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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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hartnäckig bleiben sollen. Aber ihre Nerven waren strapaziert. »Ich muss. Ich muss Andy sehen. Ihn zum Reden bringen, zum Aufwachen – meinetwegen dazu, dass er im Schlaf redet! Er weiß etwas. Begreifen Sie das denn nicht? Haben Sie keine Nachrichten gesehen? Meine Nichte wird wegen Brandstiftung angeklagt. Seit ihrer Ankunft hier ist etwas im Gange, und Andy, Gott sei seiner alten Seele gnädig, spielt dabei eine Rolle! Bitte, Miss Matthews, die Ärzte haben gesagt, er wird vielleicht auf die Stimme oder die Berührung eines Freundes reagieren.«
    »Niemand geht da hinein!« Miss Matthews war unmissverständlich.
    »Also, da müssen Sie schon die Polizei holen, um mich hier rauszukriegen«, erklärte Martha standfest.
    »Sie werden doch nicht glauben, dass ich davor zurückschrecke?!«, hielt Miss Matthews verärgert dagegen.
    Sie wandte sich dem Telefon auf dem Schreibtisch zu.
    Martha schaute den Gang hinauf und hinunter. Sie waren allein; die Schwester, die am Empfang sein sollte, war verschwunden, entweder um sich um einen Patienten zu kümmern, oder, wahrscheinlicher, um Kaffee zu kochen oder sich aus einem der Automaten etwas zum Knabbern zu holen.
    Auf dem Schreibtisch lag ein schweres Klemmbrett.
    Martha nahm es.
    Sie war erstaunt über ihre Kraft, als sie der starrköpfigen Miss Matthews damit fest auf den Kopf schlug.
    Die Krankenschwester ging praktisch lautlos zu Boden.
    Martha legte das Klemmbrett wieder zurück und betrat Andys Zimmer.
    Megan saß vor dem Kamin und versuchte zu lesen, aber sie wurde unwillkürlich müde. Die anderen hatten sich wieder um den Tisch versammelt. Sie hatte geglaubt, beim Lesen würde sie sich weiterhin wohl fühlen. Die anderen kannten sich alle – manchmal schien es sogar, als würden sie alle die gleichen Gedanken haben. Einer las eine Passage, und wenn er oder sie damit nicht weiterkam, fand sich sofort ein anderer, der die Worte entzifferte. Sie wurden immer aufgeregter, als seien sie dabei, etwas herauszufinden, doch bislang verstand Megan nicht, worum es ging.
    Aber Finn und sie schwebten offensichtlich beide in Gefahr, und deshalb war sie entschlossen, auch selbst auf sich aufzupassen.
    Doch die Erschöpfung forderte ihren Tribut. Wahrscheinlich hatte sie schon keine Nacht mehr durchgeschlafen, seit sie hierhergekommen waren. Und letzte Nacht … nun ja, zumindest war sie von Träumen zerrissen gewesen. Und so spürte sie nun, während sie die Flammen beobachtete, wie ihre Lider immer schwerer wurden.
    Das Feuer konnte so schön, so faszinierend, so fesselnd sein. Kleine Flammen, die in so vielen Farben in die Höhe züngelten, mit seltsamen, unwirklichen Kontrasten. Leuchtende Goldtöne, sattes Braun, überraschende Blauschattierungen. Schlängelnd, aufsteigend, ineinanderwabernd.
    Sie konnte nicht anders, die Augen fielen ihr zu.
    Die Flammen tanzten weiter, wurden undeutlich, entschwanden.
    Megan merkte nicht, dass sie eingeschlafen war, und seltsamerweise war dieser Gedanke bei ihr, selbst im Traum.
    Sie ging … und ging. Eingelullt von den Farben der Flammen. Eingelullt von einer Stimme, einem Gesicht im Feuer, von einer kräftigen, tiefen Stimme, die ihren Namen flüsterte, sie lockte und köderte. Sie kannte ihn, vertraute ihm, liebte ihn … und sie würde mit ihm gehen.
    Gehen … und ihre Schuhe abstreifen, denn sie waren nur lästig, und sie musste das sinnliche, weiche, sandige Gefühl der Erde unter ihren Füßen spüren.
    Der Nebel berührte sie, der Dunst. Und es war angenehm. Wie ein zärtliches Liebkosen.
    Zu spät sah sie die vor ihr aufgebauten Gestalten. Sie waren Teil des Dunstes, der das Haus umgab, tief im Wald, doch sie nahmen rasch Gestalt an.
    Sie öffnete den Mund, um zu schreien, aber einer von ihnen war hinter ihr. Ein Tuch, das mit einer süßlich riechenden Flüssigkeit getränkt war, legte sich fest auf ihr Gesicht, noch ehe sie einen Ton herausbekommen konnte.
    Sie versuchte, sich damit zu beruhigen, dass es alles nur ein Traum war und sie bald aufwachte.
    Doch dann wusste sie es plötzlich. Es war kein Traum.
    Sie kämpfte, wand sich, schlug und trat.
    Jemand fluchte kräftig.
    »Halt die Klappe!«, sagte jemand anderer.
    »Das Miststück hat mich getroffen, direkt in die Weichteile!«
    »Klappe!«
    Sie waren real. Richtiges Fleisch, Blut, Muskeln, Knochen. Das Zeug über Mund und Nase raubte ihr das Bewusstsein; sie kämpfte verzweifelt, mit wilder Besessenheit und aller Energie, um nicht ohnmächtig zu werden, entschlossen,

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