Das erste Jahr ihrer Ehe
war.
Vorbereitungen für eine Trauerfeier mussten getroffen werden.
Kurz wurde erwogen, noch eine Nacht in der Lodge zu bleiben. Aber Arthur wusste, dass er zu seinen Kindern musste, dass er Pflichten hatte – wie er sie sich nie gewünscht, nie vorgestellt hatte. Sie hatten nur das eine Fahrzeug. Ohne darüber zu sprechen, versuchte Patrick, einen anderen Wagen zu mieten, damit Arthur allein mit Saartje und Willem zurückfahren konnte. Aber es gab keine Fahrgelegenheiten, es sei denn, er und Margaret wollten bis zum nächsten Tag warten und dann den Bus nehmen. Patrick schüttelte den Kopf. Sie würden zurückreisen, wie sie gekommen waren.
Die Fahrt nach Langata war qualvoll. Willem saß am Steuer, wo sonst Diana gesessen hätte, Arthur neben ihm mit Dianas Sachen auf dem Schoß. Saartje und Margaret saßen in der Mittelreihe und Patrick verkroch sich ganz nach hinten, zweifellos dankbar, vermutete Margaret, für den Abstand zu den anderen. Saartje hielt sich die ganze Fahrt von Margaret abgewandt, sie würde, dachte Margaret, mit steifem Hals in Langata ankommen. Margaret musste von Zeit zu Zeit zwischen den beiden Männern hindurch zur Windschutzscheibe hinausschauen, sonst wäre ihr vom Fahren schlecht geworden. Einmal musste sie sich so weit erniedrigen, Willem zu bitten, an den Rand zu fahren, damit sie kurz im Gebüsch verschwinden konnte. Die Krämpfe hatten nicht nachgelassen. Sie wollte nur einschlafen und nach einem Monat wieder aufwachen.
Bisweilen schlug Arthur mit dem Kopf heftig an die Rückenlehne. Die Szene auf dem Gletscher suchte ihn wahrscheinlich immer wieder in ihrer ganzen Entsetzlichkeit heim. Manchmal schrie er laut auf; dann wieder senkte er nur den Kopf und weinte.
Nach der Ankunft in Langata gingen Saartje und Willem unverzüglich ins Große Haus, um Arthur zur Seite zu stehen, wenn er es seinen Kindern sagte, vielleicht auch um den Kindern beizustehen. Margaret hätte so gern auch auf irgendeine Weise geholfen. Sie sah ihnen nach, als sie davongingen, aber Patrick zog sie mit sich zum Cottage. Die Sachen würde er später holen, sagte er, und bestand darauf, dass Margaret sich erst einmal hinlegte.
Er sagte nicht, was er sagen wollte. Die Worte, die sie auf dem Berg im Kopf gehabt hatten, ließen sich nicht sagen, solange sie beide allzu heftig erschüttert waren. Dieses Gespräch würde erst am Morgen geführt werden.
Margaret lag in dieser Nacht schlaflos in ihrem Bett und konnte nicht glauben, dass das Unglück wirklich geschehen war. Eben noch ging über ihnen Diana und schlug Stufen ins Eis, und dann war sie weg. Einfach so. Weg.
Und Schuld daran hatte Margaret.
War es einer Frau, die sich die Aufmerksamkeit eines Mannes gefallen ließ, erlaubt, sich von ihm berühren zu lassen, obwohl sie nicht an Erwiderung dachte? Ging sie damit stillschweigend eine Abmachung ein, an die sie sich überhaupt nicht zu halten gedachte?
Hatte Margaret sich nicht schuldig gemacht, da sie doch deutlich erkennen konnte, dass jeder Austausch zwischen ihr und Arthur Diana kränkte oder schmerzte? Und sie war sicher, dass sie es erkannt oder auf jeden Fall gespürt hatte. Sie war überzeugt, dass ihr schleppendes Tempo beim Aufstieg Diana geärgert hätte, selbst wenn sie sie vorher nicht gekannt hätte. Sie war, daran erinnerte sich Margaret nur zu gut, eine Person gewesen, die es immer eilig hatte. Aber Margaret konnte sich nicht vorstellen, dass einzig diese beiden Gründe Diana dazu getrieben haben sollten, sich vom Seil loszumachen, wo sie doch die Gefahr kannte. (Und gerade auf dem Gletscher hatte nicht Margaret das Tempo verschleppt. Der Führer hatte es vorgegeben.)
Margaret konnte sich jedoch das weiße Rauschen der Wut in Dianas Kopf vorstellen und den leidenschaftlichen Wunsch, dem, was sie kränkte, zu entfliehen, zumal es etwas war, was sie als unter ihrer Würde empfand (war das der Grund, warum sie ganz oben hatte gehen müssen?) und dadurch noch bitterer schmeckte. Dies zusammen mit einem beinahe verzweifelten Drang, allen anderen voraus zu sein, schien Margaret der logische und wahre Grund dafür, dass Diana die riskanteste Tat ihres Lebens wagte. Niemals hätte sie sich vom Seil abgekoppelt, wäre sie ganz bei Verstand gewesen, hätte nicht das weiße Rauschen jeden klaren Gedanken, jede Vernunft verschluckt. Diana war noch nie auf dem Mount Kenya gewesen, man konnte also nicht behaupten, dass ihr das Terrain vertraut war und sie sich auf dem Gletscher sicher gefühlt hatte.
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