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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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aber weiter keinerlei Beachtung, sondern beugte sich nach vorne und brüllte: »Das war ein Foul, Schiri! Hast du Tomaten auf den Augen?«
    Ich hatte mein Gleichgewicht wiedergefunden und sah mich neugierig um. Aha – eine Sporthalle. Ich stand auf der Treppe einer vollbesetzten Zuschauertribüne. Auf dem Spielfeld vor mir fand ein Basketballspiel statt, und es war nicht schwer zu erraten, dass es sich bei den Jungs in den schwarz-roten Trikots um die Frognal Flames handelte. Gerade fing Arthur einen Ball von Grayson, passte ihn weiter zu Henry, der dribbelte geschickt am Gegner vorbei und warf den Ball Jasper zu, der direkt unter dem Korb in die Höhe sprang und den Ball beim Abwärtsgleiten souverän im Korb versenkte. Die Zuschauer jubelten. Laut Anzeigentafel lagen die Frognal Flames mit achtzehn Punkten in Führung. Das sah nach einem erdrutschartigen Sieg aus. Zwei Zuschauer rückten bereitwillig ein Stück zur Seite, als ich mich in der ersten Reihe niederließ, gleich hinter der Bank für die Ersatzspieler. Wenn ich mich umdrehte, sah ich am Ende der Treppenstufen immer noch Graysons Tür. Außer mir schien sich aber niemand daran zu stören, dass sich mitten an der Turnhallenwand eine Haustür befand. Auch mich beachtete keiner, als wäre es völlig normal, barfuß und im Nachthemd zu einem Basketballspiel zu erscheinen. Ich wusste zwar nicht genau, was ich erwartet hatte, aber ich spürte, wie sich Erleichterung in mir breitmachte. Das hier war auf jeden Fall angenehmer als ein Friedhof bei Nacht mit gruseligen Geisterbeschwörungen. Beinahe entspannt beobachtete ich das Spiel. Zuerst wirkte es nicht so, als hätte die gegnerische Mannschaft auch nur die geringste Chance gegen die grandios auftretenden Frognal Flames, aber dann fing Grayson an, Fehlpässe zu werfen und den Ball zu verlieren, und die Gegner holten auf. Ich verstand nicht viel von Basketball, aber soweit ich das beurteilen konnte, spielte Grayson plötzlich unfassbar schlecht. Er verfehlte den Korb, gab den Ball nicht mehr an die eigenen Leute ab und beging ein unnötiges Foul nach dem anderen. Die Zuschauer buhten ihn aus. Jemand schrie: »Spencer, du Oberflasche, geh doch nach Hause!«, und warf eine Cola-Dose auf das Spielfeld. Grayson sah todunglücklich aus, aber er vergeigte weiterhin systematisch jeden Spielzug. Die Fans der gegnerischen Mannschaft johlten und riefen: »Nummer fünf ist unser Mann!«
    Es war wirklich kaum mit anzusehen. Aber erst als es 63:61 für die anderen stand, nahm der Trainer der Frognal Flames eine Auszeit und tauschte Grayson gegen einen anderen Spieler aus. Mit eisiger Miene nahm er ihn in Empfang, als er mit hängenden Schultern vom Spielfeld getrottet kam. In dem Lärm konnte ich nicht verstehen, was er zu Grayson sagte, aber die Verachtung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Grayson schien den Tränen nahe und wollte sich offenkundig entschuldigen, aber der Trainer hatte sich bereits abgewandt, um taktische Befehle über das Spielfeld zu brüllen. Grayson war ab jetzt nur noch Luft für ihn.
    Ohne Grayson schien es für die Flames wieder besser zu laufen, doch wie es aussah, gelang es der Mannschaft nicht mehr, das Ruder herumzureißen. Mit unendlich beschämtem Gesichtsausdruck ließ Grayson sich auf die Reservebank fallen, und dort rückten die anderen Spieler von ihm ab, als hätte er eine ansteckende Krankheit.
    Er vergrub seinen Kopf in einem Handtuch.
    Obwohl es nur ein Traum war, tat er mir ehrlich leid. Ich beugte mich vor und klopfte ihm von hinten auf die Schulter. »Hey! Es ist doch nur ein Spiel«, versuchte ich ihn zu trösten.
    Sehr langsam hob er seinen Kopf und drehte sich zu mir um. »Es ist nicht nur ein Spiel«, sagte er. »Es ist das Spiel. Und ich hab’s vermasselt!«
    »Na ja …« Das stimmte leider. Er hatte es total vermasselt. »Aber ist es ist trotzdem nur ein Spiel zwischen zwei Highschool-Mannschaften.«
    »Bei dem ich versagt habe.« Seine Blicke wanderten die Ränge entlang. »Klar, dass du dabei auch noch zugucken musstest. Und Emily – sie schaut nicht mal zu mir hin, so sehr schämt sie sich für mich.«
    »So eine blöde Kuh«, sagte ich spontan und folgte seinem Blick. »Welche ist es denn? Die Dunkelhaarige mit dem blauen Pulli neben Florence?« Ich stockte kurz. »Und ist das etwa Henry , der da die Treppe runterkommt? Moment mal!« Ich drehte mich wieder zum Spielfeld um. Da passte Henry den Ball gerade zu Jasper. Ich schaute zurück zur Treppe. Nein, kein Irrtum,

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