Das erste Gesetz der Magie - 1
kaum fassen. In seinem ganzen Leben war er noch nie so glücklich, so erleichtert gewesen. Statt zu antworten, streckte er die Arme aus, zog sie an sich und drückte sie fest. Einen kurzen Augenblick legte sie den Kopf an seine Brust und schlang die Arme um ihn. Dann entzog sie sich ihm wieder.
»Richard, da ist noch etwas. Bevor du mich wieder aufnimmst, mußt du erst den Rest hören. Ich kann nicht mehr. Ich muß dir etwas über mich erzählen. Wer ich bin. Es zerreißt mir das Herz, denn angeblich bin ich doch dein Freund. Ich hätte es dir von Anfang an erzählen sollen. Noch nie hatte ich einen Freund wie dich. Ich will dich nicht verlieren.« Sie wich seinem Blick aus. »Aber jetzt kann ich nicht mehr anders«, fügte sie kaum hörbar hinzu.
»Kahlan, ich hab’ dir schon einmal gesagt, du bist mein Freund, und nichts kann daran etwas ändern.«
»Dieses Geheimnis schon.« Sie ließ die Schultern hängen. »Es geht um Zauberei.«
Richard war nicht mehr so sicher, ob er ihr Geheimnis erfahren wollte. Er hockte sich vor das Feuer und nahm den Bratspieß mit dem Kaninchen in die Hand. Funken stiebten in die aufkommende Dämmerung. Er war stolz auf sie, weil sie das Kaninchen allein gefangen hatte, so wie er es ihr gezeigt hatte.
»Kahlan, es ist mir egal, was dein Geheimnis ist. Aber du bist mir nicht egal, und das ist alles, was zählt. Du brauchst es mir nicht zu erzählen. Komm, das Kaninchen ist fertig. Komm und iß etwas.«
Er schnitt mit dem Messer ein Stück ab und reichte es ihr, als sie sich neben ihn auf den Boden setzte und sich die Haare aus dem Gesicht strich. Das Fleisch war heiß. Sie hielt es vorsichtig zwischen den Fingerspitzen und pustete darauf, um es zu kühlen. Richard schnitt auch für sich ein Stück ab und lehnte sich zurück.
»Als du Shota zum ersten Mal gesehen hast, hat sie da wirklich ausgesehen wie deine Mutter?«
Er sah in Kahlans feuerbeschienenes Gesicht und nickte, bevor er einen Bissen nahm.
»Deine Mutter war sehr schön. Du hast ihre Augen und ihren Mund.«
Richard mußte an sie denken und lächelte. »Aber in Wirklichkeit war es nicht sie.«
»Du hast dich also geärgert, weil Shota vorgab, jemand anderes zu sein? Weil sie dich getäuscht hat?« Sie biß ein Stück Fleisch ab und sog die Luft durch den Mund ein, denn es war noch immer heiß. Sie betrachtete ihn genau.
Richard zuckte mit den Achseln, plötzlich tat es ihm leid. »Ich glaube ja. Es war nicht fair.«
Kahlan kaute eine Weile, schluckte. »Deswegen muß ich dir erzählen, wer ich bin, auch wenn du mich deswegen vielleicht hassen wirst. Du bist mein Freund gewesen, und das, obwohl ich dir nicht die Freundin war, die du verdient hättest. Das ist der zweite Grund, weshalb ich zurückgekommen bin. Ich wollte nicht, daß du es von jemand anderem erfährst. Wenn du willst, gehe ich, nachdem ich es dir erzählt habe.«
Richard blickte in den Himmel, der allmählich Farbe bekam. Plötzlich wünschte er, Kahlan würde ihm nicht erzählen, was sie war, und alles könnte beim alten bleiben. »Keine Angst, ich schicke dich nicht fort. Schließlich haben wir etwas zu erledigen. Erinnerst du dich noch, was Shota gesagt hat? Die Königin wird das Kästchen nicht mehr lange haben. Das kann nur bedeuten, daß es ihr jemand wegnimmt. Besser wir als Darken Rahl.«
Kahlan legte ihm die Hand auf den Arm. »Du sollst dich erst entscheiden, wenn du mich angehört hast, wenn du weißt, wer ich bin. Wenn du danach willst, daß ich gehe, werde ich es verstehen.« Sie sah ihm fest in die Augen. »Richard, weißt du, ich habe noch nie jemanden so gemocht wie dich, und das werde ich auch in Zukunft nicht. Aber mehr wird daraus nicht werden. Nichts Gutes jedenfalls.«
Er weigerte sich, das zu glauben. Es mußte einfach einen Weg geben. Richard atmete tief durch. »Also schön, erzähl es mir.«
Sie nickte. »Erinnerst du dich noch, wie ich dir erzählt habe, einige Bewohner der Midlands seien Zauberwesen? Und daß sie diesen Zauber nicht aufgeben könnten, weil er ein Teil von ihnen sei?« Er nickte. »Nun, ich bin eines dieser Wesen. Ich bin mehr als nur eine Frau.«
»Und was bist du dann?«
»Ich bin ein Konfessor.«
Konfessor.
Richard kannte das Wort.
Jeder einzelne Muskel in seinem Körper verkrampfte sich. Ihm blieb die Luft weg. Das Buch der Gezählten Schatten kam ihm in den Sinn. Werden die Worte des Buches der Gezählten Schatten von einem anderen gesprochen als von dem, der über die Kästchen gebietet, so
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