schiller schüttelte den Kopf.
    »Wollen wir diesem klugschwätzenden Vaterlandsverräter die Antwort mit Blei übersenden?«, fragte Kleist, der seine Pistolen bereits wieder gespannt hatte. Aber Goethe hob die Hand.
    »Liefert uns Capet aus«, wurde die Forderung wiederholt, »und ihr erhaltet freies Geleit. Euch wird nichts geschehen, beim Leben des Kaisers und meiner Ehre als Offizier.«
    »Fahr in den Orkus, du welscher Saupelz!«
    Goethe hob erneut die Hand, um Kleist die Rede zu unterbinden, und antwortete: »Wir werden weder ihn noch irgendein Mitglied unsrer Gemeinschaft ausliefern. Ich hingegen rate Ihnen: Machen Sie, dass Sie mit Ihren Spießgesellen von hier fortkommen, und zwar schleunigst, ehe wir Ihnen den Garaus machen.«
    »Sieh an! Sie und welche Armee?«
    »Die des Herzogs von Sachsen-Weimar-Eisenach.«
    Hierauf war

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