Das Erwachen: Dunkle Götter 1
schnurgerade Linie quer durch die Halle. Ich war froh, dass er daran gedacht hatte, denn so fiel das Ergebnis viel besser aus, als ich es für möglich gehalten hätte.
In der Gruppe der Angreifer, die vor unserer Barrikade zögerten, ergriff jemand das Wort. »Ich verspreche Euch, wenn Ihr Euch jetzt ergebt, werden wir die Frauen nicht töten.« Devon Tremont war hinter seinen Meuchelmördern auf einen Stuhl gestiegen, damit er uns über ihre Köpfe hinweg beobachten konnte. »Meine Männer dürfen für ihre Bemühungen schließlich auch eine Belohnung erwarten.«
Ich wechselte einen Blick mit Marc. »Das nächste Mal bringe ich ihn sofort um, und wir besprechen erst hinterher, ob es richtig war.«
Er stimmte mir gern zu. Dann rief James Lancaster: »Ich würde lieber sterben, als dir meine Leute auszuliefern!« Sein Gesicht war rot vor Wut.
»Das kann ich gern für Euch einrichten, mein lieber Herzog.« Devon schloss die Augen, und rings um ihn entstand ein dunkelrotes Glühen. Er strahlte jetzt eine ungeheure Macht aus, viel stärker, als man es einem Menschen jemals zutrauen würde. Selbst die anderen Anwesenden konnten es zu diesem Zeitpunkt erkennen. In den Reihen der Verteidiger griff die Angst um sich. Unterdessen lief ich zwischen den Männern und Frauen entlang, überprüfte die Barrikade und gab leise Anweisungen. Äußerlich blieb ich gefasst, doch die Macht, die uns nun gegenüberstand, erschien mir so gewaltig, dass ich das Selbstvertrauen, das ich zeigte, keineswegs innerlich empfand. »Mal’goroth, komm und benutze mich! Zeig mir deinen Zorn und richte ihn auf alle, die dir trotzen!«, rief Devon.
Ich warf einen Blick zu Genevieve hinüber. »Sind wir bereit?«
»Gleich, wir sind hier fast fertig«, rief sie zurück.
Mein Herz verzagte, als ich Devon beobachtete. Ich hatte genug gelernt, um zu erkennen, was er tat. Er hatte die wichtigste Regel gebrochen, die für alle Magier galt, denn er hatte seinen Geist einem Nachtgott geöffnet und sich ihm überantwortet. Die Macht der bösen Gottheit durchströmte ihn jetzt, und sein Körper schien sogar anzuschwellen. Wenn wir ihn nicht töteten, würde er die ganze Welt in den Abgrund reißen. Mal’goroth würde Devons Kräfte nutzen, um eine Brücke zu schlagen, die stark genug wäre, damit der Nachtgott in unsere Welt überwechseln konnte.
Dann sprach in meinem Kopf eine Stimme zu mir. Sie kam aus meinem Inneren, und zugleich spürte ich, dass sie von dem silbernen Stern in meiner Tasche ausging, von dem Symbol des Abendsterns Millicenth. Lass mich dir helfen. Zusammen können wir ihn aufhalten, ehe alles zu spät ist. Vor meinem inneren Auge sah ich die strahlende Lady zu mir sprechen und wusste sofort, dass sie die reine Wahrheit sagte. Ohne nachzudenken, holte ich das heilige Symbol hervor und hielt es vor mir in die Höhe. Fast hätte ich ihr Angebot angenommen, doch als ich noch schwankte, kam Penny zu mir und schlug mir den Anhänger aus der Hand.
Fragend sah ich sie an. »Vater Tonnsdale hat deine Familie vergiftet und wollte auch alle anderen hier umbringen!«, schrie sie mich an. Ich nickte. Ihre Worte warfen zwar eine Anzahl von Fragen auf, aber dafür war in diesem Moment keine Zeit. Als ich mich umdrehte, gingen die Feinde schon wieder auf die Barrikade los.
»Für Lancaster!«, schrie ich aus Leibeskräften, und alle Männer und Frauen stimmten ein. Dann drehten sie sich ohne Vorwarnung um, duckten sich und hielten sich die Ohren zu. » Lyet ni Bierek «, sprach ich und wiederholte es immer und immer wieder. Der Lärm war ohrenbetäubend, und es fühlte sich an, als werde die Burg mit Kanonen bombardiert. Der feindliche Angriff kam zum Erliegen, weil die Mörder kreischend hinstürzten und sich die Hände vor die Augen pressten. Einige bluteten sogar aus den Ohren. Die Männer und Frauen von Lancaster wichen einige Schritte zurück und überschritten die Linie, die Genevieve und der Zimmermann gezeichnet hatten.
Ich richtete den Blick auf die Tür auf der anderen Seite, weit hinter den Männern, die uns angriffen, und sprach die entsprechenden Worte, um dort einen Schild zu erzeugen, durch den nicht einmal die Luft dringen konnte. Dann konzentrierte ich mich auf die Linie vor mir. Penny beobachtete mich, und ich fragte mich, ob ich wohl sterben würde. Das wäre wirklich eine Schande gewesen. Sie wollte sich mir nähern, doch ich hob die Hand, denn jetzt durfte ich mich nicht ablenken lassen.
Entschlossen forschte ich tief in mir
Weitere Kostenlose Bücher