Das erste Gesetz der Magie - 1
zu töten, müssen wir am Leben bleiben. Und es gibt eine Menge kleiner Schlangen, die uns vorher töten könnten.«
»Das ist uns längst klargeworden«, warf Richard ein. »Aber wie Kahlan gesagt hat, das ändert nichts. Wir brauchen noch immer das Kästchen, um Rahl zu töten.« Er setzte sich wieder neben sie.
Zedds Gesicht wurde todernst. »Denkt daran, Darken Rahl kann dich töten«, dabei richtete er seinen knochigen Finger erst auf Richard, dann auf Kahlan, »und dich«, und dann auf sich selbst, »und auch mich – problemlos.«
Richard lehnte sich ein Stück zurück. »Und warum hat er es bisher nicht getan?«
Zedd machte ein erstauntes Gesicht. »Läufst du in einem Zimmer umher und bringst alle Fliegen um? Nein. Du ignorierst sie. Du beachtest sie nicht. Bis sie stechen. Dann schlägst du sie tot.« Er beugte sich dichter zu den beiden heran. »Wir stehen kurz davor, ihn zu stechen.«
Richard und Kahlan sahen sich von der Seite an.
»Das erste Gesetz der Magie.« Richard merkte, wie ihm der Schweiß den Rücken hinunterrann. »Ich werde es nicht vergessen.«
»Und erzähle niemandem davon«, ermahnte ihn der Zauberer. »Nur Zauberer dürfen die Gesetze der Magie kennen. Manchmal kommen sie einem vielleicht zynisch oder trivial vor, aber wenn man weiß, wie man sie zu gebrauchen hat, sind es mächtige Waffen, denn sie sind wahr. Wahrheit ist Macht. Dir habe ich das verraten, weil ich das Oberhaupt der Zauberer bin und ich es für wichtig halte, daß du das begreifst. Du mußt wissen, was Rahl tut, denn wir drei sind es, die ihn aufhalten müssen.«
Richard und Kahlan erneuerten ihren Schwur mit einem Kopfnicken.
»Es ist schon spät«, gähnte Zedd. »Ich war lange unterwegs, um euch zu finden. Morgen reden wir weiter.«
Richard sprang auf. »Ich übernehme die erste Wache.« Er hatte noch etwas zu erledigen und wollte es hinter sich bringen, bevor irgend etwas geschah. »Nimm meine Decke, Zedd.«
»Schon erledigt. Ich übernehme die zweite Wache.« Die zweite von drei Wachen war die unangenehmste, denn sie teilte den Schlaf. Kahlan wollte protestieren und sich für die zweite Wache anbieten. »Ich habe mich zuerst gemeldet, meine Liebe.«
Richard zeigte auf die nackten Felsen, wo er sich aufhalten würde, nachdem er die Gegend abgesucht hätte, und zog los. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf, doch einer war wichtiger als alle anderen. Die Nacht war still und kalt, aber nicht unangenehm. Er ließ seinen Umhang offen und tastete sich zielbewußt zwischen den Bäumen hindurch. Die Geschöpfe der Nacht riefen einander, ihm fiel es kaum auf. An einer Stelle kletterte er auf einen Felsbrocken und blickte durch die Lücken zwischen den Bäumen zurück, beobachtete das Feuer und wartete, bis die beiden sich in ihre Decken gehüllt hatten. Dann ließ er sich vom Felsen hinuntergleiten und führte seinen Weg fort zu der Stelle, wo das Wasser rauschte.
Er suchte am Flußufer, bis er ein Stück Treibholz gefunden hatte, das für seine Zwecke groß genug war. Zedd hatte gesagt, er müßte immer den Mut haben, das zu tun, was für ihr Ziel erforderlich wäre, und bereit sein, einen der beiden zu töten, wenn es dazu käme. Richard kannte Zedd. Zedd wollte nicht einfach etwas klarstellen, er meinte, was er sagte. Zedd war fähig, ihn zu töten, und Kahlan auch, was noch wichtiger war.
Er holte den Zahn unter seinem Hemd hervor, zog die Lederschnur über seinen Kopf. Er wog den dreieckigen Zahn in der Hand, betrachtete ihn im Mondlicht und dachte an seinen Vater. Nur mit dem Zahn konnte Richard Zedd beweisen, daß sein Vater kein Dieb war, daß er das Buch an sich genommen hatte, um es vor Darken Rahl zu schützen. Wie gerne hätte Richard Zedd erzählt, daß sein Vater ein Held war, der sein Leben geopfert hatte, um Rahl aufzuhalten, und der als Held gestorben war, um sie alle zu schützen. Er wollte, daß sein Vater wegen seiner Taten in Erinnerung blieb. Er wollte es Zedd erzählen.
Aber er konnte es nicht.
Der Zauberer wollte, daß das Buch der Gezählten Schatten zerstört wurde. Aber das Buch war jetzt Richard. Shota hatte ihn gewarnt, Zedd würde das Zaubererfeuer gegen ihn einsetzen, aber er hätte eine Chance, ihn zu schlagen. Vielleicht war dies der Weg. Um das Buch zu zerstören, mußte Zedd Richard töten. Er selbst war sich egal, er hatte keine Ziele mehr, der Tod war ihm gleichgültig.
Kahlans Tod dagegen nicht. Wüßte Zedd, daß Richard das Buch in sich trug, würde er ihn
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