Das Erwachen
danke … dass du gekommen bist. Trotzdem – die hätten uns doch eigentlich kurz und klein schlagen müssen, meinst du nicht? Was zum Teufel – hast du für Jackie Chan gearbeitet oder so oder mit Muhammad Ali trainiert?«
Lucian zuckte mit den Schultern. »Du musst reden«, meinte er. »Gar nicht übel.«
Ein Stöhnen riss Finn aus seiner Konzentration auf Lucian. Er sah die eine verhüllte Gestalt, die liegen geblieben war. Er ging zu ihr, drehte sie um, schaute zuerst auf die Maske und riss sie dann vom Kopf. Lucian trat zu ihm.
»Kennst du ihn?«, fragte er Finn.
»Nein … doch. Das ist einer der jungen Kerle aus einem Geschenkladen in der Nähe von Morwennas Geschäft«, sagte Finn. »Ich habe nie auch nur ein einziges Wort mit ihm gesprochen.« Seine Wut flammte erneut auf; er beugte sich zu dem jungen Mann. »Aber das werden wir jetzt auf jeden Fall nachholen!«
Er schüttelte den Jugendlichen, bis dieser aus seiner Ohnmacht erwachte. Doch Lucian legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Du solltest ihn lieber nicht erwürgen.«
»Ich will wissen, was los ist. Ich will wissen, wo Megan ist!«
»Er wird es nicht wissen.«
»Wie zum Teufel meinst du denn das?«
»Ich glaube nicht, dass er irgendetwas weiß«, meinte Lucian gelassen. Er hockte sich ebenfalls zu dem Mann, umfasste sein Gesicht und schüttelte es ein wenig hin und her. »Hey!«
Langsam öffneten sich die Augen des Jugendlichen. Seine Pupillen waren in der Dunkelheit riesengroß, der Blick war zunächst völlig desorientiert, dann panisch. Der Junge richtete sich auf die Ellbogen auf und starrte entsetzt auf Lucian und Finn.
»Was wollt ihr von mir? Nehmt mein Geld – ist sowieso nicht viel. Aber eine Uhr habe ich. Eine gute. Nehmt, was ihr wollt, aber lasst mich gehen … hey, bitte! Tut … tut mir nichts. Bitte.«
»Dir was tun!« Finn war fassungslos.
»Wie heißt du?«, fragte ihn Lucian.
»Peter Davis.«
»Was hast du mit dieser Gruppe von Schlägern zu schaffen?«, forschte Lucian weiter.
»Welche Schläger denn?«, fragte der junge Mann zurück.
»Du warst mit einer ganzen Gruppe von Leuten, alle in ähnlicher Verkleidung. Und ihr habt alle zusammen meinen Freund hier angegriffen«, erklärte Lucian.
Entweder war der Kerl ein großartiger Schauspieler, oder er war absolut aufrichtig. Er starrte Lucian bass erstaunt ins Gesicht. »Ich war mit keiner Gruppe von Leuten in ähnlicher Verkleidung! Ich habe mich einfach nur für einen Umhang mit Kapuze entschieden, weil das ein einfaches Kostüm ist. Weil ich heute einen langen Arbeitstag hatte.« Er schüttelte den Kopf, noch immer verwirrt und voller Angst. »Wirklich, ich bin spät nach Hause gekommen, und dann …«
Er hörte zu reden auf, seine Verwirrung schien noch zuzunehmen.
»Ich erinnere mich … ein Feuer. Ja … dieses Feuer. Ich weiß, dass ich vor dem Feuer weggerannt bin.«
»Quatsch!«, schnaubte Finn, bereit, dem Kerl an die Gurgel zu gehen und die Wahrheit oder was auch immer aus ihm herauszuschütteln.
Wieder legte Lucian ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. »Er hat tatsächlich keine Ahnung«, erklärte er ruhig.
»Ich weiß wirklich nichts, ehrlich, und ich habe absolut keine Ahnung, wovon Sie reden!«, sagte Peter kläglich. Er blickte kurze Zeit um sich. »Ich muss vor dem Feuer weg- und hierhergelaufen sein. Habe ich einen Schlag auf den Kopf gekriegt? Oh, nein, mein Kinn tut mir weh … und meine Rippen. Kommt mir vor, als hätte mich ein Elefant aufgespießt.«
»Du hast mich überfallen«, sagte Finn zu ihm.
Peter schüttelte den Kopf. »Nein, also ich wirklich nicht. Sehen Sie mich doch an, ich bin ein schmächtiger Kerl, ich würde nie im Leben irgendjemand überfallen.«
Lucian streckte Peter eine Hand hin; er stand langsam unter Stöhnen auf.
Finn hätte Peters Gedächtnisverlust nicht für möglich gehalten – wenn er nicht die Augen des jungen Mannes gesehen hätte.
Und plötzlich fiel ihm ein, dass er keine Zeit hatte, hier herumzusitzen und zu versuchen, etwas aus diesem halben Kind herauszubringen.
Er wusste nicht, wo Megan war.
»Lass ihn laufen«, sagte er zu Lucian. Wieder spürte er Furcht durch seinen Körper rieseln. Plötzlich glaubte er zu wissen, weshalb man ihn überfallen hatte, und nur das zählte. »Oder tu, was du willst. Aber ich muss zurück. Sie haben Megan.«
* * *
»Wenn ihr mich nicht sofort gehen lasst, wird euch das noch leidtun!«, drohte Megan.
Die Schwärze war der Nacht gewichen, doch sie waren
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