Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
Unterrichtsstunde.
    »Es ist ja nur eine harmlose Party«, sagte Arthur, während ich meine Sachen zusammensuchte und aufstand. »Bestimmt wird deine Mutter nichts dagegen haben.«
    Nein, ganz im Gegenteil, sie würde hellauf begeistert sein, dass ich so schnell Anschluss gefunden hatte. Und dann auch noch bei der beliebtesten Clique der ganzen Schule. Das war doch mal was anderes – und so viel besser als mit dem Kopf ins Klo getunkt zu werden.
    »Außerdem wärst du ja in Begleitung deines neuen verantwortungsvollen großen Bruders unterwegs, der auf dich aufpasst«, sagte Henry.
    »Ich kann ganz gut auf mich selbst aufpassen«, gab ich zurück.
    »Richtig!« Jasper gluckste amüsiert. »Du kannst ja Kung-Fu.«
    Ich hatte mich bereits zum Gehen gewandt, erstarrte jetzt aber mitten in der Bewegung. Wie bitte?
    Jasper gluckste noch lauter. »Was guckt ihr denn so komisch? Hat sie doch selber gesagt auf dem Friedhof, wisst ihr nicht mehr? Oder ist das jetzt wieder so ein Nachtwächterding?«
    Die anderen guckten ihn in der Tat komisch an, bis auf Henry, der guckte mich an. Viel aufmerksamer, als mir lieb war.
    Ich bemühte mich um einen neutralen Gesichtsausdruck, aber ich fürchtete, dass mir das nicht besonders gut gelang. Mein ganzer Körper hatte sich mit Gänsehaut überzogen. Das war nicht möglich … das konnte gar nicht sein.
    »Auf was für einem Friedhof?«, fragte ich reichlich spät.
    »Ach, hör nicht auf mich«, sagte Jasper fröhlich. »Ich rede nur dummes Zeug.« »Allerdings«, sagte Grayson mit einem schiefen Grinsen, und Arthur verdrehte die Augen und lachte. Nur Henry verzog keine Miene.
    Okay. Keine Panik. Nachdenken konnte ich später. Erst mal weg hier.
    »Ich muss los.« Ich ignorierte Henrys durchdringenden Blick, klemmte mir meine Sachen unter den Arm und lief Richtung Tür. »Doppelstunde Spanisch.«
    »Que te diviertas« , sagte Arthur hinter mir her.
    »Bis später mal«, murmelte Grayson, und das Letzte, das ich hörte, bevor ich die Bibliothekstür hinter mir schloss und hysterisch nach Luft rang, war Henrys Stimme, die sagte: »Jas – du solltest wirklich aufhören, dich am Tablettenschrank deiner Mutter zu bedienen.«

12.
    Gut, dann besahen wir uns doch noch einmal in aller Ruhe die Fakten. Ich hatte einen wirren Traum gehabt, der auf dem Highgate-Friedhof spielte und eine Art Geisterbeschwörung beinhaltete, in deren Verlauf ich unglücklicherweise auf einem Altar in der Mitte eines brennenden Drudenfußes gelandet war. So weit, so verrückt. Aber keineswegs ungewöhnlich. Nur dass sich Jasper an etwas erinnern konnte, das ich in diesem Traum gesagt hatte – das war ungewöhnlich. Nein, es war sogar unmöglich. Jasper konnte nicht dasselbe geträumt haben wie ich.
    Aber woher wusste er dann, was ich in meinem Traum auf dem Friedhof gesagt hatte?
    Was pflegte Sherlock Holmes immer zu sagen? Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag. Nur, was blieb übrig, wenn man das Unmögliche eben nicht ausschließen konnte?
    Es war ja nicht nur diese eine Bemerkung, die mich stutzig machte. Ich hatte schon am Morgen so ein komisches Gefühl gehabt, bei Jaspers Gefasel meine Haare betreffend, und dann die Sache mit Henrys Namen. Und was war mit Christina Rossetti und Graysons »Tattoo« – alles bloß merkwürdige Zufälle und das Werk meines genialen Unterbewusstseins? Wohl kaum.
    Nein, es lag auf der Hand: Mit diesem Traum stimmte etwas nicht. Ich hatte nicht nur ungewöhnlich klar geträumt, sondern auch von Dingen, die ich gar nicht wissen konnte, von Orten, an denen ich noch nie gewesen war – und das Schlimmste war: Ich hatte es nicht allein geträumt. Und genau da lag die Schleiereule begraben: Das Interesse von Graysons Freunden und Arthurs Einladung hatte mir zwar geschmeichelt, doch nun glaubte ich nicht mehr an pure Nettigkeit. Sie wollten irgendwas von mir – und es hatte nichts mit meinem Charme zu tun, sondern mit diesem Traum.
    Aber, wie gesagt, das war unmöglich. Was ich auch dachte – am Ende eines jeden Gedankenganges stand das Wort »unmöglich«, wie eine unüberwindbare Mauer. Zwölf Stunden später hatte ich deshalb immer noch keine befriedigende Erklärung gefunden, dafür aber schlimme Kopfschmerzen.
    Seit Stunden saß ich im Bett und fürchtete mich vor dem Einschlafen. Ich hatte Lottie das iPad abgeluchst, aber selbst das allwissende Internet hatte keine Antworten für

Weitere Kostenlose Bücher