Das erste Mal und immer wieder
Sohn. Die Beziehung zu dem Vater steckte momentan in einer Sackgasse, aber sie lebte in der Gewissheit, es hinzukriegen.
Und beinahe hätten wir es auch geschafft. An einem Punkt, an dem alles wirklich hätte gut werden können, machte uns das Leben einen Strich durch die Rechnung. Stefan wurde zum Bund eingezogen! Wir fluchten und telefonierten, stießen jedoch auf taube Ohren. Stefan hatte die Vaterschaft noch nicht offiziell anerkannt. Daran hatten wir gar nicht gedacht. Wir versuchten alles nachzuholen, aber es war zu spät. Man verwies mich an dieselbe Behörde, die ich schon durch meine Ehe kannte, und an weitere Hilfsangebote für außergewöhnliche Lebensumstände. Ich bekam das Kotzen. Ich rastete aus. Ich drehte fast durch. Ich heulte und schrie und war außer mir.
Stefan war wie gelähmt, konnte meine Reaktion jedoch nachvollziehen. Er litt sehr, denn er wollte weder von uns getrennt sein noch wollte er, dass es uns finanziell schlecht erging. Nachts hielt ich mich an ihm fest, suchte Schutz an seinem Körper und wollte nicht wieder alleine sein.
Drei Monate musste er in eine weit entfernte Stadt. Unser Geld würde kaum für die Fahrkarten am Wochenende ausreichen. Und selbst die hatte er nicht immer frei. Ich kannte das noch von Jörg. Ich hatte Angst, schlief nicht mehr, und es war mir plötzlich unvorstellbar, ohne ihn zu sein. Und Stefan handelte. In seiner Not wusste er nicht, wie er mich beruhigen konnte, noch wie er mit gutem Gewissen abfahren sollte. Er bat mich um meine Hand. Er wollte mich heiraten, mir Sicherheit geben. Und ich sagte ja.
Ich heiratete in Weiß. Stefan war evangelisch. So konnte ich trotzdem, da die katholische Kirche meine Scheidung von Jörg nicht anerkannte, noch einmal kirchlich heiraten. Stefan wünschte es sich so. Es war ja auch seine erste Heirat, und ich gönnte es ihm. Und ich gönnte es mir. Unbeschreiblich glücklich schritt ich den Gang zum Altar entlang. Meine beiden Söhne in niedlichen kleinen Anzügen streuten die Blumen. Es war nur eine kleine Hochzeit. Stefans Familie war da, und ein paar meiner besten Freunde waren gekommen. Tanja mit ihren Kindern und Laura natürlich auch. Mein Bruder war erschienen, stolz mit seiner mittlerweile Angetrauten und seinem kleinen Sohn. Ich setzte den Schleier auf meine erneut geröteten Haare und tanzte die ganze Nacht ins Glück hinein … wie ich dachte …
Nach Stefans Abreise war ich tagelang wie gelähmt. War ich jetzt wieder Ehefrau, so war ich doch alleine. Stefan bemühte sich sehr, rief an, wenn wir Geld dazu hatten, und schrieb jede Woche lange Briefe. Er versuchte, da zu sein, auch wenn er es nicht war. Am schlimmsten war es abends, wenn die Kleinen schliefen.
Ich vermisste meine Freundinnen aus dem Club, vermisste die Sorglosigkeit und vermisste das Ambiente meiner Arbeit. Natürlich dauerte es nicht lange, und es wurde finanziell wieder mehr als eng. Die Rechnungen stapelten sich wie gewohnt, und ich wurde unausgeglichen, ängstlich und nervös. Prompt veränderte sich Steffen genauso negativ, was den Teufelskreis wieder in Gang setzte. Waren die ersten Wochenenden, die Stefan nach Hause kam, mit langen Liebesspielen, Zärtlichkeiten und fröhlichem Lachen erfüllt, änderte sich das bald. Ich begann mir Bekannte zu suchen, die in der Nähe lebten, und zog hin und wieder um die Häuser. Stefan wurde auch nach drei Monaten nicht in unsere Stadt versetzt, und bald lebte ich irgendwie in meinem eigenen Kreis. Die Spannungen wuchsen, die Streitereien nahmen wieder zu. Ich trank jetzt auch häufiger was am Abend, um schneller und ohne lange zu überlegen einschlafen zu können.
Mein ewiges Gemecker und die dauernden Spannungen belasteten ihn. Ich misstraute der gesamten Situation, und ständig kam mir meine Vergangenheit, meine erste Ehe, in den Sinn. Dennoch liebte ich Stefan, genoss das Glück meiner Kinder durch diese neue Verbindung. Auf keinen Fall sollte es wieder im Drama enden, und ich fasste den Entschluss, einfach heimlich zu arbeiten. Ich dachte, Stefan bekäme das nicht mit, wir hätten weniger Sorgen und nach der Zeit der Bundeswehr würde alles wieder sein, wie es mal war. Wenn nur Geld die Sorgen verursachen würde, so könnte ich das leicht regeln … dachte ich …
Der »Champagnerkelch« war zu der Zeit geschlossen. Es war die Rede von Steuerhinterziehungen und anderen Anschuldigungen. Der Barbesitzer hatte sich ins Ausland abgesetzt und eine seiner Barfrauen, nämlich Marion, auf einem
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