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Das Eulenhaus

Das Eulenhaus

Titel: Das Eulenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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könntest ihn allein fahren lassen, oder?«
    »Das hätte er nicht gern. Ohne mich fände er es nicht so schön. John ist so selbstlos. Er findet, dass es mir gut tut, aufs Land zu fahren.«
    »Land tut dir gut«, sagte Henrietta, »aber deshalb muss man ja nicht die Angkatells in Kauf nehmen.«
    »Ich – ich – du darfst mich nicht für undankbar halten.«
    »Meine liebe Gerda, wieso solltest du uns wohl mögen? Ich habe die Angkatells immer für eine grässliche Familie gehalten. Wir hocken alle gern zusammen und reden in einer ziemlich merkwürdigen Eigensprache. Ich verstehe gut, dass uns Leute von draußen am liebsten umbringen würden.«
    Nach einer Pause schlug sie vor: »Ich glaube, es ist Zeit für den Tee. Lass uns zurückgehen.«
    Gerda stand auf und setzte sich in Bewegung, und Henrietta beobachtete ihr Gesicht. Wirklich interessant, dachte sie, denn ein Teil ihrer Gedanken war immer woanders, genau so hat wahrscheinlich eine christliche Märtyrerin geguckt, bevor sie in die Zirkusarena gegangen ist.
    Auf dem Weg aus dem eingefriedeten Küchengarten hörten sie Schüsse. Henrietta kommentierte sie ironisch: »Hört sich an, als ob das Massaker an den Angkatells schon losgeht!«
    Aber es waren nur Sir Henry und Edward, die über Feuerwaffen palaverten und zur Illustration ein paar Revolver Probe schossen. Feuerwaffen waren Henry Angkatells Hobby, er besaß auch eine erkleckliche Sammlung.
    Also hatte er ein paar Revolver und Zielscheiben nach draußen gebracht, und auf die schossen er und Edward gerade.
    »Hallo, Henrietta – willst du mal probieren, ob du einen Einbrecher erschießen kannst?«
    Henrietta nahm ihm den Revolver aus der Hand.
    »Ja, so – so ist recht, so musst du zielen.«
    Peng!
    »Daneben«, sagte Sir Henry.
    »Jetzt du, Gerda.«
    »O nein, ich glaube nicht – «
    »Na, kommen Sie, Mrs Christow. Ist ganz einfach.«
    Gerda machte die Augen zu, als sie abdrückte und ihr der Arm zurückschnellte. Ihre Kugel ging noch weiter daneben als die von Henrietta.
    Midge kam herbeigeschlendert. »Ach, ich auch bitte.«
    Sie schoss ein paar Mal und stellte dann fest: »Das ist ja schwerer, als man denkt. Aber Spaß macht es.«
    Jetzt kam auch Lucy aus dem Haus, im Schlepptau einen langen, griesgrämigen Mann mit einem Adamsapfel.
    »David ist auch da«, verkündete sie. Dann nahm sie Midge den Revolver ab, während ihr Gatte David begrüßte, lud ihn nach und schoss wortlos dreimal ziemlich genau mitten in die Zielscheibe.
    »Hervorragend, Lucy«, rief Midge, »ich wusste gar nicht, dass Schießen auch zu deinen großen Talenten zählt.«
    »Lucy«, sagte Sir Henry bedeutungsvoll, »trifft immer!« Dann schien ihm etwas wieder einzufallen. »Hat uns einmal gerettet. Weißt du noch, meine Liebe, diese Schurken, die uns überfallen haben? Auf der asiatischen Seite vom Bosporus? Ich habe mich mit zweien von ihnen herumgewälzt und versucht, nicht erwürgt zu werden.«
    »Was hat Lucy denn gemacht?«, fragte Midge.
    »Einfach zweimal in das Gemenge geschossen. Ich wusste gar nicht, dass sie die Pistole dabeihatte. Hat einen der beiden Kerle am Bein erwischt und den anderen an der Schulter. So dicht bin ich noch nie am Tod vorbeigeschrammt. Ich weiß bis heute nicht, wie du geschafft hast, nicht mich zu treffen.«
    Lady Angkatell lächelte ihn an. »Ein gewisses Risiko ist, glaube ich, wohl immer dabei«, sagte sie lieblich, »und man muss einfach schnell handeln und nicht zu lange nachdenken.«
    »Bewundernswert, diese Einstellung, meine Liebe«, sagte Sir Henry. »Mich hat allerdings immer ein wenig bekümmert, dass ich das Risiko war, das du eingegangen bist!«

8
     
    N ach dem Tee bat John Henrietta: »Komm, lass uns spazieren gehen.« Lady Angkatell dagegen bestand darauf, Gerda ihren Steingarten zu zeigen, obwohl dafür natürlich eigentlich die falsche Jahreszeit war.
    Ein Spaziergang mit John, stellte Henrietta fest, war etwas vollkommen anderes als ein Spaziergang mit Edward.
    Mit Edward ging man genau genommen bummeln. Edward, dachte sie, war der geborene Bummler. Mit John dagegen musste sie zusehen, dass sie hinterherkam, und als sie endlich oben auf dem Shovel Down waren, konnte sie nur keuchen: »John, das ist doch kein Marathon!«
    Er verlangsamte seinen Schritt und lachte. »Laufe ich dir etwa davon?«
    »Ich komme schon mit – aber ist das denn nötig? Wir müssen keinen Zug kriegen. Wieso legst du dich so wüst ins Zeug? Läufst du vor dir selbst davon?«
    Er blieb abrupt stehen.

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