Das erste Gesetz der Magie - 1
Sie schluckte. Giller verließ sich darauf, daß sie das Kästchen nach draußen brachte. Es gab keinen anderen Ausweg. Sie versuchte zu überlegen, was Giller tun würde.
»Also gut«, sagte sie endlich, »es ist kalt heute nacht. Ich würde sowieso lieber drinnen bleiben.«
»Na siehst du. Jetzt kannst du heute nacht im Schloß bleiben«, sagte der normale Posten.
»Wie heißt du?« fragte Rachel.
Er wirkte ein wenig überrascht. »Reid, Ulan der Königin.«
Rachel zeigte mit der Puppe in der Hand auf den anderen Posten. »Und du?«
»Walcot, Ulan der Königin.«
»Die Ulanen der Königin Reid und Walcot«, wiederholte sie für sich. »Gut, ich glaube, das kann ich behalten.« Dann zeigte sie auf den Neuen. »Und wie heißt du?«
Er hakte die Daumen in seinen Gürtel. »Wozu willst du das wissen?«
Sie drückte Sara an ihre Brust. »Die Prinzessin hat mich angeschrien und mich für die Nacht rausgeschmissen. Wenn ich nicht gehe, wird sie fuchsteufelswild und schlägt mir den Kopf ab, weil ich nicht getan hab’, was sie gesagt hat. Deshalb will ich ihr sagen, wer mich nicht rausgelassen hat. Ich will eure Namen wissen, damit sie nicht denkt, ich hätte mir das ausgedacht, und sie euch selber fragen kann. Ich habe Angst vor ihr. Jetzt läßt sie Leuten auch schon die Köpfe abschlagen.«
Die drei wichen erschrocken einen Schritt zurück und sahen sich an. »Es stimmt«, meinte Reid, der Ulan der Königin, zu dem Neuen. »Die Prinzessin wird allmählich wie die Mutter. Ein nettes Früchtchen. Kein Wunder. Die Königin macht ihr mächtig Druck, damit sie erwachsen wird.«
»Keiner verläßt das Schloß. So lautet unser Befehl.«
»Also wir beide sind dafür, die Befehle der Prinzessin zu befolgen.« Ulan Reid drehte sich ein Stück zur Seite und spuckte. »Wenn du darauf bestehst, sie drinnen zu lassen, einverstanden, solange klar ist, wessen Kopf auf dem Block landet. Wenn es soweit kommt, haben wir dir gesagt, du sollst sie rauslassen, genau wie die Prinzessin es befohlen hat. Auf den Block gehen wir nicht mit dir.« Der andere, Walcot, nickte. Er war derselben Ansicht. »Jedenfalls nicht, weil ein kleines Mädchen, kaum größer als so, uns gedroht hat.« Er hielt die Hand in Höhe ihres Kopfes. »Ich werde ihnen jedenfalls nicht erklären, wieso drei kräftige Soldaten wie wir sich einig waren, daß sie gefährlich ist. Es ist dein Befehl, aber dich kostet es den Kopf und nicht uns, wenn du dich der Prinzessin widersetzt.«
Der Neue blickte auf sie herab. Er wirkte ziemlich aufgebracht. Er sah die beiden anderen eine Weile an, dann wieder sie. »Na schön, es steht ja wohl fest, daß sie keine Bedrohung darstellt. Der Befehl war als Schutz vor Bedrohungen gedacht, ich denke also…«
Ulan Walcot wollte den schweren Riegel an der Tür heben.
»Aber ich will wissen, was sie da hat«, sagte der Neue.
»Nur mein Abendessen und meine Puppe«, sagte Rachel und tat, als sei es ohne jede Bedeutung.
»Laß mal sehen.«
Rachel legte das Bündel auf den Boden und löste die Knoten. Sara gab sie ihm.
Er nahm Sara in seine große Pranke, drehte sie, musterte sie. Er stellte sie auf den Kopf und hob ihr Kleid mit seinem dicken Finger. Rachel trat ihm vors Schienbein, so fest sie konnte.
»Laß das! Hast du denn gar keinen Anstand?« brüllte sie.
Die beiden anderen Wachen grölten. »Irgendwas Gefährliches darunter entdeckt?« fragte Reid.
Der Neue sah die beiden anderen an und gab ihr Sara zurück. »Was hast du sonst noch?«
»Hab’ ich doch gesagt. Mein Abendessen.«
Er wollte sich vorbeugen. »So ein kleines Ding wie du braucht ja wohl kein ganzes Brot.«
Rachel rammte die Hand in die Tasche und schloß ihre Hand fest um den Feuerstab. Sie holte ihn raus und war bereit.
»Das ist meins!« schrie sie. »Laß die Finger davon!«
»Laß sie doch«, meinte Walcot zu dem Neuen. »Die kriegt wenig genug. Oder hast du den Eindruck, die Prinzessin überfüttert sie?«
Der Neue richtete sich auf. »Wohl kaum.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Geh schon. Mach, daß du wegkommst.«
Rachel steckte den Feuerstab zurück in die Tasche und knotete das Tuch über dem Brot und dem Essen wieder zusammen, so schnell sie konnte. Mit der einen Hand drückte sie Sara fest an sich und mit der anderen, ebenso fest, das Bündel. Dann huschte sie durch die Beine der Männer zum Tor hinaus.
Als sie hörte, wie es sich mit einem lauten, metallischen Klingen hinter ihr schloß, fing sie an zu rennen. Sie rannte so
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