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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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olivianischen Prinzessin
     aus Shayil Yara sei. Manche sagten sogar, er kenne sich aus mit den magischen Künsten, aber derlei hielt Skip für unmöglich.
     So oder so – jedenfalls wagte es niemand, in Garnalds Anwesenheit solche Behauptungen auszusprechen. Zu allgegenwärtig war
     die Erinnerung an das Sonnwend-Fest im letzten Jahr, als er Frau Ivonnes Preisbullen bei den Hörnern gepackt und zu Boden
     gerungen hatte. Nein, einen Streit wollte niemand mit Garnald. Wenn er in der Nähe war, nahm man lieber seine Kinder bei der
     Hand und brachte sie weg.
    Skip und Erle hatten ohne Mutter aufwachsen müssen, und deshalb waren sie unter den wenigen gewesen, denen solcherlei Sicherheitmaßnahmen
     erspart blieben. Mehr noch, sie hatten es als Mutprobe angesehen, mit Garnald zu reden und ihm zuzuhören. Sie hatten seine
     Freundschaft als großes Glück empfunden. Niemand wusste aufregendere und wundersamere Geschichten zu erzählen als Garnald.
     Niemand verstand so geschickt mit dem Jagdmesser umzugehen wie er – und aus winzigen Holzstücken solch fremdartige Wesen und
     Vögel zu schnitzen.
    Über all die Jahre hatte Skip diese Holzfiguren gesammelt und in Ehren gehalten. Bis heute; denn nun waren sie alle im Feuer
     verbrannt. Bei diesem Gedanken verdüsterte sich Skips Gesicht, und der Pfuhlgänger musste dies wohl wahrgenommen haben.
    Er trat aus den Schatten heraus und streifte die Kapuze seines grünen Mantels zurück. »Ich hab das von eurer Schmiede gehört«,
     sagte er. »Es tut mir leid. Ich hoffe, euer Vater ist wohlauf.«
    |100| »Er wird wieder gesund«, sagte Erle. »Danke.«
    »Die Männer, die es getan haben, sind Richtung Außenposten davongeritten«, platzte Skip heraus. Und biss sich unverzüglich
     auf die Zunge.
    »Wer sagt das?«, fragte Garnald, und seine Augäpfel schimmerten im Dunkeln.
    »Niemand«, murmelte Skip und senkte den Blick. Plötzlich kam es ihm unklug vor, das Gespräch auf Kara zu lenken. Er verwünschte
     sich dafür, dass er nie den Mund halten konnte.
    Garnald betrachtete ihn aufmerksam, und sein Gesichtsausdruck konnte vieles bedeuten. Er schien Skips Gedanken zu lesen, und
     die Härchen sträubten sich auf seinen Armen.
    »Freunde sind rar in diesen Tagen«, sagte Garnald ruhig. »Was ist das für eine Art, etwas zu äußern und gleich darauf alles
     in voller Absicht wieder zu verschleiern?«
    Ein kühler Wind pfiff heran; er plusterte Garnalds Haare zu Stacheln auf und ließ ihn wie witternd den Kopf heben. Erle nutzte
     den Moment und sagte: »Du hast vorhin
Missionare
erwähnt.«
    »Die Priester«, sagte Garnald. »Betreiben sie nicht auf der Anhöhe über der Sumpfstadt ihre Mission?« Skip fühlte sich immer
     noch von ihm beobachtet – doch mit Sicherheit war das nicht festzustellen in dieser Finsternis. »Jetzt sind sie hier, und
     mit ihnen eine ganze Horde so genannter Heiliger Krieger. Ein ziemlicher Aufwand für euer Dörflein, findet ihr nicht?«
    »Ja, wir haben davon gehört«, sagte Erle lahm.
    Nun musterte Garnald ihn von Kopf bis Fuß. »Habt ihr auch gehört, dass im Schutz der Nacht weitere Krieger eingetroffen sind?
     Die Probe morgen – sie gedenken sie mit allem Nachdruck durchzuführen. Sehr feierlich, eh?«
    Skip und Erle starrten sich an.
    Warum nur, fragte sich Skip, machen alle ein solches Aufhebens |101| von dieser Probe? Für ihn war es noch immer schwer vorstellbar, dass auch nur eines der hiesigen Kinder scheitern könnte.
     Gut: Erle, Ellah und er hatten versprochen, sich mehrere Tage lang von Eichenhain fernzuhalten, aber nur dem kranken Vater
     und Baba Yagna zuliebe; denn, ernstlich – was sollte schon Schlimmes passieren?
    Und nun war von der Mission eine solch imposante Wachmannschaft hierher entsandt worden. Warum? Um die Probe nötigenfalls
     zu erzwingen? Als seine Überlegungen so weit gediehen waren, wusste er plötzlich nicht mehr, was er noch glauben sollte. Vielleicht
     war die Sache doch ernst genug, um auf der Hut zu sein.
    »Wenn man den Gerüchten Glauben schenkt«, fuhr Garnald fort, »dann lebt ein Kind mit Ghaz Alim in eurem Dorf.«
    Skip starrte ihn verblüfft an. Ein Kind mit Ghaz Alim?
Hier?
Er kannte doch jeden in Eichenhain, er war mit ihnen allen aufgewachsen. Keines von ihnen besaß irgendwelche unnatürliche
     Eigenschaften.
    »Ghaz Alim?«, fragte Erle ungläubig.
    Der Pfuhlgänger war der einzige hier, der möglicherweise über Ghaz Alim verfügte. Seine Stärke beispielsweise war mit Sicherheit
    

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