Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Brust verschränkt.
»Was wollt Ihr?«, fragte ich ihn barsch.
»Euch warnen, alter Mann. Haltet Euch zurück, und niemandem wird etwas geschehen. Es ist nicht alles so, wie Ihr denkt, aber wenn das Zeichen zu sehen ist, wird sich alles weisen!«
»Das Zeichen des Wolfs?«, fragte ich ihn, und er sah mich überrascht an.
»Woher wisst Ihr das? Ihr könnt das nicht wissen! Aber es ist wahr, sobald es sichtbar ist, werden sich die Dinge fügen!«
»Ich …« So ganz wusste ich nicht mehr, was ich ihm antworten wollte, irgendetwas in dem Sinne, dass er sich dann besser wohl auch zurückhalten sollte, als der Schrei ertönte. Ich erkannte die Stimme. Sieglinde.
Er schien genauso überrascht wie ich, als er sich von der Wand abstieß und losrannte; ich folgte ihm auf den Fersen. Unter seiner Hand flog die Tür zum Gastraum auf, schlug gegen die Wand und wurde dort von seinem Fuß gehalten, als er in der Tür stehen blieb. Es wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, ihm von hinten die Kehle durchzuschneiden, wäre ich nicht so sehr damit beschäftigt gewesen, über seine Schultern hinweg zu erkennen, was sich gerade im Gastraum abspielte.
Zuerst dachte ich, es wären neue Gäste, auch wenn ich keine Erklärung hatte, wo diese herkommen könnten, dann erst erkannte ich den Herrn Baron, seine zwei schüchternen Töchter und die Wachen. Alle waren für den Kampf und eine Reise gewappnet: warme, dunkle Umhänge mit Kettenmänteln darunter, auch die scheinbar scheuen Töchter.
Mit ihnen im Bunde waren die drei anderen Söldner, die sich so still und ruhig verhalten hatten, sowie Janos’ Männer. Sie standen an einer Seite der Gaststube, auf der anderen Seite waren die restlichen Gäste versammelt, ein Haufen Waffen lag auf der Theke. Die beiden »Töchter« hielten leichte Armbrüste in den Händen, die anderen Wachen hielten Schwerter und Äxte bereit. Timothy lag regungslos hinter der Theke, aus meiner Position heraus konnte ich nicht sehen, ob er nur niedergeschlagen worden war oder tödlich verwundet.
Einer von Janos’ Männern hielt Sieglinde an den Haaren an die Wand gedrückt und küsste sie, während sie vergeblich versuchte, ihn zu schlagen und zu treten.
Mit einem weiten Schritt war Janos bei seinem Mann und riss ihn von ihr. »Ich sagte, sie ist mein!«
Der andere taumelte zurück, wischte sich das Blut von den Lippen und grinste. »Du warst nicht da.«
Janos drehte sich zu dem Mann um, der uns als Baron von Klemmfels vorgestellt worden war. »Was soll das? Wir hatten doch vereinbart …«
Der Mann unterbrach ihn. Es war die gleiche nasale Stimme, die wir vom Baron gewöhnt waren, aber ungleich kälter. Jetzt erst erkannte ich die Stimme aus meinem Traum wieder. Es war Balthasar, älter, vielleicht um zwei Dekaden, aber immer noch am Leben. Er war mir deshalb nicht aufgefallen, da der schlanke junge Mann von damals erheblich zugenommen hatte und von einem lästerlichen Leben mit tiefen Furchen gezeichnet worden war. Aber wie konnte das sein? Es waren Jahrhunderte vergangen! Doch die Stimme war unverkennbar.
»Es ist Zeit zu gehen. Die Zeichen stehen am Himmel, der Tempel ist wieder aktiv.«
Janos nickte widerwillig. »Gut, aber war das hier nötig? Es sind doch nur Schafe …« Er machte eine Geste, die die Situation im Raum einschloss.
»Schon wahr.« Der Baron machte einen Schritt zu den anderen Gästen, griff sich einen der Bergarbeiter und zog ihn zu sich heran. »Aber wenn sie sehen, was ihnen passieren kann, neigen sie zu Panikreaktionen, und das kann unberechenbare Folgen haben.«
Der Baron legte beide Hände an die Schläfen des Mannes, dieser wurde schlagartig still, und seine Augen rollten nach oben. Als der Baron ihn losließ, offenbarte sich uns ein erschreckender Anblick. Der junge Mann stürzte vor dem Baron zu Boden, und noch während er fiel, verwandelte sich sein junges Gesicht in eine alte Fratze, die Totenmaske eines Mannes, der über alle Maßen alt geworden war. Grauer Rauch strömte aus Nase, Mund und Ohren der ausgetrockneten Hülle. Der Baron atmete tief ein und lächelte.
»Nekromant«, sagte Zokora mit Abscheu in der Stimme. Sie war die Erste, die überhaupt reagierte.
Die eine »Tochter« hob ihre Armbrust und drückte ab.
»Nein!«, rief Rigurd und warf sich dem Bolzen in den Weg. Wir sahen alle hilflos zu, wie der Bolzen in seine Brust einschlug und er niedersank. Fäuste wurden geballt, und die Schergen Balthasars erhoben drohend ihre Schwerter.
»Niemand macht
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