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Das erste Mal und immer wieder

Das erste Mal und immer wieder

Titel: Das erste Mal und immer wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Moos
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Waren wir aus, wurde er wütend, wenn mich nur jemand anlächelte. Sofort vermutete er dahinter eine meiner Eskapaden und sah den imaginären Wunsch, diese Bekanntschaft wieder aufleben zu lassen. Schlimmer war es, wenn er Alkohol getrunken hatte. Teilweise wurde er richtig ausfallend. Natürlich versöhnten wir uns jedes Mal rasch und heftig.
    Nachts, wenn die Kinder schliefen, fielen wir übereinander her. Wir verschmolzen in Nässe und Schweiß, wir liebten uns die Seele aus dem Leib. Wir tauchten ineinander. Fielen wir in den Schlaf, dann meist aus Erschöpfung von der körperlichen Liebe, die uns wie in einem Rausch gefangen hielt, eine animalische Anziehungskraft, die uns gefangen nahm in einem süßen Traum von Liebe und Einigkeit. In dem Glauben, dass unser beider harter Kampf der letzten Jahre endlich sein Ziel gefunden hatte. Ein Ziel, das wir verdient hatten, eine Straße, die zu Ende war.
    Stefan fing bald wieder an zu arbeiten und zog zu uns. Alles ging rasend schnell, und ich genoss seine volle Aufmerksamkeit, seine ganze Liebe. Er war ein wundervoller Vater, und bald sagten beide meiner Söhne »Papa« zu ihm. Mein Herz ging auf und weitete sich angesichts der glücklichen Kinder, die auf ihm ritten und mit ihm balgten. Nichts schien unser Glück zu trüben. Bis auf eines. Ich hatte kein Geld mehr. Meine Barschaft ging zur Neige, und entsetzt sah ich dem Tag entgegen, an dem ich wieder pleite sein würde. Ich sprach mit ihm, und sofort übertrug er mir volle Gewalt über sein Gehalt. Die Möglichkeit, dass ich mir eine Arbeit suchte, kam ihm niemals in den Sinn. Er liebte uns und wollte uns ernähren. So kannte er es, so war es immer, und so sollte es bleiben.
    Die Liebe und das Glück lullten uns ein. Manchmal, wenn Stefan tagsüber arbeiten war, kam mich Laura besuchen. Sie verstand nicht, weswegen ich gar nicht mehr kommen wollte, und sah der Sache argwöhnisch entgegen. Bald zeigten sich jedoch die ersten Schatten. Stefan verdiente gut, aber die Wohnung war edel und teuer. Hatte ich nur noch tausend Mark, wurde ich hysterisch und schrie ihn an, dass ich kein Geld mehr hätte. Ich tätigte Hamstereinkäufe, schleppte tütenweise Lebensmittel und anderes Zeug in die Wohnung. Wahllos schlenderte ich durch die Boutiquen und hatte bald Klamotten in jeder Farbe mit den passenden Schuhen dazu.
    Das Geld reichte nie länger als 14 Tage, und ich fing wieder an zu stopfen, zu schieben und zu verdrängen. Stefan sah das nicht. Er arbeitete jeden Tag von früh bis spät und half am Wochenende Bekannten und brachte immer wieder extra Geld mit. Aber es war mir nie genug. Angewohnheiten wie Solarium, Maniküre, Friseur und Seidenstrümpfe konnte ich mir bald nicht mehr leisten. Trotzdem versuchte ich meinen Lebensstandard aufrechtzuerhalten und war überzeugt davon, dass ich arbeiten müsse. Wir sprachen nächtelang über dieses Thema.
    Stefan war uneinsichtig und rechnete mir wieder vor, dass es uns »gut gehen müsste«. Er hatte Recht. Aber ich reagierte gehässig und zerstörerisch. Lebten wir ansonsten in einer heilen Welt, dampften die Kohlen im Keller. Chrissi war nun ein Hortkind. Stolz verließ er am Vormittag das Haus und kehrte als Großer am Abend zurück. Steffen war immer bei mir. Ihm blieben meine Spannungen und Wutausbrüche nicht verborgen. Er wurde zusehends unruhiger.
    Bald sah Chrissi Stefan als seinen Vater an und vermisste nichts. Ich hatte nun regen, innigen Kontakt mit meiner einstigen Schwiegermutter, sie mochte Stefan als geradlinigen, verantwortungsbewussten Menschen, und ich hatte nichts dagegen, dass der kleine Chrissi sehr oft bei ihr war. In den Ferien, am Wochenende war er fast immer dort. Später nahm er von alleine an, dass dies meine Eltern sein müssten.
    Jörg hatte sich mit seinen Eltern zerstritten und tauchte dort niemals auf. Auch geredet wurde von ihnen nicht, und so lebte der kleine Junge in der Gewissheit, dass dies eben meine Eltern wären und die Eltern von Stefan die anderen Großeltern.
    Die Wochen zogen ins Land. Wir liebten uns, aber wir hatten immer öfter Streit des Geldes wegen. Stefan registrierte meine Gewalteinkäufe und stellte mich zur Rede. Ich begann Sachen zu verstecken, hortete an den unmöglichsten Stellen T-Shirts und Erbsenkonserven. Ich verstand mich selbst nicht, aber es war ein Muss für mich, ständig irgendetwas einzukaufen.
    Der erste große Knall kam, als ein Brief des Vermieters die ausstehende Miete einforderte. Stefan fiel aus allen

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