Das Erwachen
sehen lächerlich aus. Aber würde ich sie ausziehen, würde sie mir das Leben sauer machen. Solange sie in meinem Haus weilt, muss ich gehorchen, wenn ich von Herzen froh sein will.«
»Aber Stort, das widerspricht doch allem, wofür Ihr freier und unabhängiger Geist steht. Können Sie ihr in solchen Angelegenheiten nicht die Stirn bieten und zugleich das Gute annehmen, das sie Ihnen tut?«
Wie schon so häufig in der Vergangenheit wies ihm sein Freund den Weg, den er einzuschlagen hatte.
»Sie haben recht«, rief er voller Leidenschaft. »Ich werde versuchen, einen Weg zu finden!«
»Wann?«, fragte Barklice.
»Jetzt!«, antwortete Stort.
Damit stand er auf, schleuderte die Pantoffeln fort, zog die Mütze vom Kopf und wollte gerade den Schlafrock abwerfen, als vom Gang die schweren Schritte der barmherzigen Schwester nahten.
Von blinder Panik ergriffen, stülpte sich Stort feige die Mütze wieder über und schlüpfte gerade in die Pantoffeln, als auch schon Cluckett die Tür öffnete.
Ihr Blick wanderte forschend durchs Zimmer und richtete sich dann auf sie. Ihre Nasenlöcher blähten sich, als witterten sie Unheil. Sie bemerkte sofort, dass Storts Schlafrock gelockert war, trat auf ihn zu und zog ihn wieder straff.
»Ich hoffe, Ihr Freund hat Sie der warmen Sachen wegen nicht auf dumme Gedanken gebracht, Sir, denn ich muss darauf bestehen, dass Sie sie noch eine Weile tragen.«
Er schüttelte kleinlaut den Kopf, und Barklice tat es ihm nach.
»Fein. Unser Handeln hat Folgen, vergessen Sie das nicht«, sagte sie in warnendem Ton. »Noch etwas Tee, die Herren?«
Während sie fort war und eine frische Kanne aufbrühte, fragteBarklice: »Hat Sie sich, von der Kleidung einmal abgesehen, auch in andere Bereiche Ihres Lebens eingemischt?«
»Sie putzt alles, was ihr unter die Finger kommt, und ich hege die große Befürchtung, dass sie in meinem Laboratorium Ordnung machen will! Was soll ich nur tun, Barklice?«
»Bieten Sie ihr Paroli, Stort. Kämpfen Sie um Ihre Rechte, sonst werden Sie zum Sklaven ihrer Ordnungsliebe und in eine Kiste gesteckt, aus der sie nie mehr herauskommen, es sei denn als ein blasser Schatten Ihrer selbst. Hören Sie auf mich, mein Freund!«
Stort schlief nach diesem Besuch nicht gut, denn alptraumartige Visionen von Kisten, Vorhängeschlössern und riesigen Frauenzimmern mit großen Händen und gebieterischen Stimmen störten seine Ruhe.
Er wusste, dass Barklice recht hatte. Cluckett hatte viele gute Seiten, aber wenn sie nach seiner Genesung weiter seine Haushälterin bleiben sollte, was ihm bisweilen ein guter Gedanke schien, würde er sich Geltung verschaffen müssen. Das war allerdings kein leichtes Unterfangen gegen eine resolute Frau wie sie.
Die Krise ließ nicht lange auf sich warten, und wie von ihm befürchtet, ging es dabei um sein Laboratorium.
Dieser unaufgeräumte große Raum lag am anderen Ende des Hauses. Mit viel Geschick hatte Stort verschiedene, in der Nähe verlaufende Dampf- und Gasrohre sowie Stromleitungen der Menschen angezapft und benutzte sie als Energie- und Lichtquelle.
Einen oder zwei Tage nach Barklices Besuch wagte er sich hinein und stellte mit Erleichterung fest, dass Cluckett noch nichts angerührt hatte.
Welch vergessene Schätze seiner früheren Forschungen und Untersuchungen er vorfand! Er erspähte einen Mörser, in dem er mit einem Stößel, der daneben lag, bestimmte Zutaten zermahlen hatte. Welche, hatte er vergessen, und so tauchte er einen angefeuchteten Finger hinein und leckte vorsichtig daran.
»Igittigitt! Wie ekelhaft!«, rief er und prallte zurück. »Aber jetzt entsinne ich mich wieder! Das war mein letzter Versuch, Lysurgians verschollene Rezeptur für dieses Pulver wiederzuentdecken, von dem er in einer Fußnote seines Buches behauptet, es sei ein sehr wirkungsvolles Mittel gegen Hunde!«
Alle Wanderer und Pilger hatten unter verwilderten oder tollwütigen Hunden zu leiden, die von Menschen ausgesetzt worden waren und im Unterschied zu ihren einstigen Herren Hydden noch sehen und riechen konnten und allzu gerne attackierten. Stort war überzeugt, ein Vermögen verdienen zu können, wenn es ihm gelänge, diese Rezeptur wiederzuentdecken.
»Hmm«, grübelte er, als er mehrere Ingredienzien erspähte, die noch darauf warteten, zerstoßen und untergemischt zu werden, »wie angenehm es ist, wieder hier zu sein und die Freiheit zu haben, derlei Dinge zu erproben, meinen Gedanken nachzuhängen und zu tun, was mir
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