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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Horwood
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ist nicht der, für den er sich ausgibt«, sagte Pike später. »Und er ist gefährlich.«
    »Daran habe ich keinen Zweifel, Mister Pike. Aber die Frage ist, was will er in meiner Bibliothek?«
    Die Frage war rhetorisch gemeint, aber Pike hörte sie ohnehin nicht. Denn während Brif sprach, öffnete der Himmel mit einem Blitz und einen knisternden Donnerschlag seine Schleusen, und der schwüle Abend endete in sturzbachartigem Regen.
    Die Gartentische wurden hineingetragen, die Trinker folgten zusammen mit den Bedienungen, den Nordländern und dem Rest der Gesellschaft.
    Nur einer blieb draußen stehen, und seine Mönchskutte färbte sich dunkel vom Regen. Er betrachtete die Lichter drinnen, blickte zu den Fackeln, die im Regen verloschen, und bemerkte zwei davoneilende Gestalten: Mister Pike und Master Brif.
    Er folgte ihnen, beobachtete sie, schätzte ihre Stärken und Schwächen ein. Nachdem dies getan war, machte er sich zufrieden auf den Weg in seine Unterkunft und schlief ausnahmsweise einmal die ganze Nacht allein im eigenen Bett.

27
PALEY’S CREEK
    N ein«, sagte Katherine, »ich halte das nur nicht für eine gute Idee, das ist alles. Es ist zu riskant. Wir könnten sie im Dunkeln verlieren, und überhaupt, du weißt doch gar nicht, wo Paley’s Creek ist, oder?«
    Jack wusste, dass sie recht hatte – und doch auch wieder nicht.
    Der Tag des Wiedersehens mit Stort neigte sich dem Ende zu, und Jack versuchte alles Erdenkliche, um sie zu überzeugen. Sie brauchten mal Abstand von allem, mussten mal ausgehen, etwas anderes sehen.
    »Es ist doch nur für ein, zwei Stunden ... Ins Henge und zurück nach Hyddenwelt ... Wir könnten Judith zeigen, wie ...«
    »Nein, Jack, ich bin dagegen.«
    Er wusste, dass er Judith nicht mitnehmen konnte, wenn Katherine es nicht wollte. Entweder beide oder keine.
    Er hatte es sogar mit einer Drohung versucht und gesagt, er werde notfalls auch ohne sie gehen.
    »Das wird wohl das Beste sein«, hatte sie entgegnet, aber das war nicht die Antwort, auf die er gehofft hatte.
    Er hatte gesagt, Paley’s Creek sei, so wie er es verstehe, ein Volksfest, bei dem man sich frei und ungezwungen vergnügen könne.
    Und da war noch etwas anderes, das er nicht sagen konnte, das er nie ausgesprochen hatte: Katherine war ihm zu ernst, zu spießig, zu altmodisch in ihrem Denken, in ihrer ganzen Art, wie sie sich kleidete, wie sie sich frisierte. Ihr fehlte die Lebensfreude, die er so tief empfand.
    Er sah sie liebevoll an und konnte es nicht sagen.
    Dein Vater ist gestorben, deine Mutter krank geworden, und du hast deine Kindheit verloren, weil du sie pflegen musstest. So war das, und du hast verlernt, mal loszulassen, sofern du das je gekonnt hast ...
    »Bitte, vertrau mir.«
    »Nicht in diesem Punkt«, sagte sie unnachgiebig. »Wir werden früh zu Bett gehen.«
    »Aber Arthur kommt mit, und Margaret vielleicht auch.«
    »Nein«, beharrte sie. »Komm Judith, wir haben noch einiges zu tun.«
    Als sie kurze Zeit später aufbrachen, erschien Judith.
    »Geht ihr fort?«
    »Ja.«
    »Darf ich mitkommen?«
    »Mummy ist es lieber, wenn du hierbleibst.«
    »Warum?«
    »Weil sie glaubt, dass du hier besser aufgehoben bist.«
    Sie sah ihm in die Augen. »Wohin geht ihr?«
    Er zögerte.
    »Ihr geht zum Paley’s Creek«, sagte Judith, »und ich möchte mitkommen.«
    Zum Henker mit Stort und Barklice, sie reden zu viel.
    »Ich weiß, mein Schatz, aber ...«
    »Warum will Mummy nicht mitkommen? Hat sie Angst?«
    Wieder zögerte er.
    »Ich auch«, sagte sie mit einem fröhlichen Lächeln. »Und ich könnte sowieso nicht mitgehen, selbst wenn Mummy wollte.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil wir nie etwas Schönes zum Anziehen für mich gekauft haben.«
    In der Dämmerung machten sie sich auf den Weg. Festtagsstimmung lag in der Luft.
    Margaret hatte beschlossen, mitzukommen. »Eine solche Gelegenheit ergibt sich nie wieder«, sagte sie. »Arthur hatte immer so viel Spaß in Hyddenwelt, und ich nie. Deshalb möchte ich wenigstens dieses eine Mal ...«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich noch weiß, wie man das Henge passiert«, sagte Arthur.
    »Gib mir deine Hand, Margaret, und du, Arthur, halte sie an der anderen ... Es tut nicht weh.«
    Sie gingen zwischen den Koniferen durch, wandten sich nach rechts, dann nach links und durchquerten die Schatten im Uhrzeigersinn. Der Mond beschrieb am Himmel einen Kreis, und schon waren sie dort. Die Bäume ragten hoch über ihnen empor, und Stort erwartete sie.
    »Das ist

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