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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Er atmete trotzdem nicht. Wagte es nicht. Die Anstrengung |137| , den eigenen Körper völlig bewegungslos zu halten, brachte weitere Schmerzen. Er widerstand. Er atmete nicht. Er bewegte
     sich nicht. Erst, als der Mann nach einer weiteren Ewigkeit endlich aufsaß und sein Reittier antrieb, atmete er langsam aus
     und saugte die stickige Luft des Pfuhls so gierig in sich hinein wie süßen Or’halla-Wind.
    Sie blieben in ihrem Versteck zusammengekauert – lange, sehr, sehr lange. Skip verlor endgültig jedes Zeitgefühl. Irgendwann
     schauten sie sich voller Grauen an.
    »Habt ihr gesehen, wie er sich bewegt hat?«, wisperte Ellah. »Er war wie ein   ...« Sie warf Kara einen Blick zu und verstummte wieder.
    Erle befeuchtete sich die Lippen. »Hoffentlich ist ihm nichts aufgefallen«, sagte er. »Sonst könnte er sich genau wie wir
     hinter der nächsten Biegung des Weges auf die Lauer legen.«
    »Nein«, widersprach Kara entschieden. »Er ist weitergeritten. Ich habs gehört.«
    Keiner von ihnen zweifelte an ihren Worten. Schließlich, auch wenn es ein Ding der Unmöglichkeit sein mochte, hatte sie ihn
     gehört – lange, bevor sie ihn gesehen hatten. Und doch   ... konnten sie wirklich sicher sein, dass dieser Mann nichts bemerkt hatte?
    »Ich weiß nicht«, murmelte Skip. »Unsere Spuren enden dort plötzlich und tauchen nicht wieder auf. Das muss ihn doch misstrauisch
     machen. Warum sonst hat er genau an der richtigen Stelle gehalten?«
    »Er ist ein guter Spurenleser«, gab Kara ihm recht. »Ich hätte dasselbe getan. Aber sicher sein kann er sich nicht. Zu viele
     Baumwurzeln auf dem Weg. Und zu viele Pfuhlgänger nutzen ihn Tag für Tag. Auch Pferde. Einer Echse zu folgen wär leichter.«
    »Also bist du dir sicher, dass er weg ist?«
    »Im Augenblick – ja.«
    |138| »Dann gehen wir weiter!«, bestimmte Erle und wollte sich aufrichten.
    Karas Hand drückte ihn nieder. »Noch nicht. Es kommen noch mehr Reiter.«
    Sie warteten. Dieses Mal hörten sie es alle. Die Neuankömmlinge waren ein lärmender Haufen. Lange, bevor sie um die Wegesbiegung
     kamen, hörte man das Klirren von Metall, Pferdegewieher und nervöses Echsengezisch. Dann tauchten sie auf, in einer langgezogenen
     Reihe.
    Der Anblick der beiden vorneweg reitenden Priester ließ Skips Mut erneut sinken. Doch abgesehen von ihrer Anwesenheit hier
     im Pfuhl haftete diesen Dienern Gottes nichts Ungewöhnliches an. Zurückgeworfene Kapuzen enthüllten halb kahle Schädel und
     grimmige Gesichter, totenblass vom jahrelangen Aufenthalt in kalten Klosterzellen aus Stein. Die Pferde, die sie ritten, schienen
     plump und friedfertig.
    An der Seite der Priester rannte eine dunkle Gestalt. Sie bewegte sich gebückt, trotzdem befand sich ihr kapuzenverhüllter
     Schädel nahezu auf gleicher Höhe mit den Augen der Pferde. Gewaltige Muskeln wölbten den Mantelstoff, und unnatürlich lange
     Arme baumelten bis fast zu den Knien hinab.
    Aber noch mehr als dieser mysteriöse Geselle beängstigte Skip der Geleitschutz der Priester.
    Noch nie zuvor hatte er Ritter des Heiligen Sterns gesehen, doch er erkannte sie sofort. Mit ihren Kettenpanzern, Lanzen und
     schweren Beidhandschwertern, die sie auf dem Rücken trugen, wirkten sie eigenartig fehl am Platze, wie sie durch das neblige
     Grün des Pfuhlwaldes ritten. Spitz zulaufende, stachelbewehrte Helme mit geschlossenem Visier machten sie zu gesichtslosen
     Phantomen. Auf ihren gepanzerten Reitechsen, umwirbelt vom Geklirr ihrer Waffen und Rüstungen, dornenstarrend, den Blick starr
     geradeaus gerichtet, hatten sie wenig Ähnlichkeit mit menschlichen Wesen.
    |139| Skip zählte vier Ritter. Weder hielten sie inne, noch wandten sie auch nur einmal den Kopf; dichtauf folgten sie den Priestern
     und verschwanden alsbald im Wogen und Tuscheln der Äste.
    Ein Gefühl großer Hilflosigkeit ergriff von Skip Besitz. Bis gestern hatte er nichts von Diamant-Assassinen gewusst, jedoch
     immerhin genug von den Rittern des Heiligen Sterns gehört, um ihre Kampfkraft einschätzen zu können. War es nicht Bruder Nikolaos
     gewesen, der ihnen in Kindertagen vorgeschwärmt hatte, vier Ritter seien mehr als genug, um selbst dem Angriff eines kriegerischen
     Cha’ori-Stammes standzuhalten? Gut, Priester neigten seit eh und je zu Übertreibungen, trotzdem schienen die Ritter eindeutig
     eine weit größere Bedrohung darzustellen als jener einzelne Reiter in seinem Flickenmantel.
    Natürlich konnte keiner von ihnen mit

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