Das Erwachen
Aber Dutzende Menschen mussten mit Rauchverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Das alles war zu erwarten gewesen.
Doch es trieb sie in den Wahnsinn, dass die Polizei nach Finn und Megan Douglas fahndete, weil sie ihnen Fragen zu dem Brand stellen wollten.
Trotz der späten Stunde – es war drei Uhr früh – und obwohl sie in letzter Zeit kaum geschlafen hatte, durfte sie sich keinesfalls von Ängsten und Befürchtungen überwältigen lassen. Sie musste sich beschäftigen, aktiv werden, etwas tun.
Aufgeregt ging sie in ihrem Schlafzimmer auf und ab.
Joseph riss schließlich und endlich die Geduld. »Morwenna! Sie haben sich ganz offensichtlich aus dem Staub gemacht, sie halten sich versteckt.«
»Es ist ihnen etwas zugestoßen, jemand hat sie in seiner Gewalt. Ich weiß es.«
»Vielleicht sind sie auf der Flucht, weil sie genau wissen, dass sie hinter ihnen her sind.«
»Finn hat das Feuer gelegt!«, rief Morwenna plötzlich. »Dieser Dreckskerl. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Ich hab’s gewusst … er hat das Feuer gelegt. Er wird meine Cousine umbringen!«
»Morwenna, die Polizei sucht sie.«
»Alle suchen sie«, murmelte Morwenna mit einem Blick auf ihren Mann.
»Ich muss schlafen«, klagte er.
Sie biss sich in die Lippe. »Tut mir leid.«
Aber sie ging nicht wieder ins Bett. Sie rannte in den Laden und raffte die nötigen Utensilien zusammen. Dann ging sie in den Keller zu ihrem Altar.
Sie arrangierte Kräuter auf dem Altar, holte ihr Buch mit den Zaubersprüchen hervor und begann inbrünstig, mit geschlossenen Augen, zu beten.
Allmählich formten sich in ihrer Vorstellung Bilder. Bäume, die im Mondlicht schwankten. Natürliche Teppiche aus grünem Gras, Laub, Bäume. Pfade, von Sternenlicht erleuchtet.
Von Nebel überzogen.
Nebel, ganz dicht über dem Boden …
Nebel, der langsam über die Erde kroch, als sei er selbst eine Person, eine Person, die schaute, suchte …
Mitten in ihrer tiefen Konzentration erstarrte Morwenna plötzlich.
Jemand stand hinter ihr.
Sie spürte einen eisigen Hauch an ihrem Nacken.
Sie drehte sich um, hob den Kopf an, sah, wer gekommen war.
»Ich weiß, wo sie sind«, sagte sie.
»Wirklich?«
»Und es bleibt keine Zeit mehr. Ich muss zu Megan.«
»Oh Gott!«, keuchte Megan.
Die Gruppe um den Tisch herum starrte sie an.
Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid … Ich habe einen Bericht über Catherine Montvoisin gelesen, La Voisin, wie sie genannt wurde. Sie hat während der Regierungszeit des Sonnenkönigs in Frankreich jahrelang schwarze Messen abgehalten, und offenbar war im Lauf der Zeit der halbe Adel darin involviert. Sie betrieb ein Heim für ledige Mütter. Die Kinder wurden auf dem Altar geopfert und ihr Blut auf die Teilnehmer gespritzt, die dadurch, durch die Macht Satans, ihre Ziele erreichen sollten. Es heißt, die Lieblingsmätresse des Königs, Madame de Montespan, stellte sich häufig nackt als lebender Altar zur Verfügung.«
Lucian blickte grimmig zu ihr auf. »La Voisin sang, als sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde«, sagte er. »Und es ist wahr – wenn man sich die Geschichte anschaut, findet man endlos viele Monster in Menschengestalt. Gilles de Rais war Soldat und Staatsmann, ein Krieger an der Seite von Jeanne d’Arc, und dann ermordete er Hunderte von Kindern – und gestand sein Verbrechen lieber, anstatt vor der Exekution noch die Folter über sich ergehen zu lassen.«
Finn schlug sein Buch zu. »Ich habe etwas über Anton Szandor LaVey gefunden, den Schwarzen Papst – der den Satanismus verteidigte und keine Gewaltakte billigte«, sagte er kopfschüttelnd und starrte dann auf Lucian. »Wir finden hier nichts, das uns weiterhilft.« Er zögerte. »Ich gebe zu, dass ich schwanke; ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr alle wirklich seid, was ihr zu sein behauptet, und ich verstehe nicht, wie das sein kann oder was eure Allianz sein kann, aber … das ist einfach irrsinnig. Ich glaube, das Beste ist, Megan einfach von hier fortzuschaffen. Sie so weit wie möglich von diesen Leuten wegzubringen, ob sie nun ein Blutopfer planen oder die tatsächliche Wiedergeburt eines Dämonen.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, und alle blickten sich an.
»Er könnte recht haben«, sagte Tara dann leise.
»Vielleicht sollten ein paar von uns einfach anfangen, sie beide von hier wegzubringen«, sagte Jade zu Lucian.
Lucian zögerte. »Ich weiß nicht genau, weshalb, aber … aber ich glaube nicht, dass uns
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