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Das ermordete Haus

Das ermordete Haus

Titel: Das ermordete Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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reden. Ich habe da Gerüchte von einem aus Villeneuve gehört, einem uralten Kerl, der fast hundert Jahre alt geworden ist. Der hat mir was erzählt … Aber damals hab ich’s nicht geglaubt.«
    »Steigen Sie doch mal in den Brunnen von La Burlière«, sagte Séraphin, »dann wird Ihnen alles klarwerden.«
    »So, meinst du? Aber du mußt verstehen, früher war das eben so, in unseren Familien: Wenn da einer weiterkommen wollte, durfte er nicht die Hand ausschlagen, die ihm der Zufall hinstreckte.«
    »Klar«, seufzte Séraphin. »O ja«, fuhr Célestat fort, »wenn ich etwas brauchte, hat der Monge nie nein gesagt … Und mit dem Gaspard und dem Didon war es ebenso. Nur mußten wir uns alle drei an Sankt Michael vor den Türen von La Burlière einfinden. Dreiundzwanzig Prozent! Eines Tages wollten wir da nicht mehr mitmachen. Wir konnten nicht mehr. Wir hatten schon häßliche Frauen heiraten müssen, um wenigstens zu ein bißchen Geld zu kommen. Wir hatten uns gut vorbereitet«, fügte er kopfschüttelnd hinzu, »aber die Sache war eine Nummer zu groß für uns. Wir hätten es nicht fertiggebracht. Als wir das ganze Blut gesehen haben, stützten wir uns gegenseitig wie Betrunkene … Wir hätten es nicht fertiggebracht. Schon gar nicht mit dir. Du lagst in deiner Wiege und hast geschrien.«
    »Wußten Sie, daß der Monge nicht mein Vater war?«
    »Unglücklicherweise haben wir es erfahren.«
    »Nicht einmal der Name, den ich führe, steht mir zu«, sagte Séraphin. Er schob dem Bäcker die Zuckerdose mit dem bretonischen Kalvarienberg über den Tisch zu. »Da drin sind die Schuldscheine, die Sie Monge ausgestellt haben. Verbrennen Sie sie. Darunter liegen Goldstücke, ein ganzer Haufen … Die sind für Marie. Geben Sie sie ihr, wenn sie wieder gesund ist.«
    »Gesund …« sagte Célestat, »gesund …« Schluchzend ließ er den Kopf in die Arme sinken. »Sie ist verloren«, stöhnte er. »Der Arzt sagt, daß sie nur noch eine Woche zu leben hat.«
    Séraphin erhob sich und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Geben Sie sie ihr, wenn sie wieder gesund ist«, wiederholte er mit Entschiedenheit. Und traurig fügte er hinzu: »Auf daß sie mir vergebe – sofern sie kann –, daß ich ihren Lebensweg gekreuzt habe.«
    Célestat hob überrascht den Kopf. Er spürte neben sich den Atem Séraphins – Séraphin, vor dem er so viel Angst gehabt hatte und der ihn an die schlimmsten Stunden seines Lebens erinnerte. Und nun fühlte er den Hauch seines Atems, und die Hand auf seiner Schulter empfand er als Schutz.
    Mechanisch öffnete er die Dose. Da lag es, das Papier mit dem blauen Stempel, das sein Leben vergiftet hatte, das ihn vorzeitig hatte altern lassen und dessentwegen die beiden anderen letztlich hatten sterben müssen. Er hob die gefalteten Papiere hoch, die nun keine Bedeutung mehr hatten. Darunter kam die schlummernde Schicht warmen Goldes zum Vorschein, die unschuldig leuchtete, als ob nichts geschehen wäre.
    »Da klebt noch mehr Blut dran als an den Papieren«, sagte Séraphin.
    »Ja aber … Und du?« fragte Célestat.
    »Ich? Was soll ich mit einem Haufen von Goldstücken?«
    »Du könntest doch … Was hast du überhaupt vor?«
    »Ich gehe zu Marie«, sagte Séraphin. Er kehrte Célestat den Rücken, bückte sich unter dem Türrahmen und trat auf die men- schenleere Straße. Die Nacht war jetzt ganz hereingebrochen. Er schob den Perlenvorhang des Bäckerladens zur Seite. Im Inneren fand er Clorinde vor, die völlig zusammengesunken auf der Bank saß, den Kopf in den Armen verborgen hielt und weinte.
    »Ich gehe zu Marie«, sagte er. Ohne ihre Antwort abzuwarten, stieg er schwerfällig, Schritt für Schritt, die enge Treppe hoch, die zu den Schlafzimmern führte. Aus einer halbgeöffneten Tür drang das schwache Licht eines Lämpchens. Gleichzeitig machten sich die sonderbare Wärme des Krankenzimmers und seine üblen Ausdünstungen bemerkbar. Séraphin stieß die Tür auf.
    »Ich hielt Krankenwache bei Marie«, sollte die Tricanote später sagen. »Ich habe mich umgedreht. Ich habe ihn gesehen. Wie soll ich das beschreiben? Ein Strahlenkranz des Zorns umgab ihn. Er zitterte vor Empörung. Er roch nach den Hügeln, nach den Tiefen der Erde, nach welkem Laub, nach den Wassern der Durance, nach allem möglichen, nur nicht nach Mensch. Ich habe mich still weggeschlichen und die beiden allein gelassen. Es war so eine Art Hochzeitsnacht für sie.«
    Séraphin blieb allein bei Marie.
    Marie aber hielt ihre

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