Das Erwachen
dem ihr beide hier wart. Und Sara … sie hat gesagt, die Schwingungen, die von Finn ausgingen, waren tödlich.«
»Ich dachte, du magst Finn.«
»Tue ich auch. Er ist super. Sexy. Talentiert. Und er scheint dich wirklich zu lieben.«
»Also …?«, fragte Megan.
»Er ist gefährlich.«
»Für mich. Das sagst du immer wieder.«
»Du hast mir gesagt, dass er in der Schule eine wilde Zeit durchgemacht hat und dass er alle möglichen Kampfsportarten gelernt hat. Ein gewisser Hang zu Gewalttätigkeit und so ein Training, das ergibt zusammen einen gefährlichen Mann, ja. Aber … aber das ist es eigentlich gar nicht.«
»Was ist es dann?«
Morwenna zögerte. »Ein Hang zum Bösen.«
»Du meinst, Finn hat einen Hang zum Bösen?«
Morwenna seufzte. »Ich will das gar nicht denken. Und vielleicht … vielleicht ist es nicht wirklich Finn, der diesen Hang zum Bösen hat.«
Sie saßen in dem Zimmer hinter Morwennas Laden. Joseph, Jamie, Sara und ein weiteres Mädchen, Cindy, waren im Geschäft, und obwohl es dort zuging wie in einem Bienenschwarm – Leute, die plötzlich entschlossen waren, sich für Halloween einen »echten« Umhang zu besorgen –, schien es Morwenna absolut nichts auszumachen, sich Zeit zu nehmen.
»Wovon in aller Welt redest du denn da?«, fragte Megan etwas unwirsch.
»Ich weiß es selbst nicht. Über etwas Unheimliches. Vielleicht ist es nicht plausibel. Aber andererseits, wir wissen alle, dass es gut und böse gibt. Wenn wir also überhaupt an Magie glauben …«
»Morwenna, bleib auf dem Teppich.«
»Okay, Miss Katholisch«, lenkte Morwenna ein. »Du glaubst doch an Gott, richtig?«
»Ja.«
»Dann musst du auch an den Teufel glauben.«
»Morwenna, ich gehöre zufällig zu den Leuten, denen es in der Kirche gefällt. Die Musik, die Worte, die heilsame Atmosphäre. Aber ich glaube nicht wortwörtlich an jeden einzelnen Lehrsatz; ich glaube, dass vieles in Form von Gleichnissen gelehrt wird, und wie viele andere Menschen glaube auch ich, dass die Hölle, wenn es sie denn gibt, nur die Abwesenheit Gottes oder des Guten oder von Frieden oder von was auch immer ist.«
Megan sprach im Brustton der Überzeugung, obwohl sie sich absolut bewusst war, dass sie log. Sie hatte die Kreatur in dem unheiligen Friedhof gesehen, und sie hatte es erneut in ihren Träumen erlebt. Bei Tag schien das alles dummes Zeug zu sein. Doch wenn die Dunkelheit hereinbrach …
»Und Finn ist wunderbar«, fuhr sie fort. »Letzte Nacht … wäre ich auf dem Parkplatz beinahe überfallen worden, aber er war da. Er bestand nicht einmal darauf, dass ich mit ihm nach Huntington House zurückfahre, sondern ist mir einfach zu Martha hinterhergefahren. Und er war es, der darauf bestand, dann in die Pension zu fahren.«
Morwenna runzelte die Stirn. »Du wärst beinahe überfallen worden?«
»Auf dem Parkplatz, ja.«
»Hat Finn den Kerl erwischt?«
»Nein … er ist verschwunden.«
»Verschwunden? Hat sich einfach so in Luft aufgelöst?«
»Fast. Sie haben gekämpft … und dann war der Kerl plötzlich weg.«
»Hast du ihn gesehen? Könntest du ihn beschreiben? Wenn ja, dann solltest du sofort die Polizei verständigen. Sie befürchten, dass der Typ, der das arme Mädchen in Boston umgebracht hat, womöglich ein Serienmörder ist. Einer von diesen Verrückten, die bei Vollmond morden. Morgen ist Vollmond, weißt du das? Konntest du den Typen beschreiben?«
Megan schüttelte den Kopf, sie fühlte sich immer unsicherer. »Nein, ich habe ihn nicht gesehen.«
»Und Finn?«
»Ich bezweifle es. Der Nebel war unheimlich dick.«
Morwenna starrte sie lange Zeit unbewegt an.
»Was?«, fragte Megan unruhig.
»Bist du sicher, dass da noch jemand war – außer Finn?«
Megan musste kämpfen, um nicht zu zittern. Nein, sie war sich nicht sicher! Sie hatte natürlich schon Angst gehabt. Aber da musste noch jemand gewesen sein. Sie konnte nicht glauben, dass Finn …
»Wieso sollte Finn mich auf dem Parkplatz überfallen wollen?«
»Vielleicht hatte er Angst, dass du ihn endgültig verlassen hast, dass du dich weigern würdest, nur mit ihm allein zu reden, mit ihm allein zu sein. Wenn er einmal vorgegeben hat, dich zu retten … na ja, dann müsstest du ihm vertrauen, nicht wahr?«
»Morwenna, ich bekomme von dir die widersprüchlichsten Botschaften, die man sich vorstellen kann. Du magst Finn. Du und Joseph, ihr seid nett zu ihm, sogar wenn ich nicht dabei bin. Aber gleichzeitig lässt du durchblicken, er sei unmoralisch
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