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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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hassen, seit ich wusste, dass ihre Mutter an Huntington gestorben war. Und wie schrecklich musste es gewesen sein, nicht zu wissen, ob sie und Grayson das Gen in sich trugen? Als Hamlet »Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Eure Schulweisheit sich erträumen lässt« sagte, musste ich heftig nicken. Wie wahr, wie wahr.
    Alles in allem war es ein schöner Tag gewesen, auch wenn ich lieber Highgate besichtigt hätte oder durch Notting Hill geschlendert wäre, aber das konnte man ja noch nachholen – ohne Ernest. Die Stunden waren nur so verflogen, ich hatte kaum Zeit gehabt, über Dämonen, Wünsche, Träume und Küsse nachzudenken, geschweige denn, übersichtliche Schaubilder zu erstellen. Hundemüde war ich nach »Hamlet« (»Der Rest ist Schweigen.«) ins Bett gekippt und hatte wunderbar geschlafen, nicht ganz traumlos zwar, aber tief und fest und mit der Gewissheit, dass niemand mehr durch die grüne Tür gelangen konnte, wenn ich es nicht wollte. Auch Henry nicht, dessen Haar dort drüben in der Sonne glänzte wie flüssiger Waldhonig.
    Oh nein, hatte ich das gerade wirklich gedacht? Flüssiger Waldhonig – hallo ? Ich biss mir beschämt auf die Unterlippe und war einmal mehr dankbar, dass niemand meine Gedanken lesen konnte.
    Immerhin atmete ich einigermaßen normal, was man von Persephone nicht behaupten konnte. Erst als meine Dämonenbeschwörer sich zu Florence und Emily an den Tisch gesetzt hatten, löste sich Persephones Erstarrung. Sie holte tief Luft. »Wie gesagt – träumen ist erlaubt«, wiederholte sie dann, als wäre nichts gewesen. »Aber man muss Realist bleiben.«
    Himpelchen seufzte sehnsüchtig. »Dieser Arthur Hamilton ist so unglaublich schön! Ich kriege jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich ihn sehe. Aber Henry Harper ist auch total süß. Und sexy.«
    »Er wäre noch süßer, wenn er mal was mit seinen Haaren machen würde«, sagte Persephone. »So wie Jasper – der ist immer perfekt gestylt. Ich finde überhaupt, Jasper sieht von den vieren am männlichsten aus. Irgendwie erwachsen.«
    »Ja, und so benimmt er sich auch«, murmelte ich.
    »Ich finde Grayson am hübschesten«, sagte Pimpelchen. »Gleich nach Arthur, meine ich. Er guckt immer so lieb, und er hat total schöne braune Augen.«
    »Ja, das stimmt. Wie dunkles Karamell«, sagte ich und zuckte im gleichen Moment zusammen. Oh Gott, ich musste hier weg – dieses Geplapper war ansteckend. Abrupt schob ich meinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich hab ganz vergessen, dass ich meiner Schwester noch was Wichtiges … äh … – wäret ihr so lieb und würdet mein Tablett nachher für mich wegbringen? Danke.« Ohne eine Antwort abzuwarten, trat ich die Flucht an mit einem weiten Umweg, einem Riesenbogen um den Tisch, an dem Henry und die anderen saßen.
    Mia staunte nicht schlecht, als ich in der Cafeteria der Unterstufe auftauchte und mich an ihren Tisch fallen ließ. Nicht ohne Besitzerstolz in der Stimme stellte sie mich ihrer Sitznachbarin vor, Daisy Dawn.
    Daisy Dawn war hocherfreut, mich kennenzulernen. Wo ich doch Mias Schwester war und im Tittle-Tattle-Blog so häufig Erwähnung fand.
    »Wir reden gerade über den Herbstball«, teilte sie mir mit leuchtenden Augen mit. »Lacey sagt, dass sie von Hannah gehört hat, dass Anabel Scott extra für den Ball aus der Schweiz kommen wird. Damit Arthur nicht mit einem anderen Mädchen hingehen muss. Ich bin so gespannt, was sie dieses Jahr für ein Kleid tragen wird – das letzte war dunkelrot, mit Samt, total schön.«
    Ich stöhnte. Das durfte doch nicht wahr sein. Die Seuche hatte längst um sich gegriffen.
    »Okay, ich muss dann mal wieder los. War nett, dich mal kennenzulernen, Daisy Dawn.«
    Noch in der Cafeteria und mit Mias verdutztem Blick im Rücken verfiel ich in Laufschritt, im Gang begann ich zu rennen. Ein bisschen atemlos kam ich schließlich bei meinem Spind an und gab den vierstelligen Code ein, mit dem sich das Schloss öffnen ließ. Der kleine Sprint hatte mir gutgetan, die Zuckerwatte hatte sich aus meinem Gehirn verzogen.
    »Vier, drei, zwei, eins? Keine besonders sichere Kombination, würde ich sagen.« Ich fuhr herum. Henry! War er nicht eben noch in der Cafeteria gewesen?
    »Nur zu! Raub mich aus«, sagte ich schnell, bevor ich rot werden oder irgendwas Schwülstiges über graue Augen oder Waldhonighaare denken konnte. »Wir hätten da ein wahnsinnig wertvolles Mathebuch über Funktionen und Gleichungen, ein Paar Turnschuhe Größe 38 und ein

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