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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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gebracht haben.
    Kara mustere sie kurz. »Noch nicht. Ich möchte, dass wir da hinüber gehen. Im Schutz dieser Büsche gibt es einen Rastplatz.
     Dort, am Ende der Hecke, wollte ich ohnehin mit euch lagern.«
    Am Ende der Hecke?
    Wie einem Befehl folgend, hoben Skip, Erle und Ellah den Kopf. Und alle zugleich schnappten sie nach Luft.
    Sie sahen ostwärts, geradewegs in die Weite der Or’hallas hinaus; gleich einer orangeroten Glut wogten die Graslande unter
     dem bereits tiefstehenden Sonnenball bis zu den bläulichen Dunstschleiern der Östlichen Gebirgskette hin. Keine Bäume und
     Büsche trennten sie mehr von den hitzeflirrenden, windübertosten Graslanden, frei und ungeschützt standen sie ihnen gegenüber.
    Ihr ganzes Leben lang hatten sie im Schutz der Hecke verbracht; sie war die Grenze zwischen den Waldlanden und dem Rest der
     Welt, der Wall, der ihre kleine Welt vor aller von
außerhalb
drohenden Gefahr abkapselte. Umgeben von Erles und Ellahs schneeweißen Gesichtern starrte Skip mit tränenden Augen, und es
     schien, als starre das Land, vom Abendrot in ein Feuermeer verwandelt, mit einem alles erfassenden |325| Flammenblick zurück. Und es blies ihnen seinen Atem entgegen; Wind kam auf, das Gras neigte sich hierhin und dorthin, Wirbel
     durchhuschten es. Warme, nach Heu duftende Luft umströmte Skip.
    Es kam ihm wie eine übermütige Kampfansage vor. Wohl keiner von ihnen hätte sich auch nur im Traum vorstellen können, an einem
     solchen Ort zu stehen; einem Ort, an dem es die Hecke, den Schutzwall, nicht mehr gab. Was Skip anbetraf, er war davon überzeugt
     gewesen, dass sie bis nach Jaimir reichte, bis zur Heiligen Stadt Aknabar, gar bis zu den Steinernen Graten. Feststellen zu
     müssen, dass sie
einfach so
endete, kaum eine Tagesreise von Weiden-Wirrholz entfernt, dem am nördlichsten gelegenen Haindorf, war   ... ernüchternd. Seine Augen sahen es, doch weigerte sich sein Verstand, es wahrhaben zu wollen.
    »Kommt!«, drängte Kara. »Ihr könnt den Ausblick auch aus sicherer Deckung heraus bewundern.«
    Damit schulterte sie ihr Gepäck und ging los, die sanfte Uferböschung hinauf. Shadow folgte ihr auf dem Fuße. Nun, da die
     Waldlande hinter ihnen lagen, sah Kara offenbar keinen Grund mehr, die Stute am Zügel zu führen.
    Umfasst von einer kleinen Lichtung in den Ausläufern der Hecke, entzündeten sie ein großes Feuer und hängten ihre nassen Sachen
     zum Trocknen auf. Ellah drängte Skip Erles Ersatzhemd auf, setzte sich neben ihn, zupfte die nassen Röcke von ihren Beinen
     weg und hielt sie, ausgebreitet, schamhaft gerade soweit empor, dass auch sie hoffentlich trockneten.
    Sie packten Skips Reisegepäck aus und verschafften sich einen Überblick über den Schaden. Alle seine Ersatzkleider waren nass.
     Darin eingeschlagen, hatte sich der Laib Brot, ein Abschiedsgeschenk von Meister Oleg, wie ein Schwamm mit Flusswasser vollgesogen.
     Das kleine Päckchen Salz war unwiderruflich verloren, Skips Messer hatte eine Politur |326| nötig – nur Baba Yagnas Ziegenkäse, der im Lauf ihrer Reise immer trockener und trockener geworden war, lag so weich und saftig
     vor ihnen, als käme er frisch aus der Presse.
    Die Kleider würden sich leicht genug trocknen lassen, und der Käse mochte jetzt vielleicht sogar noch besser schmecken, doch
     der Verlust des Brotes schmerzte Skip geradezu. Schon morgen beabsichtigten sie, in ein wildes Grasland ohne Gasthöfe und
     Tavernen und Ansiedlungen, wie sie ihnen bislang bekannt waren, hinauszuziehen; dort draußen gab es nur das Gras und die Sonne
     und den Wind und die sorgsam versteckten Nomadenlager, die es in weitem Bogen zu umwandern galt! Erst nach einer weiteren
     Durchquerung des Elligar durften sie – in Jaimir – darauf hoffen, ihre Brotvorräte auffrischen zu können.
    Skip zog es vor, nicht daran zu denken; er reckte sich und sperrte den Mund weit auf und atmete den Duft der Graslande und
     des Windes ein.
    Zur gleichen Zeit nahm Kara den breiigen Brotklumpen und besah ihn prüfend.
    »In den Graten«, murmelte sie wie im Selbstgespräch, »haben wir ein Gericht, das wird
Galhash
genannt. Man kocht es aus frischem Lammfleisch und Mehl. Aber wenn ich mir dieses Brot so ansehe, und das Dörrfleisch in meinem
     Bündel, dann glaube ich, dass diese beiden auch ihren Zweck erfüllen werden.«
    Skip hätte sie am liebsten umarmt vor Dankbarkeit. Nicht nur, dass sie ihnen ein weiteres Mal ihre Kochkünste anbot, nein,
     sie errettete ihn auch

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