Das Erwachen
mir nicht auf falsche Gedanken. Ich kenne mich. Ich habe dieses Mädchen nie gesehen und ermordet schon gar nicht.«
»Wir sagen nicht, dass Sie das getan hätten«, warf Jade freundlich ein. »Aber es ist sehr interessant. Erzählen Sie weiter.«
Finns Wangen waren gerötet, er hob unbeholfen die Arme und fragte sich, was in aller Welt ihn bewegt hatte, die ganze Geschichte mit Boston überhaupt zu erwähnen.
»Nichts weiter, wirklich. Nur Träume. Und dann …«
»Und dann?«, fragte Lucian nach.
»Erzählen Sie. Was war dieses dann, das Sie veranlasst hat, uns anzurufen?«
»Bac-Dal«, sagte Finn einfach.
»Bac-Dal«, murmelte Jade.
»Na ja, Sie haben natürlich von dem Dämon gehört«, fuhr Finn fort, »schließlich haben Sie ihm ja ein ganzes Kapitel Ihres Buches gewidmet.«
»Ja. Aber wegen meines Buches haben Sie uns sicher nicht angerufen«, erklärte Jade.
Finn schüttelte den Kopf. »Die Cousine meiner Frau ist eine Hexe. Eine Wicca. Sie war ganz aufgeregt und meinte, ich müsse in einen Buchladen gehen und einen alten Text über einen Mann namens Cabal Thorne lesen, der bald nach der Hexenhysterie hierherkam mit der Absicht, Bac-Dal ins Leben zurückzurufen. Niemand wollte sich dazu äußern und ihn einen Hexer oder Satanisten schimpfen, weil eben erst so viele Unschuldige so sehr gelitten hatten. Und deshalb, nehme ich an, haben sich die Leute hier zusammengetan, Cabal Thorne ermordet und ihn irgendwo in unheiliger Erde begraben, ohne Wissen der Behörden. Oder vielleicht wussten sie es auch und haben dazu geschwiegen. Seinen eigenen Schriften zufolge hat Cabal Thorne eine junge Frau getötet. Er hatte so viel Macht gewonnen, dass er einfach in ihr Elternhaus hineinmarschierte, sie mit der Erlaubnis ihrer Eltern mitnahm und dann ermordete. Weil er Blut brauchte, vermute ich. Oder ein Opfer oder was auch immer.«
»Nun, was denkst du?«, fragte Lucian, den Blick auf Jade gerichtet.
Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich Finn zu. »Ich würde gern noch mehr über diesen Cabal Thorne in Erfahrung bringen. Können Sie uns den Buchladen zeigen oder wo immer Sie über ihn nachgelesen haben?«
»Sicher.«
Ihr Essen wurde gebracht. Lucian und Jade hatten sich für das Tagesmenü entschieden, frischen Hummer aus Maine.
Er hatte den Kabeljau bestellt. Lächerlich, aber das hätte Megan auch getan.
»Erzählen Sie uns noch mehr über die Leute, die Sie hier kennengelernt haben«, drängte ihn Lucian.
»Über die Leute hier … na ja, Sie können sich vorstellen, dass das ziemlich viele sind. Wie gesagt, die Cousine meiner Frau ist eine Wicca. Morwenna und ihr Mann, Joseph, führen einen Zauberladen, ein Hexengeschäft, und eine ihrer Angestellten habe ich kennengelernt, ein Mädchen namens Sara – sie versuchte, mir einzureden, ich sei das übelste, böseste Wesen auf dieser Welt, und jetzt meint sie, mir irgendwie, aus irgendeinem Grund, helfen zu müssen. Auch ein junger Mann arbeitet dort, Jamie, der scheint mir aber ganz in Ordnung zu sein. Dann hat meine Frau noch eine entfernte Verwandte hier – Tante Martha. Sie ist der Inbegriff des Neuengländers – praktisch, logisch, vernünftig und so. Megan wohnt bei ihr, in ihrem Haus am Stadtrand. Das ist die Familie. Die Wicca mit ihrem Laden und das totale Gegenteil. Tante Martha scheint zu glauben, dass Morwenna rein kommerziell denkt und sozusagen von dem Ruf lebt, den Salem nun einmal hat. Ich versuche mich an alle Leute zu erinnern, mit denen ich schon einmal geredet habe. Huntington House wird von einem alten Knacker geführt, einem Mr Fallon – zusammen mit Susanna McCarthy. Letzte Nacht habe ich ihn erwischt, wie er in der Küche Halloween-Kräuter gekocht hat. Er meinte, er wollte einen Schutzzauber veranstalten, aber in der Nacht zuvor hat er ein paar Kinder total verängstigt, die mit ihren Eltern da wohnen. Und – ich weiß auch nicht … aber irgendwie habe ich ihm seine Geschichte sogar geglaubt. War vielleicht ein Fehler, denn er ist definitiv ein sehr komischer Kauz. Susanna kocht, beaufsichtigt die Zimmermädchen und macht die Reservierungen. Sie ist ein mürrisches altes Weib – erstaunlich, dass sie Gäste haben, die trotz dieser beiden Alten immer wieder kommen. Wer noch …? Ein Typ namens Sam Tartan, der uns für das Hotel gebucht hat, und er hat einen Bodyguard. Der heißt – ob Sie es glauben oder nicht – Adam Spade. Und dann … ah ja. Meine Frau hat hier noch einen alten Freund, Mike Smith. Er leitet das neue
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