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Das ermordete Haus

Das ermordete Haus

Titel: Das ermordete Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Magnan
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drohende Alptraum in seinen Schlaf ein und versuchte, ihm das Geheimnis aufzudrängen, das er um keinen Preis erfahren wollte.
    Die Tage waren kurz jetzt, um sechs Uhr wurde es dunkel. Séraphin bemühte sich, sein gewohntes Leben mit all seinen kleinen Annehmlichkeiten wiederaufzunehmen. Es gelang ihm mehr schlecht als recht; er hatte das Gefühl, es liefe neben seinem eigentlichen Leben her. Es war die Zeit im Jahr, in der ganz Peyruis nach gekelterten Trauben und nach dem Wein roch, der hinter den Kellerluken zu gären begonnen hatte. Zwei Apparate zum Schnapsbrennen waren auf dem kleinen Platz aufgestellt worden, und Séraphin strich um sie herum, atmete den Duft des Kiefernholzes ein, das unter den Kesseln brannte, und sah zu, wie der Schnaps stetig in die Behälter rann, auf denen das Thermometer aufrecht in einem großen Stück Naturkork herumschwamm.
    So viele Generationen von Monges hatten sich vor ihm auf diesen Bänken niedergelassen, den Zinnbecher in der Hand, um darüber zu befinden, wie der Schnaps diesmal ausgefallen war, und ohne die drei Mörder hätte das noch viele Generationen so weitergehen können.
    Manchmal forderten die Schnapsbrenner Séraphin auf, sich auf die Bank zu setzen, die eigentlich den Haus- und Grundbesitzern vorbehalten war. Sie reichten ihm den Becher, in dem der verbliebene Tresterschnaps sich abgekühlt hatte. Er befeuchtete sich die Lippen damit, ohne ihn hinunterzuschlucken, denn er erinnerte sich noch zu gut an den Geruch, der in den Schützengräben herrschte, wenn morgens vor dem Angriff Schnaps verteilt wurde.
    Man sah ihn zwischen Feuerschein und Dampfschwaden umhergehen und schließlich in der Nacht verschwinden, die welken Blätter vor sich her schiebend und wie ein Kind nach den Kastanien tretend, deren Schalen auf dem Weg aufplatzten. Er ging nach Hause. Er öffnete die Zuckerdose. Er strich die Schuldscheine glatt. Er las sie noch einmal. Mit einem Rotstift hatte er Gaspards Schuldschein durchgestrichen. Er dachte an Patrice, der seit dem Vortag im Gefängnis war. Er dachte an Didon Sépulcre, der wohl dort unten seine Ölmühle auf die kommende Olivenernte vorbereitete. Er dachte an Célestat Dormeur, der dort oben in seiner Backstube ganz allein in der Nacht dafür sorgte, daß ein ganzes Dorf zu essen hatte. Diese Geschöpfe, die ihm das Schlimmste angetan hatten, was man sich vorstellen konnte, beherrschten seine Gedanken ganz und gar und ließen keinen Raum für eine freundliche Regung. Er lebte nur seinem Haß. Aber diese Männer, waren das überhaupt noch dieselben, die damals seine Familie ausgelöscht hatten? Und wenn es nicht mehr dieselben waren, was nützte es dann, sie zu hassen? Seit er Gaspards Leiche gesehen hatte, zweifelte er daran, daß man einen Geist zufriedenstellen konnte, indem man ein Geschöpf in diesen erbärmlichen Zustand versetzte, auch wenn man diesen Geist in sich trug. Seine Aufgabe wurde ihm schwer, und er fand, daß seine Mutter – wo immer sie jetzt sein mochte – ziemlich viel von ihm verlangte. Diese Anwandlungen von Unsicherheit währten jedoch nur kurz. Schuld an ihnen war einzig und allein der Teil seiner Seele, der in den zahlreichen Augenblicken kurzen Glücks, die ihm widerfuhren, dazu neigte, sich hin und wieder nach einem ganz gewöhnlichen Leben zu sehnen.
    Eines Abends im Oktober – einer dieser Abende, an denen man besser nicht allein ist – stieg er schwerfällig die Treppe zu seiner Wohnung empor. Er stieß die Küchentür auf, die an den Bodenfliesen klemmte. Er schaltete das Licht an. Vor ihm saß Charmaine – an seinem Platz – und sah ihn starr an. Die Zuckerdose mit den honigfarbenen Louisdors war geöffnet. Es dauerte eine Weile, bis er sich mit dem Gedanken vertraut gemacht hatte, daß sie vor sich auf dem Wachstuch die drei Schuldscheine ausgebreitet hatte. In der Mitte lag der, den er mit dem Rotstift durchgestrichen hatte. Mehr als eine Minute lang starrten sie einander wie gebannt an. Noch nie war er ihr so schön erschienen wie hier in dieser niedrigen Kammer. Er kam ihr vor wie ein Schwert in Form eines Kruzifixes. Es schien ihr, als wäre er der erste Mann, dem sie begegnete. Vielleicht würde er sie töten, weil sie sein Geheimnis herausgefunden hatte, aber es wollte sich kein Gefühl der Angst in ihr regen. Ihre hemmungslose Sinnlichkeit, der sie sich unbefangen hingab, diente ihr als Schutzschild. Sie lebte voll und ganz dem Augenblick, schon die nächste Minute kümmerte sie wenig. Mit

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