Das Erwachen
ihren Namen.
»Finn!«
Schwach … die Antwort kam so schwach, und doch, er war sicher, er hatte sie gehört. Von wo? Aus der Richtung des …
Er wirbelte herum.
»Finn!«
Er meinte, sie wieder gehört zu haben. Wirklichkeit? Einbildung? Er wusste es nicht.
Er hatte keine Wahl. Er rannte auf den Wald zu.
* * *
»Mike! Bleib stehen, verdammt!«, fauchte Megan so wütend wie entschlossen.
Sie zog mit aller Kraft an seiner Hand und zwang ihn, stehen zu bleiben.
»Megan, wir müssen vom Hotel weg!«, beharrte er und zog seinerseits an ihrer Hand.
»Das ist weit genug. Wir sind schon fast im Wald.«
»Ich lasse nicht zu, dass du dich umbringst!«
Er setzte sich wieder in Bewegung und zog sie mit sich. Aber plötzlich, mitten im Nebel, stieß er so heftig gegen etwas, dass Megan ebenfalls dagegenrumpelte.
Es war ein Mann in einem braunen Umhang, die Kapuze so weit ins Gesicht gezogen, dass sie keine Chance hatte, ihn zu erkennen.
»Lass sie gehen«, sagte der Mann mit fester Stimme.
»Ich versuche, sie von hier wegzubringen, du Idiot!«, schrie Mike.
»Ach, wirklich?«
Er packte sie beide am Handgelenk, im Nu war Megan aus Mikes Griff befreit.
»Danke. Entschuldigen Sie mich jetzt, aber ich gehe zurück«, sagte sie ausdruckslos.
»Nein, Megan«, widersprach der Mann. »Du kommst mit mir.«
Er hatte den Kopf etwas angehoben.
Ein Eispanzer legte sich um ihr Herz. Sie hatte ihn schon einmal gesehen. Es war der Mann, von dem Finn behauptet hatte, er würde ihn verfolgen. Der vor dem Café gestanden und sie beide beobachtet hatte. Sein Haar war dunkel und ziemlich lang, wie das von Finn. Er war kräftig gebaut, doch das Seltsamste waren seine Augen – ein seltsames Grün, fast gelb.
Es war die Farbe seiner Augen, was sie am meisten beunruhigte.
»Nein, ich gehe zurück«, erklärte sie und machte kehrt.
Seine Hand packte ihre Schulter, er drehte Megan um. – »Du kommst mit mir.«
»Den Teufel werde ich tun!« Großartig. Sie hatte Pfefferspray in der Handtasche, aber die war natürlich im Hotel – wahrscheinlich verbrannte sie gerade.
Und sie war kein Schwächling.
Aber gegen die offenkundige Kraft dieses Kerls hatte sie trotz allem keine Chance.
»Lass sie in Ruhe!«, brüllte Mike.
»Du kennst mich nicht, aber ich bin ein Freund«, sagte der Mann.
»Ein Freund, ach ja!«, protestierte Mike.
»Geh aus dem Weg.«
»Du nimmst sie nicht mit, nirgendwohin!«
Er stieß Mike ohne Anstrengung zur Seite. Mike versuchte, den Mann anzugreifen, doch der stieß einen eisigen Laut aus … eine Warnung oder doch keine Warnung, ein Knurren, das die ganze Nacht zu erfüllen schien. Dann schritt er durch den Nebel und schleifte Megan einfach mit.
Megan biss die Zähne zusammen und versuchte, sich zu fassen. »Warten Sie!«
Als er sich umdrehte, trat sie ihn. Mit aller Kraft. Sein Griff lockerte sich.
Megan sah ihre Chance gekommen. Sie machte kehrt, um zum Hotel zurückzurennen. Im Nebel hatte sie zuerst keine Orientierung. Sie hörte laut ihre Schritte auf dem Gehsteig.
Dann schoss plötzlich eine Feuerzunge in den Nachthimmel. Sie wirbelte herum, merkte, dass sie in die falsche Richtung gelaufen war.
Und genau in diesem Moment spürte sie einen Windstoß. Jemand, der kam und nichts weiter zu sein schien als ein Teil des Windes. Sie drehte und drehte sich und hörte Schritte auf dem Gehsteig.
Dunkelheit schien sogar den düsteren Nebel noch zu schwärzen, als hätten sich riesige Schwingen vor ihr ausgebreitet.
Und als es sie umfing, hörte sie wieder ihren Namen.
Ein Flüstern.
»Megan …«
Finn rannte, nur darauf bedacht, die Richtung zu finden, in die Megan gelaufen war, und überquerte den Parkplatz. Das Geheul von Sirenen, die Rufe, die wilde Kakofonie von Lauten und Geräuschen ließ nach, je weiter er rannte.
»Megan!« Er brüllte ihren Namen in die Nacht.
Dann blieb er stehen, keuchend, stützte die Hände auf die Knie und beugte sich vornüber, kämpfte gegen den Schmerz in der Lunge an. Er lauschte angestrengt, betete, er möge ihren Ruf hören.
Megan antwortete ihm nicht.
Doch er bemerkte plötzlich andere Geräusche.
Fußtritte …
Viele eilige Schritte … und sie kamen auf ihn zu.
Er richtete sich auf, wirbelte herum.
Gestalten tauchten aus dem Nebel auf. Eine, zwei, drei, vier, fünf … mehr noch. Alle trugen Umhänge, manche in Schwarz, manche in Braun. Und alle hatten sie Kapuzen über die Köpfe gezogen. Und sie trugen Masken über den Gesichtern, zumeist einfache
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