Das Erwachen
das weiterhilft.«
»Wenn sie Megan nicht haben, können sie sie auch nicht umbringen«, meinte Finn unumwunden.
»Vielleicht hast du recht«, erwiderte Lucian langsam. »Aber … ihr dürft nicht unbewaffnet gegen diese Leute antreten.«
»Du willst uns Waffen besorgen?«, fragte Megan ungläubig.
»Gewehre oder Pistolen würden euch wohl kaum nützen«, erklärte Lucian. »Aber es gibt andere Waffen. Lest weiter; gebt mir noch eine Stunde, dann bin ich wieder hier.«
Er stand auf. Jade blickte ihren Mann stirnrunzelnd an. »Lest weiter. Unsere größte Kraft liegt in unserem Wissen«, sagte er. »Ragnor, willst du mit mir kommen?«
Der große Mann stand auf, Lucian nachdenklich beobachtend.
»Was hast du vor, Lucian?«, fragte Tara.
»Ich glaube, wir müssen unsere Freunde und Nachbarn im Auge behalten«, antwortete er. »Ich werde seine Hilfe benötigen. Ich muss nämlich in eine Kirche einbrechen.«
Finn sprang auf. »Ich komme auch mit.«
»Vielleicht besser nicht, Finn«, murmelte Megan besorgt.
Doch Lucian musterte ihn und schien einen Entschluss zu fassen. »Eigentlich käme ich ohne dich ja viel schneller voran, aber …«
»Du könntest erkannt und verhaftet werden«, beharrte Megan.
Finn trat vor sie und küsste sie zart auf die Lippen. »Es wird schon gut gehen.« Einen Moment lang schien er selbst unsicher zu sein, doch dann fuhr er fort: »Du bist hier gut aufgehoben.«
Jade legte eine Hand auf Megans Schulter. »Mit Lucian kann Finn nichts passieren.«
Nun runzelte Finn wie im Zweifel die Stirn. »Megan …«
»Hier bin ich in Sicherheit«, sagte sie.
»Bleib bei diesen … Leuten.« Beim letzten Wort zögerte er ein wenig.
»Gehen wir«, drängte Lucian.
* * *
Martha sah die Nachrichten im Fernsehen, und es ging ihr gar nicht gut. Sie hatte nicht wieder einschlafen können.
Sie zögerte lange Zeit und schaute sich mehrmals die Wiederholung der Geschichte an.
Dann stand sie auf. Es war Zeit, wieder zu gehen. Auf Gedeih oder Verderb.
Megan gähnte. Sie schaute auf die Uhr über dem Kaminsims. Sechs Uhr früh. Bald würde es hell werden.
Die, die dageblieben waren, saßen nicht mehr um den Tisch herum. Sean Canady arbeitete konzentriert an seinem Laptop und nippte ab und zu an einem Kaffee. Gelegentlich sagte er etwas zu Ann, die dann zu ihm kam, kurz mit ihm sprach und danach wieder zu einem der vielen Bücher griff, die sie sich besorgt hatten. Jordan hatte es sich mit einem Stapel alter Dokumente auf dem Sofa bequem gemacht; am anderen Ende saß Jade und ging ebenfalls lose Blätter durch. Ann und Tara durchforschten Bücher mit Bann- und Zaubersprüchen, während Maggie zwischen ihnen allen hin und her pirschte wie eine Raubkatze, hie und da Vorschläge machte und ihre Nachforschungen erläuterte. Nur Brent Malone war am Tisch sitzen geblieben; er erstellte eine Liste der Ereignisse und Fakten, die sie herausgefunden hatten, und versuchte anhand derer ihr weiteres Vorgehen zu planen.
Megan saß im Sessel und starrte ins Feuer.
Maggie brachte ihr einen neuen Kaffee, setzte sich mit ihrer Tasse ihr gegenüber und blickte ebenfalls in die Flammen.
»Maggie«, sagte Megan ängstlich.
Die andere Frau betrachtete sie.
»Wird ihnen auch nichts passieren?«, fragte Megan im Flüsterton.
»Ihnen? Wem denn?«, fragte Maggie zurück. »Falls Sie sich um Finn Sorgen machen, glauben Sie mir, er ist mit Lucian sicher.«
»Eigentlich«, sagte Megan, »mache ich mir im Moment weniger Sorgen um Finn. Ich hatte mehr an Lucian und Ragnor gedacht. Es ist schon fast hell.«
Maggie lächelte. »Manches von dem, was man im Kino sieht, stimmt; anderes nicht. Sie werden nicht mit dem Sonnenaufgang zu Asche zerfallen. Ihre Kraft ist zwar nachts am größten,aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
»Und dann ist mir noch etwas eingefallen. Seit wann bricht ein Vampir in eine Kirche ein?«, fragte sie skeptisch.
Maggie zögerte. »Lucian ist zurzeit sehr von Kirchen angetan. Das war nicht immer so. Er ist definitiv ein Mann mit einer Mission, denn er hat mehr als jeder andere von uns das Bedürfnis, etwas wiedergutzumachen. Er ist alt, wissen Sie, sehr, sehr alt. Und er stand nicht immer auf der Seite der Guten.« Sie zögerte. »Die meisten ihrer Teufel haben sich die Menschen selbst geschaffen, wissen Sie. Und wie Sie vielleicht schon erkannt haben, ist die Macht des Geistes eine der stärksten Kräfte in der Welt. Nehmen Sie zum Beispiel den Konflikt mit den Wiccas und dem
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