Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
gewesen. »Da habt ihr aber Glück gehabt.« Er blickte zu Torfjet hinunter und dann zu seinen Männern. »Schafft ihn raus!«
Ich sah ihm nach, wie er zu seinem Tisch hinüberging, blickte zu den Bergarbeitern, die vor Erleichterung in sich zusammensanken, und ging ebenfalls zurück zu unserem Tisch.
Leandra folgte mir. Sie hatte den Zahn schon wieder weggesteckt, als wir uns niederließen.
»Ich dachte, du bräuchtest dazu ein längeres Ritual.«
»Richtig«, sagte sie und lächelte. »Ich habe auch nichts anderes behauptet.«
»Und wenn Janos Recht hat?«
»Das glaube ich nicht.«
Ich war zu müde zum Denken. »Der Bergarbeiter ist der Einzige, der fehlt. Ich will nicht ausschließen, dass es hier jemanden gibt, den wir noch nicht gesehen haben, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass er wirklich der Werwolf war.«
»Das glaube ich auch«, sagte Leandra.
»Das verstehe ich jetzt nicht.«
»Du kannst wirklich kaum geradeaus schauen. Willst du dich nicht schlafen legen, und ich erzähle dir nachher, was ich herausgefunden habe?«
Ich nickte und machte es mir auf meinem Stuhl bequem. Der kurze Kampf mit dem Banditen Torfjet hatte mir den Rest gegeben, und all die Enthüllungen erschöpften mich zusehends; eine weitere hätte mich zu diesem Zeitpunkt schlichtweg überfordert.
»Willst du nicht hochgehen?«
Ich hätte ihr gerne erklärt, dass es mir zu kalt war, dass ich mich lieber unter Menschen befand, dass ich nicht allein schlafen wollte. All das dachte ich auch, aber ich war zu müde, um den Mund zu bewegen. Also schloss ich einfach die Augen.
Als ich wieder erwachte, saß Leandra neben mir, ebenfalls bequem mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Meine Kapuze war weit in mein Gesicht gezogen, wahrscheinlich damit mich das Licht der Öllampe nicht störte, die sich nun über und hinter uns auf einem Sims befand.
Ich schlug die Kapuze zurück und sah mich um. Es schien alles ruhig, sogar unsere Banditen verhielten sich gesittet und tuschelten an ihrem Tisch. Sieglinde war wieder da, und für einen Moment schien es, als wäre nie etwas geschehen. Es war ihr Lachen, das mich aus dem Schlaf geweckt hatte.
Sie schien gut aufgelegt und flirtete, und es wirkte nicht wie Schauspielerei.
»Hallo, schlafender Prinz«, sagte Leandra.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
»Es wird langsam wieder dunkel, ich schätze zwei bis drei Stunden.«
Ich streckte mich, fühlte mich dabei stocksteif, und mein Rücken tat weh. Auf einem Stuhl zu schlafen war etwas für junge Leute. Dennoch fühlte ich mich besser, als ich mich seit langer Zeit gefühlt hatte.
Ich winkte Sieglinde herbei. Sie lächelte mich munter an und versprach, den verlangten Braten schnell zu bringen.
Ich sah ihr hinterher. »Was ist denn mit ihr los?«
Leandra sah von dem Buch auf, schaute ebenfalls zu Sieglinde hinüber und dann zu mir. »Sie ist schon eine Weile so, seitdem sie am Mittag anfing zu arbeiten.« Sie zögerte. »Ich muss dir Recht geben, Havald, ihr Lachen und Flirten lockert die Stimmung wirklich auf. Nur weiß ich nicht, wie sie es macht. Es scheint, als habe sie jede Angst verloren.«
Ich schloss die Augen und massierte mir die Schläfen. »Ich hoffe nur, sie denkt nicht, dass die Lage unter Kontrolle ist. Janos hat den Zwischenfall vorhin provoziert.«
»Ich weiß.« Sie klappte das Buch zu und beugte sich zu mir. »Dieser Torfjet war ihm unangenehm, er war derjenige, der am meisten und lautesten protestierte und seine Entscheidungen anzweifelte. Er sah eine Gelegenheit und hat sie elegant ergriffen.«
»Ich hatte befürchtet, du hättest es nicht bemerkt.«
Sie lachte. »Am Hof sind solche Intrigen etwas, was man als Kind verstehen lernen muss, sonst ist man verloren. Willst du erfahren, was ich inzwischen herausgefunden habe?«
Timothy erschien mit einer großen Bratenplatte und einer Flasche Wein.
»Wenn es dich nicht stört, dass ich dabei esse. Ich komme um vor Hunger.«
»Nur zu. Anschließend«, sie lächelte geheimnisvoll, »habe ich noch etwas für dich, was dich aufmuntern wird.«
»Mach es etwas spannender, Sera. Wenn du mit allem gleich herausplatzt, wo ist da die Pointe?«
Sie lehnte sich zurück. »Ich kann auch gerne warten, bis ich deine volle Aufmerksamkeit besitze.«
Ich warf ihr einen Blick zu. Sie hob abwehrend die Hände. »Schon gut, Ser Ungeduld. Also, der Reihe nach. Ich habe ein wenig mit unseren ängstlichen Bergarbeitern geplaudert, und mittlerweile ist bestätigt, dass der Bergarbeiter
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