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Das ewige Leben

Das ewige Leben

Titel: Das ewige Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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April barfuß, wo man auch noch das »r« im Monat drinnen hat. Sondern nach der R-Regel nur von Mai bis August barfuß, weil kein »r« im Monat drinnen, sprich keine Erkältungsgefahr. Aber die Fußbodenheizung hat auf der Terrasse die R-Regel außer Kraft gesetzt.
    Jetzt musst du wissen, diese Schneewittchen mit den prächtigen schwarzen Haaren, mit den roten Lippen, mit der weißen Haut, mit diesen dunklen Augen, die man so gut als Rasierspiegel verwenden kann, die sehen oft aus der Distanz besser aus, weil gute Fernwirkung. Wenn sie dann näher kommen, dreht sich der Vorteil wieder um, den das ganze Theater aus der Ferne hat. Weil aus der Nähe merkst du, das ist mir jetzt zu grob, da sind die Poren meinetwegen größer als bei einem Tiefkühlhuhn, und diese Person soll lieber in der Ferne bleiben. Das ist ein bisschen wie bei einem Schauspieler, wenn du den hinter der Bühne siehst, bist du auch enttäuscht, weil Schminke, Schweiß und Kukident, und da hat der Brenner jetzt schon richtig Angst gekriegt, wie die Soili Aschenbrenner zwischen den Oleanderbüschen immer näher gekommen ist, dass er vielleicht dann enttäuscht ist, und er hätte sich gewünscht, dass sie drüben bleibt.
    Umgekehrt die blassen Weiber, die sieht man oft aus zehn Metern Entfernung noch gar nicht richtig, weil sie farblich mit der Hauswand verschmelzen. Und wenn so eine farblose Puppe dann auf einmal knapp vor deinen Augen aus dem Nichts auftaucht, ist die oft eins a. Und womöglich hübscher als irgendeine Lolobrigida, der du bis auf fünf Meter noch eindeutig den Vorzug gegeben hättest.
    Weil auf fünf Meter war sie jetzt schon heran, die Aschenbrennerin. Die Soili. Und ist immer noch schöner geworden. Er hat es nicht glauben wollen, dass sein Mörder eine Frau hat, die so barfuß gehen kann. Oder waren es auch nur mehr vier Meter. So zwischen vier und fünf Meter müssen es gewesen sein. Mein lieber Schwan. Es hat ja gar nicht geregnet, aber sein Hemd ist an ihm geklebt, Wolkenbruch nichts dagegen. Und nicht nur die Soili mit jedem Schritt schöner, sondern auch die Wut vom Brenner mit jedem Schritt größer. Ihm ist vorgekommen, das ist gar nicht die Frau vom Brigadier Aschenbrenner, es ist seine mörderische Wut, die da auf ihn zuspaziert, und mit jedem Schritt ist die Gefahr größer geworden, dass er dem Brigadier Aschenbrenner ohne Vorwarnung mit der Walther vom Köck ein Loch in den Kopf schießt. Dann wären sie schon drei gewesen mit einer abgeflachten Weltkugel in der Birne.
    Und die Soili war noch immer nicht ganz da. Die Wut immer noch größer geworden. Die Soili war noch drei Schritte entfernt, und der Brenner hat gehofft, jetzt und jetzt wird es kippen, sie wird so viel Schminke oben haben, dass man es hört, sie wird Kuhaugen haben, die aus der Nähe ganz leise zu muhen anfangen, hat er noch gehofft, wie die Soili nur noch zwei Schritte entfernt war. Er hat noch gehofft, sie wird Poren haben so groß wie das Arnold-Schwarzenegger-Stadion, wie sie schon nur noch einen Schritt entfernt war, sie wird zu regelmäßige Zähne haben, hat er noch gehofft, wie sie schon das Teeservice mit diesen Händen, auf die er bis zuletzt gehofft hätte, auf den Tisch gestellt hat, er hat sogar noch auf ein Wunder gehofft, wie sie ihn aus einem halben Meter Entfernung, wenn nicht, durch die gebückte Haltung beim TablettAbstellen, nur vierzig Zentimetern Entfernung angelächelt hat.
    Was soll ich sagen. Das Teeservice hat bestimmt allein mehr gekostet als die 67 000 Schilling, die dem Saarinen das Genick gebrochen haben.
    »Wie geht es Ihnen?«, hat das Mädchen, das dem Brigadier Aschenbrenner gehört hat, freundlich gelächelt.
    Genau um diese Uhrzeit hat der GratisGrazer mehrere aufgeregte Anrufe von seinen Lesern bekommen. Der eine hat behauptet, Großbrand, der andere hat gesagt, Gefahrgutunfall, der dritte hat gesagt, Flugzeug, der vierte hat es auf die Sonne geschoben, oder irgendwo ein Stern vom Himmel gefallen. Aber nicht dass du glaubst, das waren lauter Verrückte. Sondern so ist es eben, wenn hoch oben jemand so ein Lächeln auspackt, dann sieht es unten leicht einmal aus wie Wetterleuchten oder wie ein in die Lichtjahre gekommener Stern, der nicht mehr gut am Firmament angenäht war.
    »Gut«, hat der Brenner gesagt. »Gut geht es mir.«
    Jetzt wieder das Wetterleuchten.
    Und jetzt der Brenner wieder. »Gut, danke. Und Ihnen?«
    »Das erzähle ich Ihnen nachher«, hat sie gesagt.
    »Ich will Sie jetzt nicht stören.«
    Und

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